Abstract
Das Modul Master Dialog findet an der HSLU im Rahmen des Master Kunst jeweils ein Mal pro Semester zu einem aktuellen Thema aus der Kunstforschung oder Kunstpraxis statt. Die Teilnahme ist für Studierende der Vertiefung MAPS und CIP obligatorisch. Dieses Jahr wurde die Frage nach der Sichtbarkeit partizipative Prozesse behandelt. Der zweitägige Kurs wurde von einer Gruppe aus Studierenden, Alumni und Dozierenden/Mitarbeiter des Masters in einem partizipativen Prozess entwickelt.
Inhalt
Das Programm des Master Dialogs zum Thema Partizipation bestand aus drei Blöcken, welche aufgrund der Corona-Pandemie alle über Zoom durchgeführt werden mussten:
- Block 1: Einführung ins Thema Partizipation (nur Studierende)
- Block 2: Einführung in die partizipative Praxis, Input von Gästen, Diskussionen (Studierende und Gäste), Mapping
- Block 3: Projekt-Präsentationen (von Gästen), Mapping
Der erste Block war nur für Studierende und nicht für die Gäste. Dies ist auch der Teil, in welchem ich unterrichtet habe. Es wäre jedoch wenig sinnvoll, diesen Block isoliert zu betrachten, weswegen ich kurz ausführe, was das Ziel des gesamten Formats war.
Ursprünglich war ein zweitägiger Event vor Ort geplant, an welchem partizipative Projekte umgesetzt, präsentiert und diskutiert werden sollen. Dies mit dem Ziel, die Frage der Sichtbarkeit zu diskutieren und einen Beitrag zum Netzwerk Partizipation, welches voraussichtlich 2021 offiziell gegründet werden wird, zu leisten. Da die derzeitige Situation mit der Corona-Pandemie ein physisches Treffen aber nicht zuliess, musste die Planung umgestaltet werden. Daraus entstand die Idee, die zwei Tage, an welchen Austausch nur online stattfinden konnte, als Vorbereitung für diesen Event zu nutzen. Diese eingeschränkte Form eignete sich dafür, Aussenstehenden (bzgl. Studierenden, welche dieses Thema nicht oder nur schlecht kennen) einen Einblick ins Thema zu geben, einen Überblick über Themenfelder und Kunstschaffende in der Schweiz zu erhalten und Fragen und Schwerpunkte für weitere Diskussionen zu sammeln.
Im Sommer 21 soll der Event so wie er ursprünglich geplant war mit Gästen und Studierenden vor Ort an der HSLU stattfinden. Dort wird das Ziel sein, einerseits Projekte partizipativ zu erarbeiten und umzusetzen und andererseits anhand dieser Projekte die Frage der Sichtbarkeit solcher Prozesse weiter zu diskutieren.
Programm Block 1 – Workshop Studierende
Da die Vorkenntnisse der Studierenden sehr unterschiedlich waren, war ein Ziel des Workshops mit den Studierenden, dass diese alle ein Verständnis davon haben, was Partizipation ist, bzw. nicht ist. Auch sollte einen groben Überblick über Themenfelder innerhalb der Partizipation gegeben werden, wie z.B. Autorschaft, Hierarchien und Überschneidungen zu anderen Feldern wie Sozialarbeit oder Politik. Und schlussendlich sollte das notwendige Vokabular, bzw. ein ausreichendes Vorwissen erarbeitet werden, damit die Studierenden am Nachmittag von den Inputs der Gäste möglichst viel profitieren und sich aktiv in den offenen Diskussionen beteiligen konnten.
Lernziele und Beurteilungskriterien
(Lern-)Ziele: Der Kurs hatte mehrere Ziele, wobei dies aber in erster Linie nicht Lern- sondern eher Forschungs- oder Projektziele waren. Zum einen sollten Diskussionen über mehrere Aspekte von partizipativer Arbeit ermöglicht werden, wie z.B. Autorschaft, Finanzierung, Hierarchien und Rollen. Zum anderen sollte ein Überblick über verschiedene Projekte, Kunstschaffende und Ansätze zur Partizipation in der Schweiz geschaffen werden. Und schlussendlich sollte die Grundlage für die Diskussion über die Sichtbarmachung von partizipativen Projekten geschaffen werden, welche dann während des Events im Sommer vertieft werden soll.
Beurteilungskriterien: Als Leistungsnachweis gilt eine Anwesenheit von mindestens 80%.
Ablauf Block 1 – Workshop Studierende
Um die Zeit vor dem Bildschirm möglichst kurz zu halten und damit die Studierenden doch möglichst viel vom Kurs profitieren konnten, wurde nur wenig im Plenum gearbeitet.
Nach der Begrüssung gab es eine Einführung in verschiedene Begriffe und Modelle zum Thema Partizipation. Anschliessend arbeiteten die Studierenden in Kleingruppen. Sie hatten sich im Vorfeld für eine von 3 Themengruppen entschieden, dazu einen Leseauftrag mit entsprechendem Texten und Leitfragen erhalten, und hatten während dem Unterricht eine Stunde Zeit, sich in ihren Gruppen auszutauschen und eine Präsentation vorzubereiten. Im Anschluss an diese Austauschphase waren dann die Präsentationen der Studierenden mit anschliessenden Diskussionen. Für die Präsentationen hatten die Studierenden die Vorgabe mit Bildmaterial zu arbeiten – seien dies Stichworte auf einer Folie oder Bilder von Arbeiten. Indem Zuhörer*innen etwas zu betrachten hatten, sollte der Austausch über Zoom angenehmer gestaltet und der Ausgangspunkt für die Diskussionen festgelegt werden.
Ebenfalls Teil des Auftrags war, dass sich die Studierenden auf drei Schlüsselbegriffe aus ihrem Themenbereich festlegten. Diese wurden dann am Nachmittag als Übergang in die grössere Gruppe mit den Gästen präsentiert, sowie als Ausgangspunkt für das Mapping genutzt. Das Mapping wurde während den zwei Nachmittagen fortlaufend von Mitgliedern der Planungsgruppe des Master Dialogs erweitert und ergänzt.
Ablauf Block 2 & 3
Am Donnerstagnachmittag sah das Programm so aus, dass einem Input zum Thema Autorschaft und dem Praxisbeispiel eines Projekts eine moderierte Diskussion stattfand. Am Freitagnachmittag stellten dann die Gäste ihre eigenen Projekte vor. Eigentlich wäre auch hier im Anschluss eine Diskussion geplant gewesen, dies war jedoch dann aus zeitlichen Gründen nicht mehr möglich.
Um den Kurs in Zoom doch möglichst abwechslungsreich zu gestalten, gab es ein Setting vor Ort an der HSLU. Während Studierende und Gäste zwar online zugeschaltet wurden, befand sich die Planungs- und Organisationsgruppe des Master Dialogs vor Ort. Auf einer Art Bühne hatten zum einen die Dozierenden/Gäste eine ‘Moderationsecke’, was den Austausch angenehmer gestalten sollte. Im Hintergrund fand das Mapping statt, von welchem über eine weitere Webcam auch fortlaufend ‘Nahaufnahmen’ verfolgt werden konnten.
Reflexion
Partizipative Erarbeitung des Moduls
Die Planung des Master Dialogs war selbst insofern ein Experiment, dass eine Gruppe aus Studierenden/Dozierenden und Mitarbeitenden des Masters das Modul partizipativ erarbeitet haben. Konkret heisst das, wir waren eine Planungsgruppe, welche von Grund auf alles zum Thema ausarbeiteten und ausdiskutierten. Wir waren uns von Beginn an einig, dass Partizipation für uns bedeutet, möglichst ohne Hierarchien oder fixe Rolleneinteilungen zu arbeiten – was viele Diskussionen, Umwege, Abschweifungen bedeutete, aber auch Offenheit für Ideen, Zusammenarbeit und einen sehr lebhaften Austausch zur Folge hatte. Während das Thema Partizipation und die Sichtbarkeit partizipative Projekte zwar einigermassen vorgegeben war, bestand doch z.B. das erste zweitägige Treffen darin, dass wir in der Gruppe den Begriff der Partizipation erst einmal sehr ausführlich ausdiskutierten.
Eine solche Planung erfordert sehr viel Zeit und Energie. Für regulären Unterricht auf der Stufe Sek II wäre dies sicher unmöglich; zum einen vom Aufwand her und zum anderen, weil eine solch offene Planung auch an Schüler*innen/ Studierende/ Teilnehmende sehr hohe Anforderungen in den Punkten Selbständigkeit und Selbstorganisation stellt. Auch für ‘reguläre’ Module im Studium wäre diese Art der Planung wohl zu aufwendig.
Gerade an der Hochschule geht es jedoch (hoffentlich) nicht nur darum, Module und Kurse zu gestalten, sondern auch um die Suche nach neuen Strategien, das Erarbeiten von Lösungen und die aktive Teilnahme am Diskurs über Kunst und Kunsttheorie. Sieht man die Planung und das Modul als Teil dieses Prozesses, so macht das zwar die Organisation nicht weniger umständlich, bietet jedoch auch unglaublich wertvolle Möglichkeiten. Zum einen können Studierende so tatsächlich aktiv an diesem Austausch teilnehmen – nicht nur scheinbar-aktiv, wie es oft geschieht, wenn solche Diskussionen als Übung mit klaren Lernzielen geführt werden. Zum anderen kann die Trennung zwischen Expert*innen und Lernenden/ Dozierenden und Studierenden zumindest teilweise überwunden werden. Ohne Hierarchien und klare Rollen zu arbeiten ist umständlich und anstrengend – und natürlich ein Ziel, dass nie vollkommen erreicht werden kann. Bei uns in der Planungsgruppe war der Umgang mit Rollen meist spielerisch und konstruktiv; manchmal fielen die Leute zwar auf gewohnte Verhaltensweisen zurück, manchmal verhielten sie sich aber auch bewusst konträr dazu. Jede Meinung oder Idee wurde durch die anderen Gruppenmitglieder reflektiert und nur mit Zustimmung der gesamten Gruppe ins Konzept aufgenommen. Eine solche Gruppendynamik ist eine sehr wertvolle Möglichkeit, um neue Formen des Austauschs und sozialen Umgangs zu üben, sich selbst weiterzuentwickeln, aus den üblichen Mustern herauszukommen, neue Rollen auszuprobieren und (Vor-)Wissen neu zu verknüpfen.
Einführung über Zoom
Da Unterricht über Zoom für alle Beteiligten sehr anstrengend ist, hat es sich sicher gelohnt, das Programm zu beschränken und die Blöcke trotz vielen Pausen möglichst kurz zu halten. Dies hatte aber auch zur Folge, dass die Zeit schlussendlich sehr knapp war und z.T. Diskussionen abgekürzt oder weggelassen werden mussten. Von Studierenden habe ich die Rückmeldung erhalten, dass sie dies schade fanden; weitere und vertiefte Gespräche hätten Sie interessiert. Zugleich gab es aber auch oft die Rückmeldung, dass die Teilnahme über Zoom sehr anstrengend gewesen sei und dass sich einige zeitweise etwas ‘ausgeklinkt’ hätten; vor allem am Freitagnachmittag, wo es sehr viele Inputs gab.
Aussicht Sommer
Während das Ersatzprogramm für den ursprünglich geplanten Event sicher zumindest die Ziele erreicht hat, die Grundlagen für weitere Diskussionen und einen Überblick über die Projekte Kunstschaffender in der Schweiz zu schaffen, so ist doch auch klar, dass der Event vor Ort im Sommer notwendig ist. Eigentlich war die Idee dieses Moduls, zu erarbeiten, wie partizipative Projekte sichtbar gemacht werden können. Dazu braucht es weitere Diskussionen und vor allem auch die Möglichkeit, Arbeiten vor Ort zu betrachten und mitzugestalten. Gerade weil partizipative Projekte oft den Schwerpunkt auf die partizipative Erarbeitung, also den Austausch, die Teilhabe und das Verhandeln, bzw. Aushandeln legen – alles Aspekte einer Arbeit, die schwer greifbar sind – braucht es das die Möglichkeit, einen Austausch nicht nur über mündliche Diskussionen, sondern durch aktiven Austausch zu führen: die Interaktion mit einem Gegenüber, der Versuch und das Erleben von partizipativen Projekten. Nicht umsonst gibt es in der Theorie auch die Position, dass partizipative Kunstprojekte nicht oder nur teilweise von Aussenstehenden rezipiert werden können, und v.a. für jene funktionieren, welche daran partizipieren.