CO-Leitung Sommeratelier der ZhdK
Abstract – Im Workshop drehte sich eine Woche lang alles um Malerei. 16 Kinder und Jugendliche zwischen 11 bis 15 Jahren haben sich entschlossen ihr Wissen und Können darin zu vertiefen und sich zum Kurs «Mach Dir Dein Bild!» im Sommeratelier der Zürcher Hochschule der Künste angemeldet. Mittels verschiedenen Übungen und Techniken wie der Acryl- und Ölmalerei erkundeten sie das Medium spielerisch. Im Vorfeld der Übungen fertigten die Teilnehmer*innen meist Skizzen an, während der Woche führten sie begleitend ein Skizzenheft. Der Kurs wurde von Florian Bühler und mir geleitet, ausserdem erhielten wir zusätzliche Unterstützung einer Studentin aus dem Bachelorstudiengang Art Education der ZhdK.
Sach- und Begründungsanalyse – Das Sommeratelier der ZhdK ist ein eigenständiges Format innerhalb des Bereichs der Vorbildung, es findet jährlich in den Sommerferien statt und dauert eine Woche. Den Interessent*innen stehen verschiedene Kurse in unterschiedlichen Medien wie Fotografie, Game Design, Design, Video etc. zur Auswahl. Die Kurse sind jeweils gut belegt und der Malerei Kurs in der Regel ausgebucht.
Das Sommeratelier bietet den jungen Menschen die Gelegenheit zu einer Schnupperwoche in unterschiedlichen Kunst- und Designpraktiken an der Zürcher Hochschule der Künste. Anhand der Workshops und Theorieinputs geben erfahrene Dozierende aus den Bereichen Kunst und Design einen breiten Einblick in Gestaltungsprozesse und künstlerische Verfahren. Die Jugendlichen lernen verschiedene Richtungen des Kunst- und Designstudiums kennen und erhalten einen Einblick in den Betrieb des Toni-Areals.
In unserem Kurs «Mach Dir Dein Bild» ging es insbesondere darum, dass die Jugendlichen eine praxisnahe Woche erleben können in der sie sich mittels Übungen mit dem Material vertraut machen und Einblick in verschiedene Techniken und Arbeitsweisen erhalten. Das Wochenprogramm war deshalb sehr dicht und umfassend gestaltet (siehe Kurzbeschrieb Programm weiter unten).
Ablauf – Im Verlauf der Woche werden gezielt Übungen innerhalb der Gattung Stillleben, Portrait und Landschaft gemacht, ausserdem setzen sich die Teilnehmenden einen Morgen lang zeichnerisch mit der Abstraktion von Gegenständen auseinander, dieser Teil wurde eigenständig von der Assistentin geleitet. Gegen Ende der Woche machen wir einen Exkursionsnachmittag: Wir besuchen eine Galerie und erfahren vom Galeristen etwas über die Arbeitsweise der Künstlerin Klodin Erb und mögliche Deutungen des Werkes. Wir machen einen spontanen Abstecher ins Löwenbräu Areal und besuchen schliesslich den Künstler Patrick Graf in seinem Atelier in Albisrieden. Am letzten Tag findet in den öffentlichen Räumen der ZhdK die Abschlussausstellung aller Workshops statt, die Eltern der Jugendlichen und die Teilnehmenden selbst sind eingeladen sich die entstandenen Werke und Projekte anzuschauen.
Bevor jeweils mit den Übungen begonnen wird findet in der Regel eine kurze Einführung ins Thema statt. Begleitet wird diese von einer Power-Point-Präsentation, darin erhalten die Teilnehmenden Hintergrundinformationen wie Umgang mit dem Thema und Entwicklung über mehrere Epochen (Zeitstrahl) hinweg, Künstlerbeispiele (Repräsentant*innen) welche sich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt haben und ferner auch einen Eindruck in unsere persönlichen Inspirationsquellen.
Neben der Arbeit an den Übungen führen die Teilnehmer*innen ein Skizzenheft, darin werden ihre Arbeitsprozesse dokumentiert und ihre Ideen/Erkenntnisse festgehalten. Sie sind angehalten sich Gedanken über ihr «eigenes Bild» zu machen, was sie zum Ende der Woche ausführen können und fertigen dazu Ideenskizzen an. Zu Beginn der Woche findet eine kleine Materialkunde statt in der die Jugendlichen einen vorgefertigten Keilrahmen zusammenbauen und mit Leinwand bespannen lernen. Sie erlernen die Leinwand in mehreren Schichten sorgfältig zu grundieren, das Endprodukt verwenden sie zum Schluss der Woche als Träger für ihr eigenes Bild, was in Motiv und Technik frei wählbar ist.
Lernziele – Im Vordergrund steht das Erkunden und Experimentieren mit dem Material, das Aneignen der Malereitechnik (Pinsel auf verschiedene Träger wie Karton, Leinwand, Papier) und die Freude am Prozess. Dabei sollen die Jugendlichen längere Phasen des selbsttätigen Arbeitens erleben und von uns in ihrer Wahrnehmung und Selbstkompetenz individuell gefördert werden. Regelmässig finden wir uns auch im Plenum zusammen um Reflexionsprozesse anzustossen und miteinander Gedanken auszutauschen. Konkret geht es darum die Jugendlichen zu animieren sich mitzuteilen und Argumente zu formulieren, z.B.:»wie hast Du den Arbeitsprozess empfunden, wo gab es Schwierigkeiten, Grenzen..?» oder bei unserem Exkursionsnachmittag: «Welche Ausstellung hat Euch mehr zugesagt, warum?»
In der individuellen Betreuung zeigte sich viel Potential, beispielsweise erlebte es eine Teilnehmerin als grossen Erfolg (im Feedback von ihr beschrieben) als sie nach mehreren Versuchen und Vorzeigen meinerseits verstand, wie durch den Einsatz von Schattierung die Berge auf ihrem Bild eine plastischere Wirkung bekamen. Ausserdem lernte sie im 1:1 Austausch verschiedene Ansatzpunkte und Techniken kennen, wie das Problem auf verschiedene Weise bewältigt werden kann.
Die Arbeiten der Teilnehmer*innen wurden nicht beurteilt, mögliche Kriterien wurden aber teilweise in 1:1 Gesprächen während dem Arbeitsprozess thematisiert.
Kreative Arbeitsweisen sollen gefördert werden, die Jugendlichen sollen eine praxisorientierte Woche erleben die ihnen Mut macht ihre kreativen Skills zu verwenden und zu vertiefen. Durch den Besuch in einem Künstleratelier erhalten die Jugendlichen einen erweiterten Eindruck von künstlerischen Arbeitsprozessen und wie vielfältig diese eingesetzt werden können: z.B. Gestaltung Plattencover, Performance, Schaufenstergestaltung Hermès, klassische Ausstellungsformate in Galerien und Museen.
Kursprogramm – Wochenübersicht
Montagvormittag:
Empfang im Plenum, kl. Rundgang zum Oblichtsaal (7.Stock), Begrüssung im Kurs, Regeln und Zeiten3-4 kurze Zeichenaufgaben ins Heft (je 2-5 min) als Grundlage für die Vorstellungsrunde anhand der Zeichnungen, kleiner Austausch über Erfahrung und Wünsche. Kurze Vorstellung der KursleiterInnen, Überblick über den Wochenplan geben, kurze Einführung in die Malereigenres. Hausaufgabe für Dienstag ansagen: min. 3 bemalbare, interessante Gegenstände mitbringen für ein Stillleben. Ev. Einrichten des Arbeitsplatzes.
Montagnachmittag:
Portrait nach Spiegel ins Heft mit Farbstiften. Portrait auf Spiegel mit Ölfarben, allenfalls nur Schwarz/Weiss oder zweifarbig.
Dienstagvormittag:
Kleine Materialkunde parallel in 2 Gruppen: – Erste über Farben (Zeigen: Pigmente/Lösungsmittel/Bindemittel – Reinigung, Pinsel / Machen: Ölfarbe anreiben -Zweite über Träger (Zeigen: versch. Träger und Stoffe / Machen: Leinwand bespannen). Kurze Einführung zu Stillleben, danach Einrichten eines eigenen Stilllebens mit den mitgebrachten Gegenständen in einer Nische o.Ä., Komposition/Lichtsituation besprechen etc.
Dienstagnachmittag:
Umsetzung eines Stillleben-Gemäldes nach den Gegenständen auf Karton oder direkt auf die Gegenstände (Endprodukt: Foto) mit Acryl- oder Ölfarben (wasserlöslich)
Mittwochvormittag:
Kurze Einführung zu Landschaften. Entwerfen einer eigenen Landschaft als Skizze auf grosses Papier. Grosse gemeinsame Landschaft auf 8 m Papierstreifen an der Wand beginnen (Acryl).
Mittwochnachmittag:
Grosse gemeinsame Landschaft auf 8 m Papierstreifen an der Wand beenden (Acryl).
Donnerstagvormittag:
Kurze Einführung zu abstrakter Malerei, Übung von Assistentin auf Papier/ins Heft.
Donnerstagnachmittag:
Ausflug Galerie (Klodin Erb, Lullin&Ferrari), Ausflug Atelier (Patrick Graf).
Freitagvormittag:
Eigenes Wunschbild auf kl. Leinwand ohne Auftrag (Motiv/Technik offen).
Freitagnachmittag:
Eigenes Wunschbild auf kl. Leinwand ohne Auftrag (Motiv/Technik offen) beenden, Ausstellung einrichten / hängen.
Dienstag-Freitag parallel zum Rest: eigene Keilrahmen zusammensetzten, beziehen & grundieren
Reflexion – In den durchgeführten Übungen Selbstportrait im Spiegel und Stillleben-Gemälde möchte ich besonders auf das Potential der Wahrnehmungsschulung hinweisen. Auf den ersten Blick klingen die Übungen leicht aber bei der Durchführung tappt man schnell in Fallen. Wird zum Beispiel im Portrait auf Spiegel zu schnell zu viel der Fläche bemalt ist es unmöglich noch weiter an einem realistischen Portrait zu malen, die Vorlage ist weggemalt und das Portrait wird zur Karikatur oder Comic Charakter (was durchaus auch seinen Charme hat). Die Jugendlichen lernen, sofern sie diesem Umstand begriffen haben, also das genaue Beobachten im Spiegel. Da der Träger der Spiegel selbst ist gleicht die Übung einem Flächen ausmalen, das Gesicht muss nicht erst zeichnerisch oder durch ein Raster auf Papier erfasst werden und das hin-her schauen zwischen Vorlage und Bild fällt weg.
Im Stillleben-Gemälde geschieht etwas ähnliches: wird der Gegenstand zu schnell flächig bemalt verschwinden seine ganzen Farbabstufungen der Schattierungen. Es ist daher wichtig genau auf die verschiedenen Flächen, Formen und Farbverläufe zu achten, das «malerische Auge» wird so direkt geschult.
Diese Übungen können durchaus als advanced bezeichnet werden und nicht alle Teilnehmer*innen haben die Vorgehensweise erlickt. Es ist deshalb wichtig, dass die Aufgaben im Vorfeld klar erklärt und am besten vorgezeigt werden. Trotzdem wir so vorgegangen sind gab es zwei, drei Resultate die nicht im Sinne der Übung ausgeführt wurden, bei diesen Teilnehmer*innen hätten wir wohl zusätzlich Zeit investieren und die Arbeit als gescheitert erklären müssen beziehungsweise früh intervenieren und sie zu animieren noch einmal von vorne anzufangen.
Insgesamt war die Woche sehr lehrreich und intensiv, vor allem das individuelle Begleiten hat mir grosse Freude bereitet und die Teilnehmer*innen konnten entsprechend davon profitieren. Viele der Feedbacks erwähnten explizit, dass sie unsere Tipps und Unterstützung als hilfreich empfunden haben. Der Abschluss des Workshops mit der gemeinsamen Ausstellung war toll, zu sehen was innerhalb einer Woche alles entstanden ist erfüllte die Teilnehmenden wohl auch mit Stolz.