Abstract
Themen sind das Skizzieren von Räumen, das Zeichnen mit Fluchtpunkten, sowie kulturgeschichtliche Bedeutungen der behandelten Perspektivenlehren. Ersteres wird anhand kürzerer und längerer Übungen erarbeitet. Zweiteres anhand der geschichtlichen Entwicklung in der Renaissance, sowie Beispielen aus Kunst und Architektur kritisch beleuchtet.
FMS Basel, 1. Jahr (15-17-jährig), Grundlagefache Bildnerisches Gestalten, 2021
Inhalt
Perspektivische Darstellung versucht dreidimensionale Objekte auf einer zweidimensionalen Fläche abzubilden und dadurch einen räumlichen Eindruck zu vermitteln. Dafür wurden weltweit verschiedene Techniken und Lehren entwickelt.
Im Westen sind vor allem zentralperspektivische Darstellungen längst zur Gewohnheit und zum Massstab geworden und wurden nicht zuletzt dank Fotografie und Film der Inbegriff der natürlichen Seh- und damit auch Darstellungsweise.[1]
Sachanalyse
In praktischen Übungen werden das Skizzieren und Zeichnen von Räumen eingeübt. Dabei wird zwischen schnellen Übungen und längeren Aufgaben abgewechselt. Während die schnellen Übungen die Wahrnehmung für den Raum schulen, als Übungsfeld und als «Warm-Ups» fungieren, werden in den längeren Aufgaben das Zeichnen anhand der Perspektivenlehren mit einem und zwei Fluchtpunkt(en) vermittelt.
Ziel ist es, den Schüler:innen verschiedene Zugänge des perspektivischen Darstellens zu eröffnen, die sie für weitere Übungen und Aufgaben aufgreifen können. Dies ist direkt vom Lehrplan des FMS abgeleitet, nach dem Schüler:innen «[…] verschiedene Möglichkeiten wie Linear-, Frontal- und Übereckperspektive, um Räume zu konstruieren und zweidimensional darzustellen [kennen].»
Begründungsanalyse
In einer abschliessenden – etwas längeren – Aufgabe werden verschiedene Möglichkeiten des perspektivischen Darstellens auf einem Blatt kombiniert und mit der «Korrektheit» der Darstellungsweisen gespielt.
Durch das Kombinieren verschiedener Darstellungsweisen und den damit geschaffenen Irritationen soll ein Bewusstsein dafür geschärft werden, dass Lehren des perspektivischen Zeichnens, wie z.B. Fluchtpunkte, eine kulturelle Errungenschaft sind und nicht die «Wahrheit» abbilden.
Lernziele und Beurteilungskriterien
Lernziele
- Möglichkeiten perspektivischen Darstellens kennen lernen und anwenden können.
- Durch schnelle Übungen Skizzieren und Zeichnen erproben.
- Kulturgeschichtliche Entwicklungen und Bedeutungen des perspektivischen Darstellens kennen lernen und eine kritische Haltung einnehmen können.
Beurteilungskriterien
- Technik: Bewusste Anwendung der behandelten Perspektivenlehren
- Experiment: Experimenteller und spielfreudiger Umgang mit Perspektive
- Quantität: Viel, aber nicht beliebig zeichnen
- Komposition: Einsatz von Grössen- und Perspektivenverhältnisse, sowie Platzierung im Bildraum und ggf. Farbigkeit
- Generell: Einhaltung von Abmachungen und Zwischenzielen
In die Beurteilung fliessen die Skizzen und Zeichnungen der ganzen Projektdauer.
Ablauf
Das Projekt erstreckt sich über 5 Einheiten à 3 Lektionen. Die erste Hälfte des Projektdauer wird kürzeren Übungen und die zweite Hälfte einer grösseren Aufgabe gewidmet.
Kulturgeschichtliche Inputs, Theorie, spontane Gespräche mit der ganzen Klasse finden verstreut über die Projektdauer hinweg statt.
Jede Einheit beginnt mit einer 10-minütigen, spielerischen Übungen: mit der ungewohnten Hand zeichnen, gehend skizzieren, 1-Minuten-Skizzen, etc.
Schnellübungen bereiteten den Schüler:innen viel Freude und es entstanden energievoll Skizzen.
Zentralperspektive
Zum Einstieg wird mit den Schüler:innen der Begriff des perspektivischen Darstellens eruiert. Im Anschluss werden ihnen die Grundzüge der Zentralperspektive gezeigt. Diese wird direkt in den Schulhausgängen umgesetzt. Die Gänge eignen sich aufgrund ihrer Länge sehr gut, um die Zentralperspektive zu behandeln.
Der Umgang mit der Zentralperspektive fiel nicht allen Schüler:innen leicht.
Punktperspektive | Konstruktion mit zwei Fluchtpunkten
Den Schüler:innen wird eine Möglichkeit des Konstruierens von Innenräumen mit zwei Fluchtpunkten gezeigt. Eine Anleitung davon steht ihnen online über einen Klassenordner zur Verfügung, auf die sie jederzeit zugreifen können. Damit konstruieren sie vereinfachte Innenansichten Ihrer Zimmer, die sie zuhause ausgemessen und davon Grundrisse erstellt haben.
Wiederholungen | Mit Kartonschachteln und Holzklötzen Innenräume skizzieren
Einigen Schüler:innen fiel es schwer, anhand von Grundrissen, Fotografien und eigenen Erinnerungen Innenräume in konstruierte Zeichnungen zu übertragen.
Zur Veranschaulichung wird das Skizzieren von Innenräumen mit einem und zwei Fluchtpunkt(en) mit Kartonschachteln und Holzklötzen erneut geübt. Diese dienen als stark reduzierte Modelle von Innenräumen.
Das eigene Zimmer zeichnen
Mithilfe der erlernten Techniken wird das eigene Zimmer skizziert und gezeichnet. Dabei sollen mehrere solcher Techniken kombiniert und die Zeichnung ggf. mit Farbstiften oder Gouache koloriert werden.
Den Schüler:innen wird eine Vorgehensweise präsentiert, an der sie sich orientieren können. Diese baut auf Kompetenzen auf, die sie bis dahin im Verlaufe des Schuljahres im Unterricht erlernt haben.
«Vorgehenweise:
- Schauen Sie sich die Skizzen und Zeichnungen an, die Sie bisher gemacht haben: Welche gefallen und interessieren Sie?
- Diese Zeichnungen und Skizzen können Sie nachzeichnen, abpausen und mit neuen kombinieren. Dazu können Sie z.B. mit dem Leuchtpult arbeiten oder mit dem Fotokopierer Entwürfe kopieren, überarbeiten, die Grössen ändern…
- Entwerfen Sie damit eine Komposition und heben Sie ggf. ausgesuchte Stellen mit Farbe hervor.»
Reflexion
Mit meinem letzten Praktikum versuchte ich zum ersten Mal, mich eng an den vorgegebenen Lehrplan zu orientieren. Damit wollte ich herausfinden, wie ich einerseits trotz enger Vorgaben, ein interessantes und inhaltlich vielfältiges Projekt erarbeiten kann. Andererseits, wie es mir gelingt, ein Thema zu behandeln, in dem ich mich etwas unsicher bewege.
Durch Übungen, die ich im Vorfeld unternahm, gelang es mir, Sicherheit zu schaffen und mein Interesse für das Thema zu wecken. Vor allem Fragen kultureller Bedeutungen von Perspektivenlehren scheinen mir sehr relevant: Wie z.B. das Zeichnen mit Fluchtpunkten das Entwerfen von Architektur in der Renaissance stark beeinflusste und in zeitgenössischer Architektur noch immer sichtbar ist.
Heterogene Klasse
Die Kenntnisse im Gestalten und künstlerischer Strategien variierten in der Klasse sehr stark. Beispielswiese hat eine Schülerin den Vorkurs für Kunst und Design absolviert, andere hatten seit mehreren Jahren keinen Unterricht in gestalterischen Fächern mehr besucht. Dementsprechend unterschiedlich waren die Motivation und die Konzentration der Schüler:innen.
Um darauf zu reagieren, arbeitete ich mich kurzen und deutlich formulierten Aufgaben und Anleitungen. Dadurch fanden die Schüler:innen schnell ins Machen. Allerdings fiel so der Grossteil der Arbeiten sehr ähnlich aus und es gelang nur wenigen die Rahmen zu sprengen. Eine Reduktion der Themen (z.B. nur eine Darstellungsweise, anstatt mehrere behandeln) könnte dem entgegen wirken.
Das Zeichnen mit Fluchtpunkten bereitete ungefähr einem Drittel der Klasse grosse Mühe, während andere im Umgang damit bereits geübt waren. So gelang es auch nach 5 Wochen einigen Schüler:innen nicht, mithilfe von Fluchtpunkten und Hilfslinien Würfel oder einfache Objekte zu zeichnen. Es zeichnete sich in der Klasse eine weit geöffnete «Schere» ab.
Austausch
Im Gegensatz zu den vorherigen Praktika, plante ich nur wenig Zeit für Austausch in kleineren Gruppen ein. Oft blieb es bei Einzelgesprächen. Ich denke, dass durch gezielte Gruppengesprächen stärker voneinander profitiert hätte werden können und so das Niveau der Schüler:innen näher zusammenrücken würde.
[1] Widmer, Caroline, Indische Malerei und die Frage der Perspektiven, Museum Rietberg, Zürich, 2020, S.4.