Von der Auslobung bis zur Jurierung
Das Praktikum fand mit einer Propädeutikumsklasse an der Schule für Gestaltung Basel im Fach Konzept statt. Thema war die Bewerbung in Form eines informativen Posters auf einen fiktiven Wettbewerb für eine künstlerische Intervention im öffentlichen Raum. Im Verlaufe des Praktikums setzten wir uns mit Wettbewerbsausschreibungen und deren Vorgaben, Strategien zur inhaltlichen Auseinandersetzung und Ideensammlung, mit künstlerischen Beispielen, sowie mit der Jurierung eines Wettbewerbs auseinander.
Link zu der Fachbeschreibung: https://www.sfgbasel.ch/vorkurse-propaedeutikum/vorkurs-vollzeit/
Inhalt
Als Ausgangspunkt diente eine fiktive Wettbewerbsausschreibung, die in reduzierter Form gängigen Ausschreibungen entspricht. Thema, formelle Vorgaben für die Wettbewerbseingabe, Deadline, Budget und eine E-Mailadresse für Rückfragen waren verbindlich formuliert. So waren z.B. wie bei einer «richtigen Ausschreibungen» nur rechtzeitig abgegebene Eingaben zum Wettbewerb zugelassen.
Den Schüler:innen wurde folgende Aufgabe gestellt:
- Eine Idee für eine künstlerische Intervention an dem für den Wettbewerb definierten Ort und zum vorgeschlagenen Thema zu entwickeln und
- die Umsetzung eines informativen Posters à ca. A1 (594x841mm) mit Text und Bild, welches die Idee der künstlerischen Intervention vermittelt.
Die Schüler:innen standen zu diesem Zeitpunkt vor Bewerbungen für Studienplätze oder Praktika. Der Umgang mit Bewerbungsverfahren und Vorgaben spielt in dieser Phase eine wichtige und vorbereitende Rolle: Muss ich die Abgabefrist einhalten? Wie kann ich Aufgaben interpretieren? Muss ich alle Vorgaben berücksichtigen? Welche Risiken kann ich eingehen? Wie vermittle ich meine Idee? Wie vermittle ich eine Stimmung?…
Anhand des konkreten Beispiels konnte der Verlauf von der ersten Idee bis zur Jurierung durchgespielt werden. Dadurch konnten die Schüler:innen überprüfen, ob es ihnen gelungen ist, ihre Anliegen zu vermitteln oder verstehen, woran sie scheiterten.
Gespräche, Humor und Eigeninitiativen: Ein reger Austausch über Beispiele, den eigenen Arbeiten (auch anderer Fächer), privaten Interessen etc. diente als wichtiger Grundpfeiler des Unterrichts. Durch die langen Einheiten à 4 Lektionen, konnten wir uns dafür Zeit nehmen, um über die Aufgabe hinauszuschauen und «fremde» Materialien miteinzubeziehen. Humor spielte über den ganzen Prozess eine wichtige Rolle. Besonders die Einstiegsübungen, die Exkursion und die abschliessende Sieger:innenehrung boten viel Platz zum Lachen und nahmen der Aufgabe ihren Ernst und förderten Kreativität und Austausch. Eigeninitiativen, wie das Bilden von Gruppen, zusätzliche Exkursionen, spontane Portfoliogespräche wurden von meiner Seite stets begrüsst, da dies Prozesse des künstlerischen und gestalterischen Arbeitens nahekommt.
Lernziele und Beurteilungskriterien
Lernziele
- Sich mit Abläufen von Bewerbungen und Wettbewerben vertraut machen.
- Strategien zur thematischen Auseinandersetzung und Ideenentwicklung kennenlernen.
- Öffentlicher Raum wahrnehmen, verstehen und darauf reagieren können.
- Diskurse zu künstlerischen Interventionen im öffentlichen Raum kennenlernen.
- Inhalte anschaulich vermitteln können.
- Den Prozess einer Jurierung kennenlernen.
Beurteilungskriterien
- Idee einer künstlerischen Intervention | 5 Punkte: Qualität der inhaltlichen und künstlerischen Auseinandersetzung mit der Wettbewerbsaufgabe.
- Prozess und Entwicklung | 5 Punkte: Tiefe der Recherche (vor Ort, mit künstlerischen Mitteln, inhaltlich…) und die Fähigkeit die Recherche in die Entwicklung der Idee und des Posters zu integrieren.
- Vermittlung / Poster | 8 Punkte: Gestalterische und vermittelnde Qualität des Posters.
- Einhalten von Abmachungen | 2 Punkte: Abmachungen werden, wie bei einer «echten» Wettbewerbseingabe eingehalten.
Ablauf
Das Projekt erstreckte sich über 5 Einheiten à 4 Lektionen. Während den ersten zwei Einheiten war ich wegen einer Quarantäneverpflichtung über einen Beamer in das Schulzimmer zugeschaltet.
- Einheit: Was ist eine künstlerische Intervention?
Zum Einstieg haben die Schüler:innen zu Begriffen und Beispielen zu Kunst und künstlerischen Interventionen im öffentlichen Raum recherchiert und sich im Rahmen eines Expert:innenpuzzles ausgetauscht.
Im Anschluss übten sie sich selber in künstlerischen Interventionen im und um das Schulgebäude. Sie konnten dabei auf Material eines schuleigenen Fundus’ und auf alle auffindbaren Materialien zurückgreifen. Ihre Inventionen hielten sie fotografisch fest.
Zudem wurde den Schüler:innen die fiktive Wettbewerbsausschreibung verteilt.
- Einheit: Auseinandersetzung mit dem Wettbewerbsthema und den Vorgaben
Die Schüler:innen hatten zu Beginn Gelegenheit die Wettbewerbsausschreibung mit mir zu besprechen. Im Anschluss begaben sie sich auf eine Exkursion an die Alemannengasse in Basel, worauf sich die Wettbewerbsausschreibung bezog. Ziel war es, sich vor Ort sinnliche Eindrücke der Alemannengasse zu sammeln und sich mit dem Wettbewerbsthema auseinanderzusetzen. Dafür formulierte ich verschiedene Strategien, die sie wahlweise anwenden konnten. Ihre Eindrücke hielten sie zeichnerische, schriftlich und fotografisch fest.
- Einheit: Entwicklung einer künstlerischen Intervention
Zu Beginn wurden das bisher gesammelte Material und die Eindrücke der Exkursion in der Klasse besprochen. Im Anschluss hatten die Schüler:innen Zeit, ihre Ideen für den Wettbewerb zu entwickeln. Einige Schüler:innen bildeten selbstständig Arbeitsgruppen, unternahmen erneut Exkursionen oder begannen zeichnerisch Ideen zu skizzieren. In Gruppengesprächen tauschten wir uns über Kunst im öffentlichen Raum, Poesie, Bewerbungsverfahren und natürlich ihren ersten Ideen aus.
Abschliessend fand eine Diskussion zu Silke Wagner münsters GESCHICHTE VON UNTEN statt. Eine Arbeit, die durch ihre starke Vernetzung mit zahlreichen Akteuren in der Stadt eine spannende Diskussionsgrundlage bietet.
- Einheit: Gestaltung eines informativen Posters
Die vierte Einheit war der Gestaltung eines informativen Posters gewidmet, welches als Eingabe auf den fiktiven Wettbewerb fungiert. Da die Schüler:innen sich im Rahmen anderer Unterrichtsfächer mit Layout, InDesign, Auslegeordnungen… bereits auseinandersetzen, konnten sie sehr selbstständig daran arbeiten. Dennoch war es von zentraler Bedeutung zu entscheiden, welche Informationen auf das Poster gehören.
- Einheit: Gemeinsame Jurierung – La Grande Finale!
Zu Beginn hatten die Schüler:innen Zeit, um ihre Poster aufzuhängen. In einer Diskussion einigten wir uns auf einen Jurierungsmodus und auf Kriterien, wonach wir die Jurierung ausrichteten. Zwei Schüler*innen übernahmen die Moderation der Jurierung und leiteten die Klasse von einem Schritt zu nächsten.
Zum Abschluss wurde eine Siegerin gekürt. Als Preis erhielt sie einen Gutschein, 2 mal die Note 6 und einen Blumenstrauss
Reflexion
Da die Schüler:innen an der Schule für Gestaltung bereits viel Erfahrung und Motivation mitbringen, ist es möglich, konzeptuell anspruchsvolle Aufgaben zu formulieren. Sie sind bereits geübt im Gestalten eines Arbeitsprozesses und schaffen es, die verschiedenen Fächer (Zeichnen, Farbe, dreidimensionales Gestalten, visuelle Kultur, Layout…) miteinander zu verknüpfen.
Deswegen versuchte ich in erster Linie eine arbeitsame Stimmung, einen Raum für Austausch und Entfaltung zu schaffen. In dem ich z.B. Moderationen abgeben, Gruppengesprächsformate oder eine Jurierung durchgeführt habe, aktivierte ich die Schüler:innen. Das führte zu einer schönen Arbeitsatmosphäre.
Die finalen Poster, welche sie als Wettbewerbseingabe gestalteten, wiesen in ihrer Qualität grosse Unterschiede aus. Trotz intensiver Gespräche schien es, als hätten einige nicht verstanden, welche Informationen für eine Wettbewerbseingabe relevant sind. So fehlten z.B. bei einigen grundsätzliche Angaben wie der Ort, die Grösse oder die Dauer der vorgeschlagenen künstlerischen Interventionen. Dies bot jedoch im Rahmen der Jurierung viel Anschauungsmaterial, um genau solche Themen an ganz konkreten Beispielen zu besprechen. Ich denke, dass die Schüler:innen – genauso wie ich – viel gelernt haben.
Das Projekt war sehr intensiv und als direkte Folge benötigen die Schüler:innen womöglich eine Pause. So könnte ich mir z.B. ein kurzes Spaziergangsprojekt vorstellen.