Abstract
Die «Reise zum Mittelpunkt der Erde» war mein freies Praktikum, das im Rahmen der KIHZ (Kinderbetreuung im Hochschulraum Zürich) Ferienbetreuung stattfand. Der gleichnamige Roman von Jules Verne aus dem Jahr 1864 diente als inhaltliches Gerüst, um welches gebastelt, gezeichnet, gemalt, fotografiert, Geschichten erzählt und gespielt wurde.
Bedingungs- und Sachanalyse
Die 17 teilnehmenden Kinder waren zwischen 7 und 11 Jahren alt. Der Kurs dauerte fünf aufeinanderfolgende Tage, jeweils von 8.30 Uhr bis 17.30 Uhr. Er fand in einem Nebengebäude des ETH Campus’ auf dem Hönggerberg in Zürich statt. Wir planten den Kurs zu zweit, leiteten ihn dann aber zu dritt. Alle drei sind wir künstlerisch tätig.
Wie im Abstract geschrieben fand der Kurs nicht in im schulischen Rahmen, sondern als Ferienbetreuung statt. Die Kinder nahmen also alle mehr oder weniger freiwillig teil. Für uns war dementsprechend klar, dass der Kurs einen viel mehr einen unterhaltenden Charakter haben sollte. Trotzdem versuchten wir, ästhetische Erfahrungen zu ermöglichen und technische Fertigkeiten weiterzugeben. Aufgrund seiner Einbettung in die Ferienbetreuung erarbeiteten wir keine Beurteilungskriterien und auch keine ausformulierten Lernziele.
In Jules Vernes Roman «Reise zum Mittelpunkt der Erde» dringen die drei Hauptpersonen immer tiefer ins Erdinnere vor und erleben auf ihrer Reise wunderbare Begegnungen, stets zwischen geologischen Tatsachen und Fantasiewelt. So passte sich das Projekt gut an die Umgebung der ETH Zürich an, wo der Kurs stattfand.
Nebst der Auseinandersetzung mit Themen der Geografie und Geologie und dem Basteln von Werkzeugen, Ausrüstungen und Karten erschufen die Kinder eigene Charaktere und tauchten in erfundene Lebenswelten ein. Während der Woche bewegten sie sich zwischen dem fiktiven und realen Raum und wurden dabei spielerisch dazu aufgefordert, ihre eigene Realität zu hinterfragen, um diese zu erweitern.
Ablauf
Jeweils am Morgen trafen wir uns alle im Sitzkreis und eine von uns leitenden Personen erzählte einen Teil der Geschichte der «Reise zum Mittelpunkt der Erde». Das Erzählte war an das Original von Jules Verne angelehnt, jedoch stets mit von uns dazu gedichteten Elementen erweitert. Die Erzählungen am Morgen spannten jeweils einen inhaltlichen Bogen für das Tagesprogramm.
Nach der eben gehörten Geschichte illustrierten die Kinder jeweils drei Momente, an die sie sich erinnerten. Jeden Tag gab es verschiedene Vorgaben: Collagieren, mit der linken Hand zeichnen, blindes zeichnen, malen oder eben keine Vorgaben. Alle Bilder des jeweiligen Tages wurden an einer bestimmten Wand aufgehängt. Ende Woche waren es fünf Blöcke an den Wänden, auf denen sich Illustrationen von einem Teil der Geschichte befanden. Nach dem Aufhängen der Bilder führten wir immer eine Bildbesprechung durch.
Der weitere Tagesablauf war dann stets unterschiedlich, jedoch immer von der vorhergehenden Geschichte eingeführt. So wurden aus Karton und Malerklebeband Werkzeuge und Ausrüstung für die Reise angefertigt, Karten collagiert, Monsterverkleidungen gebaut und auf dem ETH-Gelände fotografisch inszeniert, Kristallketten angefertigt, Taler modelliert und zum Schluss ein Buch mit allen Zeichnungen und Bildern der Woche gebunden. Und zwischendurch gingen wir immer wieder in den Wald oder spielten Spiele.
Reflexion
Nachdem mein erstes Praktikum coronabedingt aussergewöhnlich war, war nun auch mein zweites Praktikum nicht sehr nahe an einem möglichen Alltag als Lehrperson auf Stufe S2. Trotzdem habe ich wieder sehr viel gelernt: von der Kommunikation mit der Organisationsleitung und der Planung des Inhalts der Woche über den Umgang mit Kindern und der stufengerechten Ausdrucksweise, sowie dem spontanen Reagieren auf unerwartete Situationen und dem Geschichtenerzählen.
Ich bin sehr zufrieden mit der Planung der Woche. Dank der Geschichte und dem Erzählen am Morgen hatten wir und die Kinder stets eine Übersicht und einen inhaltlichen Zusammenhang über den Tag und auch über die Woche. Das Ritual des Geschichtenerzählens und des Illustrierens am Morgen war jeweils ein guter Start und Grundstein für den Tag. Das Buch, welches die Kinder am letzten Tag des Kurses gebunden hatten, ist zum einen eine Zusammenfassung der erlebten Reise für die Kinder und zum andern ermöglicht es den Eltern, für welche aufgrund der Schutzmassnahmen keine Abschlussveranstaltung organisiert werden konnte, einen Einblick in die vergangene Woche.
Ich war immer wieder fasziniert davon, wie urplötzlich eine Begeisterung in einem Kind hoch flackern konnte, wenn es eine Idee hatte und diese mit den simplen Materialien Karton und Klebeband umsetzen konnte. Auch spannend fand ich es zu lernen, bei welchem Kind welcher Gedankenanstoss die Fantasie oder die Produktion ins Rollen brachte.
Ein wichtiges Erlebnis dieser Woche war, als mein Praktikumsmentor auf Besuch war und meine Art und Weise der Bildbesprechung konstruktiv kritisiert hatte: Es solle nicht bloss um die Frage gehen, was auf dem Bild zu sehen ist, sondern viel mehr wie etwas dargestellt wird und welche Wirkung es hat. Gegen Ende der Woche leitete ich dann noch eine Bildbesprechung mit den neuen Inputs im Hinterkopf: es waren Welten dazwischen! Bei der zweiten Bildbesprechung wollten die Kinder gar nicht mehr aufhören, über die Illustrationen zu sprechen und Fragen zu stellen.
Nebst weiteren Erfahrungen im organisatorischen Bereich, war für mich vor allem wertvoll zu lernen, welche Art der Kommunikation mit den Kindern was auslösen kann.