Durch einen Corona bedingten Unterbruch hat das Praktikum andere Formen angenommen als ursprünglich geplant. Die SuS haben sich im Praktikum über eine indirekte Gruppenarbeit dem Begriff der Abstraktion angenähert und ihn anschliessend in fototechnischen Experimente (Cliché-Verre) transferiert.
Sach- und Begründungsanalyse
Das Praktikum wurde mit einer 2. Schwerpunktfachklasse durchgeführt, welche gemäss Lehrplan das Thema präfotografische Experimente behandeln. Ziel des Praktikums war, dass die SuS fototechnische Prozesse als Gestaltungsmedium kennenlernen und sich mit dem Prozess der fotografischen Entwicklung auseinandersetzen.
Als Praktikumsinhalt habe ich mir aus verschiedenen analogen fotografischen Experimenten (Lumenprint, Fotogramm, Camera Obscura, …) für das Cliché-Verre entschieden.
Cliché-Verre, zu deutsch Glasklischeedruck, ist ein fotografisches Druck- und Reproduktionsverfahren, das seine Ursprünge im 19.Jahrhundert hat. Dazumal war sie eine Alternative zu anderen Druckverfahren wie der Lithographie und Radierungen.
Beim Cliché-Verre wird die Zeichnung aus einer eingeschwärzten Glasplatte herausgekratzt. Anschliessend dient die Glasplatte mit der Zeichnung als Negativ, mit dem nun ein Fotopapier belichtet wird.
Neben den technischen Aspekten der Fotoentwicklung, haben wir uns mit dem Begriff der Abstraktion in der bildenden Kunst auseinandergesetzt:
- Was ist Abstraktion?
- Was für Wege zu abstrahieren gibt es?
- Künstlerische Positionen und ästhetische Operationen (nach Pierangelo Maset) (eigenes Schaffen erkennen, Jackson Pollock)
Gegenwartsbedeutung:
Die SuS sind sich digitale, darstellende Abbildungen gewohnt, die sie auf oft digitalen Medien generieren oder konsumieren. Der Entwicklungsprozess lässt sich interdisziplinär Verbinden (Physik, Chemie) und zieht durch das magische Erscheinen des Bildes in seinen Bann.
Zukunftsbedeutung:
Die SuS erarbeiten sich den Begriff der Abstraktion selbstständig, erweitern ihren Erfahrungshorizont an Gestaltungsmitteln und Ausdrucksmöglichkeiten.
Das Reflektieren über das eigene Tun ist eine wichtige, fächerübergreifende Kompetenz.
Exemplarische Bedeutung:
Die SuS kennen bereits andere Druck- und Reproduktionsverfahren. Das Cliché-Verre bildet eine Brücke zwischen den bereits bekannten Reproduktionsverfahren und dem Einstieg in die analoge Fotografie.
Ablauf
Zuerst war der Einstieg in die Abstraktion so angedacht, dass die SuS Strukturen in ihrer Umgebung suchen, diese vereinfachen und sich damit ein Gestaltungsrepertoire für die präfotografischen Experimente erarbeiten.
Im Onlineunterricht wurde der Einstieg in die Abstraktion angepasst:
Das Praktikum war aufgegliedert in 6 Unterrichtseinheiten online, mit anschliessenden 4 Unterrichtseinheiten im Fotolabor.
Die Onlinelektionen waren dabei in eine Erarbeitungsaufgabe mit einer ergänzenden Übungs-/Vertiefungsaufgabe über vier Lektionen aufgeteilt. Die Erarbeitungsaufgabe bestand darin, Bilder der Mitschüler vor zu zeichnerisch zu abstrahieren. Eine halbseitige Reflexion zum Abstrahierungsprozess bildete dabei die Vertiefungsaufgabe.
Als Ausgangspunkt haben alle SuS ein Bild (Aussicht, Gegenstand, etc.) aus ihrer Umgebung angefertigt, welche von den Mitschüler/innen von Mal zu Mal vereinfacht und uminterpretiert wurden.
In den weiteren zwei Onlinelektionen haben die SuS in Gruppen zu gängigen Praktiken und künstlerischen Positionen im Bereich der Abstraktion recherchiert und die künstlerische Position von Jackson Pollock kennengelernt.
Mit dem praktisch angeeigneten und recherchierten Wissen konnten wir den Unterricht dann wieder an der Schule im Fotolabor weiterführen. Nach einer Einführung im Fotolabor (Streifentest), standen den SuS verschiedene Materialien zur Verfügung, mit denen sie experimentell Fotoabzüge mit verschiedenen Strukturen und Kontrasten anfertigten und aufgrund der vorhergegangenen Onlinelektionen reflektiert argumentieren konnten.
Beurteilung
Aufgrund der damaligen Lage stand es den SuS frei, ob sie ihre Arbeit im Praktikum benotet haben wollten oder nicht.
Jede/r Schüler/in bekam ein schriftliches Feedback zum Arbeitsprozess und eine Besprechung. Dabei habe ich die Gelegenheit genutzt keine Note vergeben zu müssen, um die individuellen Fortschritte und Entwicklungen, die durch die Reflexionen ersichtlich wurden zu unterstreichen.
Reflexion
Ich war positiv überrascht über die Qualität der Arbeiten und Reflexionen, die im Onlineformat zustande kam. Die vorhergegangene Auseinandersetzung mit der Abstraktion zeigte sich auch beim Arbeiten im Fotolabor, nur dass da noch eine gute Portion ausprobieren und herausfinden dazukam.
Generell hatten wir aber immer ein bisschen wenig Zeit im Fotolabor. Oft waren wir zeitlich knapp (mit aufräumen, usw.), sodass wir die Besprechungen auf anfangs der nächsten Lektion verlegen mussten. Um den SuS möglichst viel Zeit zum Arbeiten einzuräumen, habe ich die theoretischen Inputs zur Fotografie extrem kurzgehalten und nur das relevanteste besprochen.
Für ein nächstes Mal würde ich die Bewertungskriterien noch einmal überarbeiten. Floskelkriterien wie grammatikalische Korrektheit sind eigentlich im schulischen Kontext generell einzufordern, können aber das Resultat extrem verfälschen und sind nicht unbedingt relevant für den gestalterischen Prozess.
Ich würde die individuelle Bezugsnorm beibehalten und dies schon zu Beginn klar den SuS kommunizieren, da der Notenspiegel damit ein wenig anders aussehen kann, als die SuS sich dies gewohnt sind.