ABSTRACT
In dieser Unterrichtseinheit setzen die SuS einer 4. Klasse Langzeitgymnasium ein persönlich gewähltes Werbeelement der 50er Jahre mittels Collagetechnik in einen neuen irritierenden, parodierenden oder provokativen Kontext. Die entstehende Collage dient den SuS im 2. Teil der Aufgabe als Vorlage für die zeichnerische Abstrahierung mittels Fineliner und Linearschraffur.
INHALT
Begründungsanalyse – Aufgrund der Medienkonvergenz sind Jugendliche heute sowohl im öffentlichen wie auch im privaten Raum (digitale Räume) ständig mit Werbung und Konsum konfrontiert. Durch die Coronakrise ist der öffentliche Raum für die Jugendlichen zum Zentrum ihres konkreten Treffpunktes geworden. Die Fragen «Wem gehört der öffentliche Raum?» und «Wer darf im öffentlichen Raum wie viel Platz einnehmen?» haben für Jugendliche deshalb an Beachtung gewonnen. In der Unterrichtseinheit setzen sich die SuS kritisch mit Werbung im öffentlichen Raum auseinander, untersuchen deren bildgestalterische und psychologische Strategien und lernen durch Übungen, diese zu verändern. In der Hauptaufgabe wählen die SuS ein Element einer alten Reklame (50er Jahre) aus und setzen dieses mittels Collagetechnik in einen irritierenden, parodierenden oder provokativen neuen Kontext. Das Produkt dieser Aufgabe dient den SuS im 2. Teil als Vorlage für eine zeichnerische Abstrahierung mittels Linearschraffur.
Sachanalyse – Für die Vorbereitung der Unterrichtseinheit habe ich mich mit der Geschichte des Culture Jamming, mit verschiedenen Verfremdungsstrategien des Adbusting sowie mit Collagetechniken und abstrakten Zeichentechniken auseinandergesetzt.
Literaturliste:
- Beaugrand A., Smolarski P. (2016). Adbusting: Ein designrhethorisches Strategiehandbuch. Bielefeld: transcript.
- Busch D., Klanten R. (2013): The age of collage: contemporary collage in modern art. Berlin: gestalten.
- Ganz N. (2015). Street messages. Årsta: Dokument Press.
- Heun Th. (2017). Werbung. Wiesbaden: Springer.
- Hou H. (2018). La strada:dove si crea il mondo. Macerata : Quodlibet.
- Lasn K. (2008) (Hrsg). Culture Jamming: Das Manifest der Anti-Werbung (3.Aufl.). Freiburg: Orange-Press GmbH.
LERNZIELE und BEURTEILUNGSKRITERIEN
Grobziele der Unterrichtseinheit:
die Schülerinnen und Schüler
- setzen sich kritisch mit Werbung im öffentlichen Raum auseinander
- lernen Werbestrategien kennen
- können Werbung auf ihre Bildgestaltung und psychologische Wirkung hin analysieren
- kennen die Geschichte der Culture-Jamming-Bewegung
- lernen verschiedene Verfremdungsstrategien des Adbusting kennen
- entwickeln daraus eigene Verfremdungsstrategien
- können Schnittwerkzeug und verschiedene Klebstoffe sicher und sauber anwenden
- lernen verschiedene Collagetechniken und Elemente der Bildgestaltung kennen
- können ihre Basiskenntnisse zur Linearschraffur vertiefen
- lernen Fineliner als zeichnerisches Werkzeug kennen
- können fotografisches Bildmaterial zeichnerisch abstrahieren
AUFBAU
Ich habe die Unterrichtseinheit für eine 4. Gymnasialklasse (Langzeit) mit musischem Maturitätsfach BG in einer Zeiteinheit von acht Doppellektionen entwickelt.
1. DL: Werbestrategien
Zum Einstieg verwandeln die SuS ihre eigenen Namen in Anagramme, mit denen sie sich in der Vorstellungsrunde vorstellen. Anschliessend leite ich ins Thema «Verfremdung» über. Danach erhält jede Gruppe eine Werbung des öffentlichen Raumes und untersucht diese auf ihre Bildgestaltung und psychologische Wirkung. Jede Gruppe stellt dann ihre Untersuchungsergebnisse kurz im Plenum vor. Aus den zusammengetragenen Ergebnissen der SuS leite ich in die Einführung über Werbestrategien, Sozialtechniken und öffentlichen Raum über.
2. DL: Culture Jamming/Adbusting
Ich gebe einen Einstieg ins Thema Culture Jamming/Adbusting, wobei ich die Vielfältigkeit der Verfremdungsstrategien und -techniken sichtbar mache. Danach gebe ich den SuS drei Werbungen des öffentlichen Raumes zur Auswahl, wovon sie eines auswählen und in einer ersten Übung mit Collagetechnik verfremden (Text und Bild). Dabei geht es ums intuitive Ausprobieren und Experimentieren.
3. DL: Bildbetrachtung & Adbustingstrategien
Ich beginne die Doppellektion mit der gemeinsamen Bildbetrachtung der Adbusting-Übung der letzten DL im Plenum. Im Fokus stehen nun die Wahrnehmung und der Vergleich der unterschiedlich gewählten Strategien der SuS. Zudem handeln die SuS aus, welche Verfremdungsstrategien auch ohne Text funktionieren würden.
Von da leite ich in die Verfremdung ohne Text über und präsentiere die Hauptaufgabestellung. Nach der Strategie des Künstlers Joe Webb sollen die SuS ein Vintage-Reklame-Bildelement ohne Zusatz von Text in einen irritierenden, parodierenden oder provokativen neuen Kontext setzen. Daraufhin beginnen die SuS mit ihrer Ideensammlung.
4. – 5. DL: Umsetzung Hauptaufgabe Teil 1
Nach einem Input über das sichere und sorgfältige Arbeiten mit verschiedenen Schnittwerkzeugen und Klebstoffen, arbeiten die SuS selbstständig an der Hauptaufgabe weiter, während ich sie individuell berate.
6. DL: Einführung Hauptaufgabe Teil 2
Auch wenn einige ihre Collage noch nicht fertiggestellt haben, führe ich zu Beginn der 6.DL alle gleichzeitig in die 2. Teilaufgabe ein: Die SuS abstrahieren ihre Collage mittels Fineliner und Linearschraffur ins Zeichnerische. Folglich stellen die SuS ihre Collagen fertig oder beginnen bereits mit der zeichnerischen Übersetzung.
7. – 8. DL: Individuelle Weiterarbeit an den Projekten
Die SuS sind dazu aufgefordert, ihre zeichnerischen Abstrahierungen bis zur vorletzten Lektion fertigzustellen. Wer in der ersten Lektion der letzten DL schon früher fertig ist, bereitet im Schulzimmer die Ausstellung der entstandenen Collagen vor. In der Abschlusslektion besuchen die SuS die Ausstellung und reflektieren ihre Arbeiten in 3er Guppen anhand eines Reflexionsblattes.
REFLEXION
Reflexion
Für mich gab es mehrere Herausforderungen bei diesem Praktikum: Ursprünglich hatte ich eine grosse Projektaufgabe über die ganze Unterrichtseinheit hinweg geplant. Diese war stark auf Adbusting/Subvertising und den öffentlichen Raum konzentriert. Kurz vor dem Praktikumsstart bat mich die Praktikumslehrperson, die UE nicht auf eine grosse Aufgabe auszurichten, sondern die UE flexibel zu halten, da dies spannender sei. Ich verstand die Argumente der Praxislehrperson und passte meinen Plan dementsprechend an, resp. öffnete ihn wieder. So begann ich die UE lediglich so, wie ich es geplant hatte, und entwickelte sie dann im Prozess fortlaufend. In der Praxis scheint mir dies durchaus eine Möglichkeit zu sein, um flexibel auf die Interessen der SuS reagieren zu können. Für eine Praktikumseinheit bietet diese Strategie aus meiner Sicht weniger Vorteile, weil es viel schwieriger ist, die Zeiteinheit als Ganzes abschliessend zu planen. Da die Praktikumseinheit auf 8 Doppellektionen terminiert ist, scheint es mir sehr wichtig, innerhalb dieser kurzen Einheit einen «dramaturgischen Bogen» gestalten zu können.
Eine weitere Herausforderung war für mich die Heterogenität der 18 SuS. Ein Teil der SuS arbeitete stets konzentriert und speditiv, der andere Teil unbeholfen oder langsam. Das ergab eine grosse Spannweite innerhalb der Aufgabenfortschritte, was ich bei dieser grossen Anzahl SuS schwierig zu managen fand.