Der Kubismus schuf eine neue Denkordnung in der Malerei. Künstler wie Pablo Picasso und Georges Braque zerlegten Alltagsgegenstände und Körper und setzten sie auf der Leinwand, reduziert und von mehreren Perspektiven dargestellt neu zusammen. Diese neue Sicht auf die Welt, hatte einen grossen Einfluss auf die nachfolgenden Stilrichtungen der Kunst und das Design.
Inhalt
Das Thema Kubismus mit dem Fokus auf den analytischen Kubismus und den beiden Hauptvertreter Picasso und Braque, wurde von der Praxislehrperson vorgegeben. In erster Linie ging es darum, den SchülerInnen der Kantonsschule Sursee (4. Klasse Langzeitgymnasium), neue Darstellungsformen und Betrachtungsweisen von Körper und Gegenstände aufzuzeigen und ein Verständnis der analytischen Zerlegung und Neuzusammensetzung in der Zeichnung und Malerei zu vermitteln.
Ablauf
In der ersten Hälfte der 8 Doppellektionen, wurde im analytisch-kubistischen Stil gezeichnet und gemalt (5 Doppellektionen).
In der zweiten Hälfte wurden die SchülerInnen in eine selbstständige Arbeitsweise geleitet, in der sie experimentieren und über den analytischen Kubismus hinaus zum synthetischen Kubismus gestalten konnten (3 Doppellektionen).
Inputs über zeitgenössische Kunstschaffende im Bereich der Malerei, schlugen eine Brücke zur Gegenwart. Mit einem Moodboard wurden persönliche Eindrücke und Inspirationen gesammelt und am Schluss im Plenum besprochen.
Aufgabenstellung 1: analytisches Zeichnen
«Arrangiere mit deinen 3 Gegenständen ein Stillleben. Achte darauf, dass die Objekte nicht alle in einer Reihe angeordnet, sondern manche weiter vorne sind als andere und dadurch Tiefe entstehet. Fotografiere das Stillleben mit dem Handy von 2 Blickwinkeln ab. Zeichenvorlage ist jedoch das Stillleben auf dem Tisch. Zeichne einen A5-Rahmen in dein Skizzenbuch und skizziere darin zuerst das Stillleben schnell mit Fineliner oder Bleistift in realistischer Form ab (15 Minuten), um die Komposition zu bestimmen. Nehme nun ein A3-Acrylpapier und zeichne einen A4-Rahmen darauf (Endformat). Spalte in einem weiteren Schritt die Raumsituation auf. Zeichne mit Bleistift. Zersplittere Gegenstände und Raum und setzte alles wieder neu komponiert zusammen. Füge Elemente der darzustellenden Objekte ins Bild ein, die durch die Begrifflichkeit über die Gegenstände Auskunft geben (z.B. Krug = Öffnung, Henkel, …). Untersuche die Objekte von verschiedenen Seiten (Simultanperspektive). Verbinde Linien miteinander um mehr Spannung und Abstraktion zu erlangen. Achte jedoch darauf, dass die Gegenstände noch erkennbar sind. Schattierung braucht es keine.»
Aufgabenstellung 2: analytisches Malen
«Verwende deine Zeichenvorlage. Wähle eine reduzierte Farbpalette im Kalt-Warm-Kontrast. Male in analytisch kubistischer Weise, d.h. setze Kontraste um die einzelnen Formen voneinander abzuheben und eine klare Darstellung der Raumsituation zu verhindern. Sorge beim Betrachter/der Betrachterin deines Bildes, was die Räumlichkeit angeht, für Verwirrung. Vorder-, Mittel- und Hintergrund sollen optisch verschmelzen. Ziehe dort Konturen, wo etwas verdeutlicht werden soll.»
Aufgabe 3: der synthetische Kubismus
«Gestalte ein Selbstportrait. Anhand eines Gegenstandes deiner Wahl, zeigst du dich und dein Hobby. Wende für die Zeichnung die Technik des analytischen Kubismus an und ergänze sie mit Zeitungsausschnitten, Magazinausschnitten, Blätter, Karton, u.s.w. um die Materialität deines Gegenstandes oder den Inhalt deines Bildes zu verdeutlichen (z.B. Gitarre = Holz, Kochen = Ausschnitte von einem abgebildeten Rezept, Lesen = Zeitungsausschnitte, Schrift,..). Wähle selbst, was du auf dem Bild von deiner Person zeigen willst (Gesicht, Hand, nur ein Auge, Ohren, ganzer Körper,…). Die Farbigkeit ist losgelöst vom synthetischen Kubismus und darf frei interpretiert werden. Am Schluss haben alle mindestens eine A5-Collage. Es dürfen aber auch mehr sein.»
Beurteilung
Auf subjektive Kriterien wie «harmonisch», «stimmig» oder «schön» soll verzichtet werden, während der Fokus mehr auf den vermittelten Inhalt und den Prozess rücken sollte. Bewertet wurde das fertige Bild/die Malerei der Aufgabe 2.
Inhalt:
– Einsatz von kubistischen Stilmitteln wie: geometrische Flächen, Simultanperspektive Objektteile zersplittert und neu zusammengesetzt, wenig Räumlichkeit
– Erkennbarkeit des Dargestellten durch bewusst eingesetze Objektteile
– Vollständigkeit
Komposition:
– Gegenstände bewusst und harmonisch ins Bild gesetzt.
– dynamische Wirkung (Diagonalen, schiefe und unregelmässige Formen, Verteilung der Farbe auf dem Bild)
Malerei:
– reduzierte Farbpalette im kalt-warm- und hell-dunkel-Kontrast
– Flächenkontraste
– Klare Formen und Kanten
Handwerk:
– Pinselführung
– Qualität der Farbmodulation
– Sorgfalt
Reflexion:
Die Arbeiten der SchülerInnen zeigen, dass die Hauptmerkmale des Kubismus verstanden wurden. Bei den ersten Übungen beurteilten manche Lernende ihre ersten Versuche noch mit «beliebig», «nicht schön» oder «nicht korrekt». Mit Theorie, Beispielen und praktischen Übungen, konnten sich die SchülerInnen vom Gedanken des «Schönen» etwas lösen und wandten die erlernten Methoden des Kubismus auf ihre eigene Arbeitsweise an.
Der Aufbau der Lektionen und die Reihenfolge der Aufgaben erwies sich als sinnvoll, jedoch zeitlich als eher knapp. Die letzte Aufgabe der Collage, die anfänglich 6 Lektionen dauern sollte, wurde auf 4 Lektionen reduziert.
Literatur für den Theorieunterricht:
Kosmos Kubismus – Von Picasso bis Léger, 2019, Brigitte Leal, Christian Briend, Ariane Coulondre, Hirmer Verlag GmbH
Kubismus, 2019, Anne Gantefuehrer Trier, Taschen Verlag
Einführung in die Farbenlehre, 2. Auflage, 2017, Harald L. Küppers, DuMont Buchverlag
Die zerrissenen Jahre – 1918-1938, 2016, Philipp Blom, dtv Verlag