Mein freies Praktikum fand im Rahmen einer Stellvertretung am Gymnasium Immensee, von August bis Dezember, statt. Ich habe drei verschiedene 4. Klassen unterrichtet. Jede Klasse hat 3 Stunden BG pro Woche, ich habe nur 2 Stunden unterrichtet und die dritte Stunde wurde von einer Kollegin unterrichtet, entsprechend meinem Projekt.
Die Klassen hatten sich noch nicht mit der Technik des Fotografierens und Illustrierens beschäftigt. Sie bestehen aus 18 oder 20 SuS. Der Unterricht fand im obersten Stockwerk statt, wo drei große Räume nur für BG und Werken zur Verfügung stehen. Da am Montag kein anderer Unterricht stattfindet, hatten wir die ganze Etage zur Verfügung, was besonders wichtig für das Fotoprojekt war.
Für dieses Praktikum habe ich mich dafür entschieden, die Fotografie – vor allem die Porträtfotografie – und die Illustration als Mittel zu nutzen, um eine Geschichte zu erzählen. Wir begannen mit dem Buch Good night stories for rebel girls, 100 außergewöhnliche Frauen, das die Geschichte von Frauen illustriert und erzählt, die etwas Wichtiges getan haben. Danach analysierten wir das fotografische Porträt und entwickelten ein illustriertes Poster.
Ziel des Projekts war es, eine kritische Reflexion darüber zu führen, wie wir uns heute darstellen und wie wir dargestellt werden. Der Unterschied zwischen privaten und öffentlichen Porträts wurde analysiert, um zu verstehen, wie wichtig es ist, wie wir eine Geschichte erzählen (unsere eigene oder die von anderen). Insbesondere untersuchten wir die Verwendung von Porträts (und Selbstporträts) in sozialen Medien.
In den ersten vier Wochen (insgesamt 12 Stunden à 70 Minuten) arbeiteten wir mit Fotografie. In den folgenden vier Wochen mit Illustration. Das Fotoprojekt fand in Gruppen statt, das Illustrationsprojekt war eine Einzelarbeit.
Einstiegsaktivität: Ich habe mehrere Fotos aus dem Familienarchiv in die Schule mitgebracht. Ein/e Schüler/in versuchte, das Foto seinen/ihren Mitschüler/innen zu beschreiben, ohne es zu zeigen, und sie zeichneten es (10 Minuten Zeit). Am Ende betrachteten wir die Zeichnungen gemeinsam. Die Aktivität war nicht nur für die, die zeichnen mussten, sondern auch für die, die das Bild beschreiben mussten, sehr nützlich. Wir überlegten gemeinsam, wie die Beschreibung (das Betrachten) des Bildes am besten durchgeführt werden kann.
Beim Fotoprojekt reproduzierten die SuS ein fotografisches Porträt einer Frau, das sie selbst ausgewählt hatten. Die Schülerinnen und Schüler mussten nicht nur die Geschichte und Porträts einer wichtigen Frau recherchieren, sondern sich auch in ihre Lage versetzen (ihre Rolle spielen, über ihre Rolle nachdenken, wie sie dargestellt wird).
Um ein Bild wiedergeben zu können, mussten sie es richtig lesen, nicht nur die Komposition und das Licht, sondern auch die Details. Der Prozess des Fotoprojektes wurde von den SUS in einem Journal dokumentiert und am Ende des Projektes von den SuS präsentiert.
Während der 4 Wochen Fotografie habe ich verschiedene Aktivitäten zum Betrachten von Bildern durchgeführt und habe 2 Inputs geplant: Einen über Cindy Sherman/Selbstporträts und für den zweiten habe ich Mischa Christen, einen professionellen Fotografen, in die Schule eingeladen, um über Porträtfotografie zu sprechen.
Bilder von zwei verschiedenen Journalen
eine Gruppe von Schülern während des Fotoshootings
links das Original-Porträt von Hedy Lamarr, rechts die von den Schüler/innen erstellte Reproduktion
Bei der Illustration der Geschichte mussten sie die wichtigsten Momente auswählen und entscheiden, welche Elemente sie zeichnen wollten, um die Ereignisse richtig zu verstehen.
In den Wochen, in denen wir an der Illustration arbeiteten, lernten die SuS den Unterschied zwischen Comic-Illustration und Illustration kennen. Wir setzten uns mit den Themen Reduktion und Komposition auseinander und entwickelten eine Farbpalette.
Einstiegsaktivität – Reduktion: Die SuS mussten mit einer Linie zeichnen, ohne die Hand vom Papier zu nehmen (eine Maus, ein Eis, ein Mann). Erst mit Blick auf ein Bild, dann ohne.
Bilder aus dem Skizzenbuch
LERNZIELE
Fotosprojekt
Lernen, wie man ein Bild liest: Bildausschnitt, Licht, Farben, Komposition.
Lernen, in einer Gruppe zu arbeiten: Ideen austauschen, Kompromisse finden und gemeinsam Entscheidungen treffen
Reflexion über die heutige Nutzung der Fotografie (z.B. in sozialen Medien) und den Unterschied zwischen Porträt und Selbstporträt.
Illustrationsprojekt
Bedeutung von Illustration kennenlernen
Verständnis für Bildkomposition und Bildausschnitt erhalten
Ein reduziertes Farbkonzept erarbeiten
Kombinationsmöglichkeiten von Bild und Text kennenlernen
Gestalterischer Prozess: Skizzen, Ideenfindung, Experimentierfreude
Eigenständigkeit und Originalität der Ideen
Einheitliche Bildsprache erarbeiten
BEWERTUNGSKRITERIEN
Fotosprojekt
1.Bilder gestalten: Ausschnitt, Licht, Farben, Komposition
Korrekte Einstellung und fotografischer Ausschnitt
Genauigkeit der Beleuchtung bei der Reproduktion von Bildern
Korrektheit der Farben: getragene Kleidung, Hintergrund
Die Gesamtkomposition steht im Zusammenhang mit dem Originalporträt
2. Kritische Reflexion:
Motivation und Affinität zu der gewählten Frau
Reflexion über die zwei Inputs: Porträt (Mischa Christen) und Selbstporträt (Cindy Sherman)
Reflexion über die Nutzung der Fotografie heute: vom Porträt bis zum Selbstporträt
Reflexion darüber, wie Frauen in der Geschichte dargestellt werden und Wie war es, euch in eine Frau hineinzuversetzen, die etwas Wichtiges erreicht hat?
3.Präsentation und Journal:
Alle wesentlichen Elemente kurz erwähnt/ Vollständigkeit
Reflexion über die geleistete Arbeit
Deutlichkeit und Präzision bei der Beschreibung der Arbeit im Journal
Teilnahme innerhalb der Gruppe, Engagement für das Projekt
Illustration
1. Künstlerische und Gestalterische Fähigkeiten:
Qualität der Zeichnungen, Collageelemente
Kompositionsverständnis
Farbgestaltung
2. Kreatives Denken und Ideenentwicklung:
Visuelle Konzeptentwicklung
3 Zusammenspiel Text Bild
Reflexion
Die Erfahrung, drei Klassen mehr als drei Monate lang zu unterrichten, war sehr wichtig, denn so konnte ich die Schülerinnen und Schüler besser kennenlernen, sie besser unterstützen und sie auf die Ziele hinführen. Außerdem hatte ich die Möglichkeit, dasselbe Projekt zu wiederholen, wodurch ich Schwachpunkte erkennen und eventuelle Fehler korrigieren konnte.
Zum Beispiel in Bezug auf das Journal, das die SuS während der Dokumentationsphasen des Fotoprojekts schreiben mussten. Ich habe zwei Klassen die Möglichkeit gegeben, den PC zu benutzen. Ich wollte, dass das Journal eine Hilfe für sie ist, denn es sollte den Überblick über den Prozess behalten und ihnen bei der abschließenden Reflexion helfen. Leider haben aber viele von ihnen ChatGPT benutzt, sodass die Reflexion oberflächlich und standardisiert war. Also beschloss ich, dass die dritte Klasse das Journal analog erstellen sollte, mit Collage, Stiften, Papier und Markern. Ich sagte ihnen, sie sollten so viel wie möglich mit Bildern sprechen. Das Ergebnis war nicht nur sehr schöne Porträts (mit dem Handy aufgenommen, also digital), sondern auch wunderschöne Journale. Außerdem schienen die SuS in der Dokumentationsphase motivierter zu sein, nicht nur bei der fotografischen Wiedergabe.
Im Allgemeinen denke ich, es war eine gute Idee, ein Thema durch zwei verschiedene Techniken zu entwickeln: Fotografie und Illustration. Die SuS konnten sowohl in Gruppen als auch einzeln arbeiten. Nachdem sie im ersten Teil bereits die Person recherchiert hatten, konnten sie die Recherche auch für die nächste Illustrationsphase nutzen, das Thema war klar, sie mussten sich nur noch auf die Technik konzentrieren.
Abschließend kann ich sagen, dass ich durch diese Erfahrung in vielerlei Hinsicht gewachsen bin: Ich habe verstanden, dass es sehr wichtig ist, die Ziele und Aufgaben an die Schüler/innen zu vermitteln, genauso wie es wichtig ist, sich mit den Kolleg/innen auszutauschen.
Obwohl ich das Projekt korrigieren musste, bin ich mit meiner Arbeit zufrieden und denke, dass ich eine komplette Bewertung abgeben und präzise Bewertungskriterien erstellen konnte. Ich finde auch, dass die von den SuS erstellten Fotos und Poster insgesamt sehr gut realisiert sind.