«Auf dieser Welt gibt es viele Welten. Manche scheinen verbunden zu sein, sind es aber nicht.»
– Zitat aus «Perfect Days» von Wim Wenders
Bedingungsanalyse:
Dieses Praktikum durfte ich an der Kantonsschule Musegg in Luzern machen. Die Klasse war eine Schwerpunktfach-Klasse II mit 16 Schüler*innen (17-19 Jahre alt), welche alle bereits Erfahrung mit / mehrere Projekte im Bereich Fotografie gemacht hatten. Die Schule verfügt über genügend Digitalkameras, dass jede Gruppe min. eine Kamera ausleihen konnte. Stative und Lichter waren ebenfalls vorhanden. Das Praktikum fand über 9 DL (2 Pro Woche) statt. Die Praxislehrperson war Jolanda Epprecht.
Aufgabenstellung
In 9 DL sollen die Schüler*innen eine eigene Bildserie, bestehend aus min. 8 Fotografien entwickeln. Die Serie soll aus Bildpaaren zusammengesetzt sein, welche als einzelne Paare, sowie als Glieder in der Serie funktionieren. Die Fotografien sollen sich jeweils als Paare inhaltlich, erzählerisch oder formal aufeinander beziehen. Die Serie soll eine Dramaturgie/ein Narrativ haben und sich mit dem Thema «Verbundene Welten» auseinandersetzen.
Einstieg
Als Teil des Einstiegs sollten die Schüler*innen in Kleingruppen aus von mir mitgebrachten Fotografien Bildpaare bilden. Erst ohne Themenvorgabe, danach mit Themen (Konflikt, flüsternd, Übergang, spielend). Anschliessend besprachen wir im Plenum wie sich die Paare je nach Thema veränderten und was sie verbindet. Darauf folgte ein Theorieinput zu formalen vs. inhaltlichen Bildpaaren und wir sammelten was formale und was inhaltliche Bildaspekte sein können.
Kameratechnik & Komposition
Da die Klasse bereits mit den Fotografie-basics vertraut war, bereitete ich zur Auffrischung ein Kahoot-Quiz zur Kameratechnik (Blende, ISO-Wert, Weissabgleich, Verschlusszeit, etc.) vor. Dies half mir, zu eruieren, wo die Schüler*innen noch Input-Bedarf hatten und was sie bereits gut konnten. In der nächsten DL repetierte ich auf freiwilliger Basis nochmals die wichtigsten Einstellungen und wir schauten gemeinsam verschiedene kompositorische Mittel an. Dies und die anfänglichen Theorieinputs fasste ich in einem Cheat-Sheet zusammen.
Vorgehen Bildserie
Für die Hauptaufgabe arbeiteten die Schüler*innen in Zweiergruppen (+ einer Dreiergruppe) und wechselten sich mit dem “fotografischen Lead” ab. Die Bildpaare sollten als eine Art Konversation zwischen den Gruppenmitgliedern betrachtet werden – Person A fängt an und bestimmt Aufbau, Inhalt und Ort der ersten Fotografie. Person B reagiert mit einer weiteren Fotografie auf die erste Fotografie und bildet somit das erste Bildpaar. Danach gibt Person B die Anfangs-Fotografie des nächsten Bildpaares vor und Person A reagiert darauf; usw. Vorab wurden erste Ideen für die fotografische Interpretation und Umsetzung des Themas «verbundene Welten» (dokumentarisch, fiktiv/spekulativ, erzählerisch, Stillleben, etc.) besprochen.
In der Mitte des Prozesses sollten die Schüler*innen sich gegenseitig Feedback zu den bisher entstandenen Bildern/Bildpaaren geben. Diese Fragen galten als Hilfestellung für die Feedback-Session:
- Erfüllt das Paar die Vorgaben (inhaltlich/formal verbunden)
- Worum geht es in der Serie? roter Faden ersichtlich?
- Was fällt auf? Was gefällt?
- Wo sehen Sie Verbesserungspotential?
Ebenfalls forderte ich die Schüler*innen auf, Gemachtes zu reflektieren und z.B. alle Fotografien auszudrucken und zu besprechen, was passt und was noch nicht. Mir fiel dabei auf, dass sich viele Schüler*innen schwer tun, Dinge zu verwerfen oder neu zu machen. Dies diskutierten wir oft gemeinsam.
Abschluss
In der letzten DL sollten die Schüler*innen ihre Arbeiten präsentieren. Nach einem Kurz-Input zu Präsentationsformen in der Fotografie wählten sie verschiedene Ansätze um ihre Fotografien auszustellen. Bei der anschliessenden Präsentationsrunde, konnten die Schüler*innen ihre Themeninterpretation erläutern und die Serie frei präsentieren. Mittels selbstgewähltem Beobachtungsschwerpunkt konnten sie ausserdem erneut Peer-Feedback einholen.
Bildpaare aus Schüler*innen-Serien
Präsentationsformen
Arbeitsblatt
Bewertungskriterien
(Eine Note pro Gruppe)
- Qualität der Fotografien (technische Umsetzung, Komposition/Bildaufbau, Lichtnutzung, Anwendung bildgestalterischer Mittel)
- Qualität der Bildpaare (inhaltlicher oder formaler Bezug ersichtlich, Lesbarkeit, Wirkung, Aussagekraft)
- Qualität der Serie (Dramaturgie, Vielschichtigkeit, Lesbarkeit, serieller Zusammenhalt, zusammenhängende Bildsprache)
- Prozess (Dokumentation der Arbeit, Experimentieren, Überlegungen zu Konzept, Interpretation und Umsetzung des Themas)
- Gesamtwirkung & Komplexität der Arbeit (Gesamteindruck, Wirkung und Eigenständigkeit)
Reflexion
Da die Kameras der KS Musegg zur Zeit meines Praktikums ebenfalls von einer anderen LP genutzt wurden, konnten die Kameras selten nach Hause genommen werden. Dies schränkte die Schüler*innen leicht ein, da ihre Motivwahl somit etwas limitiert war. Deshalb erlaubte ich ihnen, auch mit dem Smartphone zu fotografieren. Dies hätte ich rückblickend jedoch gerne etwas mehr thematisiert, um aufzuzeigen, wie sich Kamera- und Smartphone-Fotos technisch/visuell unterscheiden.
Was mich überraschte, war eine gewisse «Gehemmtheit» seitens der Schüler*innen, Gemachtes zu hinterfragen oder neu zu denken. Im Verlauf des Projektes, sprach ich dies mit den jeweiligen Gruppen in den Einzelbesprechungen an und versuchte, sie anzuregen, sich nicht zu schnell zufrieden zu geben. Dies werde ich für ein nächstes Praktikum versuchen, bereits bei der Planung von Inputs/Einstiegsübungen im Hinterkopf zu haben, um dem evtl. etwas entgegenzuwirken.
In ihrem Feedback berichteten mir die Schüler*innen, dass ihnen die Aufgabenstellung Spass gemacht habe und dass sie sich weder unter-, noch überfordert gefühlt hatten. Als negativen Punkt, nannten Einzelne, dass die Theorie-Inputs, welche ich meist Anfangs einer DL ansetzte, zu lange waren. In Rücksprache mit der Praxislehrperson, kam ich zum Schluss, dass die Inputs trotz ihrer empfundenen Länge notwendig waren, um eine ausreichende Basis zu schaffen. Jedoch, hätte ich sie z.B. auch mal als Einschub oder als Abschluss einer Lektion machen können, oder noch häufiger mit kreativen Einstiegsübungen verbinden können.