Abstract
Kollaboration: Nicht nur in der Kunst wird das Zusammenarbeiten seit langer Zeit geschätzt, sogar die Businesswelt versucht heute die Kollaboration als ihre neuste Innovation zu claimen.
In diesem Projekt entwickeln die Sus ein kollaboratives malerisches Projekt inspiriert in der kollaborativen Arbeitsweise von Lipp&Leuthold: Bestimmt eigene Spielregeln und Ausdrucksformen. Seit nebeneinander, gegeneinander oder miteinander gestalterisch aktiv. Ihr könnt dabei einen Dialog führen oder aber auch das gemeinsame Arbeiten thematisieren. Das Projekt muss in der zur Verfügung stehenden Zeit und im Rahmen des Unterrichts realisiert werden können. Das Konzept muss schriftlich ausformuliert und der Prozess muss dokumentiert werden.
Abgaben: Konzept, Reflexion, Selbstbewertung
Voranalysen
Die Klasse von 21 Personen an der GBMS in Zürich sind zwischen 17 und 27 Jahre alt. Sie haben ganz unterschiedliche Arten von Vorwissen, kommen aus verschiedenen Berufen und die Klasse ist auch in ihren Interessen sehr divers. Kollaboratives Malen bietet ihnen eine freie und verspielte Möglichkeit, sich dem Medium anzunähern und vorherrschende Hemmungen gegenüber der Technik zu verlieren.
Ablauf
Tag 1 – Kennenlernen und Einführung ins Thema
Mit einer Präsentation stellte ich zuerst mich und den allgemeinen Ablauf des Projektes vor. Im Anschluss daran zeichneten sie etwas, das ihnen wichtig ist, was sie brauchen könnten um sich vor zu stellen.
Nach einer kurzen Vorstellungsrunde wurden sie aufgefordert, ihre Zeichnung jemandem anders weiter zu geben. Diese Person sollte dann die Zeichnung ergänzen. Als wir uns dann mit denn bearbeiteten Zeichnungen wieder trafen besprachen wir die Autorenschaft der Bilder. Wem gehört dieses Bild jetzt? Wie hat es sich angefühlt, es zur weiterzugeben?
Im Anschluss daran zeigte ich ihnen verschiedene Künstlerische Positionen, die ein möglichst breites Spektrum an kollaborativen Möglichkeiten aufzeigten. Von aktivistischen Gruppierungen über Partizipative Werke hin zu Lipp&Leuthold. Letztere erhielten in diesem Projekt besondere Aufmerksamkeit weil sie einerseits auch kollaborativ Malen, andererseits weil ich denke, dass ihre spielerische und doch suchende/forschende Arbeitsweise sich sehr eignet, um Sus von diesem heiligen Idealbild der Malerei zu lösen.
Im Anschluss daran legten wir grosse Stücke einer Papierrolle auf den Tischen aus, und die Sus sollten alle 21 gemeinsam Malen. Dies geschah zuerst sehr rücksichtsvoll, gegen Ende etwas wilder. Ziel war es auch, möglichst viele der bereitgelegten Malutensilien auszuprobieren. Schon hier hatten einige die Actionpainter*in in sich entdeckt und einen mit Farbe gefüllten Balloon an einem Stromkabel befestigt. Zur Hilfe hatten wir während dem Input zu Lipp&Leuthold begriffe auf kleine Zettel geschrieben, die uns aufgefallen sind. Diese konnten wir aus einer Box ziehen, wenn gerade die Inspiration fehlte.
Zum Schluss hängten wir die Bilder übereinander an der Wand auf und besprachen auch hier wieder die Autorenschaft des Entstandenen.
Tag 2 – Vertiefung ins Thema, Gruppenbildung, Konzept
Das letzte mal haben wir gemeinsam beschlossen, dass wir zum Einstieg ein Cadavre Exquis machen wollen. Diese Übung kam gut an und ich denke es hat Spass gemacht. Zum Schluss haben wir wieder über die Autorenschaft dieses Werkes gesprochen. Ich bekam noch das Feedback von Jpg, dass es hier auch spannend gewesen wäre, nicht ein klassisches Kopf-Körper-Beine Cadavre zu machen, sondern beispielsweise die Regel zu setzen, dass eben keine Körperteile gezeichnet werden dürfen.
Danach fasste ich nochmal den Input vom letzten Mal zusammen und zeigte ihnen dann weitere kollaborative Beispiele, diesmal spezifischer auf die Malerei ausgerichtet. Roth/Hamilton, 3 Hamburger Frauen, Allan Wexler und die kollaborativ-malerische Praxis des Martu Stammes. Das Ziel war es, weitere Möglichkeiten der malerischen Zusammenarbeit aufzuzeigen und für ihr eigenes Konzept, dessen Fokus auf der Kollaboration liegen sollte, zu bieten.
Danach hatten sie Zeit, in den Gruppen, die sich ganz autonom schon gebildet hatten und deren grösse sie selbst bestimmen konnten, ihr Konzept zu schreiben. Zuvor haben wir noch kurz besprochen, was alles in ein Konzept gehört. Vor allem war mir wichtig, dass sie alle Entscheidungen zu begründen versuchen.
Zum Schluss stellten sich die Gruppen noch gegenseitig ihre Konzepte vor, so dass sie das Feedback noch mit einarbeiten konnten, wenn sie das wollten. Ich war begeistert über das Feedback, dass sich die Sus gegenseitig gaben. Die Klasse wahr wahnsinnig aufmerksam, einfühlsam, kritisch und interessiert.
Tag 3 – Start der Malerei
In meinem Start Input stellte ich heute einen Vorschlag für Bewertungskriterien vor. Da die Klasse schon älter ist und ich sie in den letzten zwei Tagen als verantwortungsbewusst und interessiert wahrgenommen hatte, wollte ich ihnen grossen Einfluss auf das Bewertungsverfahren lassen. (In der kommenden Woche hatten die Praxislehrperson und ich dann beschlossen, dass dieses Projekt sich gut eignet um sie sich selbst bewerten zu lassen, mit schriftlichem Feedback von mir und mündlichem Feedback von der Klasse und Lehrpersonen als Basis)
Danach ging es schon los mit dem selbstständigen Arbeiten. Alle sechs Gruppen hatten sehr unterschiedliche Konzepte und auch verschiedenen Unterstützungsbedarf. Meine Praxislehrperson hat mich da sehr gut unterstützt, so dass, glaube ich, alle die es brauchten das Material und die Hilfestellung bekommen konnten, die sie brauchten. Ich habe unter anderem viel Zeit mit der Gruppe verbracht, die zum ersten Mal Ölmalerei ausprobieren wollten und mit denen, die sich mit ihrem Konzept noch nicht sicher fühlten.
Tag 4 / 5 – Selbstständiges Arbeiten
Usprünglich wäre das schon der zweitletze Nachmittag gewesen. Meine Praxislehrperson und ich haben aber entschlossen, die Klasse zu fragen, ob sie noch einen weiteren Nachmittag hinzufügen wollten. Dieser Vorschlag wurde einstimmig angenommen.
Die Sus haben in diesen zwei Tagen sehr selbstständig und konzentriert gearbeitet. Ich habe mich fast etwas ungebraucht gefühlt. Gleichzeitig war ich sehr stolz über ihre Motivation.
In dieser Zeit habe ich versucht, die einzelnen Gruppen individuell zu unterstützen.
Tag 6 – Präsentationen und Selbstreflexion
An diesem letzten Tag haben die Gruppen ihre Arbeit Präsentiert. Zuerst hatten sie Zeit, ihre Werke bereit und auszustellen. In der Präsentationerklärten sie ihr Konzept, was gut gelang und was Schwierigkeiten waren und ihre Zusammenarbeit. Besonders begeistert war ich darüber, wie effektiv und auch kritisch sich die SuS gegenseitig Feedback gaben. Dieses Feedback wurde für jede Gruppe von einer Protokollschreiber*in festgehalten und konnte so einfacher in die Reflexion mit eingebunden werden.
Im Anschluss hatten die SuS noch Zeit, ihre Selbstbewertung in einem Vorbereiteten Raster auszufüllen und der Dokumentation anzufügen.
Abgabe der Dokumentation
Die Vorgabe für die Abgabe war nur, dass die Gruppen ihr Konzept, eine Reflexion des Projektes und ihre Selbstbewertung abgeben mussten. Die Gruppen haben aber selbstständig ganze Dokumentationen erstellt, etwa so, wie sie es dann auch in ihrer Berufsmaturitätsarbeit machen werden müssen.
Viele hatten auch ihren Prozess dokumentiert, einige haben sogar ganze Zeitpläne erstellt.
Ich bin sehr stolz auf sie, und habe ihnen das auch in meinem Feedback mitgeteilt und dies zum Anlass genommen, ihnen auch schon Tipps für die Dokumentation ihrer BMA zu geben.
Eindrücke aus den Prozessen
Reflexion
Die sechs Tage waren ziemlich straff für dieses Unterrichtsprojekt. Einige Gruppen hatten sich grosse Projekte vorgenommen, die sie trotz Zeitdruck motiviert und erfolgreich umgesetzt haben.
Ich glaube, das Thema «Kollaborative Malerei» hat sich für diese Klasse sehr gut geeignet. Sie waren sehr konzentriert und interessiert und es hat gewirkt, als hätte es Vielen auch Spass gemacht.
Anfangs waren einige noch etwas misstrauisch gegenüber der Idee, in Gruppen ein malerisches Werk umzusetzen. In ihrer Zeit an der BMS war dies auch das erste mal, dass sie malten. Doch rückgemeldet wurde von einigen, dass sie erstaunt darüber waren, wie es doch möglich war ihre eigenen Interessen und Arbeitsweisen in das kollaborative Werk einzubringen.
Für mein nächstes Praktikum nehmen ich mir vor, meine Inputs kürzer zu gestalten. Diese waren zu lange, teilweise 30 Minuten. Solange kann sich niemand konzentrieren, und ich möchte ja möglichst, dass was hängen bleibt. Da ich in Praktikums halt nich so lange da bin, muss ich mich aufs wesentliche konzentrieren. Ebenfalls möchte ich an meiner Körperhaltung und meiner Präsenz im Raum arbeiten und mich dynamischer verhalten.
Ich bin super glücklich über dieses Praktikum und war ein bisschen traurig, diese Klasse so schnell schon wieder zu verlassen.