ABSTRACT
In dieser Unterrichtseinheit transformieren die SuS einer 2. Klasse (KZG) überflüssig gewordene Gegenstände in eigene, zweckentfremdete Skulpturen, welche anschliessend die Ausganslage bilden für eine abstrakte zeichnerische und malerische Bildumsetzung.
INHALT
Begründungs- und Sachanalyse – Im Jahr 1913 provoziert Marcel Duchamp mit seinem Objet Trouvé «Roue de Byciclette» eine Reihe von Fragen zum Selbstverständnis des Kunstwerkes und zum Kunstbegriff im Allgemeinen: Kann ein Gegenstand an sich oder durch Eingriff der Künstlerin/des Künstlers zur Kunst erklärt werden? Kann ein Gegenstand in unterschiedlichen Umgebungen Verschiedenes bedeuten? Entsteht die Bedeutung eines Kunstwerkes durch Interpretation oder im Zusammenhang mit der Institution?
Die Frage, ob und wann ein Kunstwerk als Kunstwerk gelten darf, ist eine Frage, die nicht nur Künstlerinnen und Künstler bewegt, sondern auch Schülerinnen und Schüler zu Diskussionen anregt. Die Unterrichtseinheit soll den Schülerinnen und Schülern einen Zugang zum heutigen Kunstbegriff und zur abstrakten Malerei eröffnen.
Zum Programm dieser Unterrichtseinheit inspirierte mich mein freies Praktikum, bei dem ich in die Vorbereitungen für die Ausstellung des Konzeptkünstlers Jeremias Bucher eingebunden war.
Für die Vorbereitung vertiefte ich mich in den kunstgeschichtlichen Übergang vom Impressionismus in die Moderne und führte alle geplanten Aufträge selbst durch, um mögliche Schwierigkeiten zu antizipieren.
Literaturliste
Hüsch A. (Hrsg.)(2011). From trash to treasure: vom Wert des Wertlosen in der Kunst.
Affron M. (2018). The essential Duchamp.
Kaufmann S.M.I. (Hrsg.)(2018). Marcel Duchamp: 100 Fragen. 100 Antworten.
Thomas K., Seydel F., Sowa H. (2007-2012). Kunst.
KOmpetenzorientierte lernziele
Die Lernenden
– erproben und ergründen verschiedene Zugänge zum heutigen Kunstbegriff
– legen eine persönliche Sammlung an Gegenständen an
– entwickeln Experimentierfreude und Risikobereitschaft
– transformieren Gebrauchsgegenstände in zweckentfremdete Skulpturen
– vertiefen den Umgang mit Materialien, Werkzeugen und Farben
– übersetzen den Umriss eines dreidimensionalen Objekts in eine zweidimensionale Linie
– verwenden das Bleistift als Verlängerung ihrer Augenbewegung
– abstrahieren ein Objekt in reduzierte Farben und mischen die abgeleiteten Farben differenziert nach
– reflektieren die eigene Arbeit und analysieren das Schaffen anderer
ABLAUf
Durch einen performativen Einstieg in die Unterrichtseinheit erforschen die Schülerinnen und Schüler vorerst alltägliche Gegenstände durch ungewohnte Zugänge und inszenieren diese anschliessend nach dem Vorbild des Künstlers Erwin Wurm performativ.
Als Hausaufgabe erhalten die Schülerinnen und Schüler den Auftrag, eine persönliche Sammlung an Gegenständen anzulegen und diese in der kommenden Doppellektion mitzubringen. Nach einem kunsthistorischen Input über die Entwicklung vom Impressionismus in die Moderne stellen die Schülerinnen und Schüler ihre mitgebrachten Gegenstände als Readymades auf dem Schulgelände aus. Anschliessend findet ein Ausstellungsrundgang statt, bei welchem die SuS in Gruppen die Arbeiten jurieren.
In der dritten bis vierten Doppellektion dekonstruieren und transformieren die SuS ihre ausgewählten Objekte zu eigenen, zweckentfremdeten Objet-Trouvés. Die SuS halten den Prozess Der Prozess mit ihrem Handy fest und fotografieren die fertiggestellten Skulpturen jeweils vor einem farbigen Hintergrundpapier ihrer Wahl.
Ausgehend von ihren Objet-Trouvés erarbeiten die SuS in den darauf folgenden Doppellektionen mit der Technik des Blind-Zeichnens abstrakte Formkompositionen.
Eine dieser Formkompositionen wird anschliessend als Farbkomposition gemalt. Dafür abstrahieren die SuS ihr Objet-Trouvé in drei bis vier Farben und setzen diese einer kontrastreichen Hintergrundfarbe gegenüber. Daraus entstehen während drei weiteren Doppellektionen abstrakte Farbmosaike.
Zum Abschluss gestalten die SuS ihre eigene Ausstellung in der schulinternen Halle.
Wir begehen die Ausstellung und besprechen die Arbeiten anschliessend anhand von drei Fragestellungen gemeinsam.
Beurteilungskriterien
Objet Trouvé
– Zweckentfremdung
– Gestalterische Idee/Herangehensweise
– Gestalterische Qualität der Skulptur
– Wahl und Umgang mit Bauhilfsstoffen
– Verwendung aller Dekonstruktionsteile
– Fotografische Dokumentation
Zeichnung
a. Zeichnerische Serie:
– Durchziehen der jeweiligen Linie ohne Absetzen
– Serie aus mind. 4 unterschiedlichen Perspektiven
b. Zeichnerische Komposition (als Basis der malerischen Umsetzung):
– Vergrösserung auf das Format A3
– Aufbau der Überlagerungen (betrifft z.B. Entscheide bzgl. Ansetzen des Bleistifts)
– Bildaufteilung
Malerische Umsetzung
– Qualität der Farbabstrahierung in Bezug auf das Objet Trouvé
– Differenziertheit der Farbmischung
– Spannung/Komposition der Farben
– Kontrast Hintergrund-Objekt
– Umgang mit Pinsel und Farbe
reflexion
Der Sammlungsauftrag wurde leider nicht von allen Schülerinnen und Schüler ausgeführt. Damit den SuS für die Objet-Trouvé-Aufgabe genügend interessante Gegenstände zur Verfüdung standen, musste ich die Sammlung erweitern. Diesbezüglich wäre es hinterher zudem sinnvoller gewesen, ich hätte das Material der Sammlung auf ein Material beschränkt (z.B. nur Keramik-Gegenstände). Die sehr unterschiedlichen Materialien stellten schliesslich eine Schwierigkeit beim Bewerten dar, da die SuS ganz unterschiedlich schwierige Voraussetzungen hatten für ihre Skulpturarbeit. Zusammen mit meiner Praktikumslehrpersonen habe ich eine adaptierte Lösung gefunden, um die Objekte gerecht zu bewerten.
Nachdem die SuS an den kunstgeschichtlichen Inputs zu Beginn wenig Interesse zeigten, gewann die Unterrichtseinheit mit dem Übergang in die skulpturale, zeichnerische und malerische Aufgabenstellung an Konzentration und Intensität. Gerade dadurch braucht die Unterrichtseinheit braucht aber auch sehr viel materielle Vor- und Nachbereitung. Zeitlich waren 8 Doppellektionen ausserdem zu kapp, weil die SuS für den malerischen Prozess deutlich mehr Zeit beanspruchten, als ich abschätzte. Ich bin deshalb sehr froh, dass ich drei weitere Doppellektionen anhängen konnte, um die Einheit abzuschliessen. Für mich war es das intensivste/anstrengenste, aber auch wertvollste Praktikum.