Entwurf für ein grossformatiges Graffiti zum Thema Klima
Abstract – Die SuS entwickeln für eine Gebäudefassade nahe der Schule ein ein Wandbild zum Thema Klimakrise, dabei werden im Unterricht Bezüge zur zeitgenössischen Künstlerpositionen wie Julien Charrière hergestellt. Dabei spielt der Reflexionsteil eine wesentliche Rolle. Neben dem Entwurf des Wandbildes (Bildentwicklung) skizzieren die Schüler*innen das Gebäude für welches das Graffiti geschaffen werden soll (Übung Perspektive, freihand zeichnen). Das Bild wird in der Skizze als Zeichnung integriert um die Grössenverhältnisse und Wirkung sichtbar zu machen.
Sach- und Begründungsanalyse – Die Unterrichtseinheit verlief über 8 Doppellektionen und wurde mit einer 1. Klasse am SBW EuregioGymnasium in Romanshorn durchgeführt. Im Projekt Klimakrise und Streetart beschäften sich die SuS inhaltlich mit dem brisanten Thema der Klimaveränderung, sie setzen sich mit Fragen zur Auswirkung auf den Menschen und Umwelt auseinander und beleuchten insbesondere die Rolle der Menschen als Verursacher von komplexen Problemen. Der Begriff Klimakunst wird erläutert und mittels einem Videoausschnitt (Klimawandel in der Kunst – Es gibt noch viel zu tun, Sternstunde Kunst, 5.7.2020) veranschaulicht. Die Kernaussagen einiger Protagonisten (Harald Welzer, Soziologe und Sozialpsychologe, Julien Charrière, zeitgenössischer Schweizer Künster, Jonathan Safran Foer, US-amerikanischer Schriftsteller) werden einander gegenüber gestellt und diskutiert. Der Reflexionsteil, die individuelle und intellektuelle Auseinandersetzung mit dem Thema haben einen hohen Stellenwert, die Schüler*innen werden durch gezielte Fragestellungen, Diskussionen in der Kleingruppe und Teamarbeit dazu angeregt ihre Gedanken zum Thema zu formulieren, sich zu hinterfragen und sich mit innerhalb der Klasse darüber auszutauschen. Als Ausgangslage für die Entwicklung einer eigenen Arbeit wird die Erscheinung der Thematik in der Sparte Streetart beleuchtet. Die SuS erhalten einen Einblick aktuell schaffender Graffitikünstler wie Blu, Pejac, Banksy. Zugleich wird die Entstehung der Streetart miteinbezogen: Die SuS lernen Diego Rivera und den Muralismus kennen und damit die Verwendung von Wandbildern für politische Zwecke. Desweiteren wird in einer weiteren Videosequenz Martha Cooper vorgestellt, welche mit dem Buch Subway Art die Graffitiszene aus New York in den 70er und 80er Jahren fotografisch dokumentiert hat.
Lernziele – Die SuS verwenden die Technik des Skizzieren und Zeichnens für die eigene Bildentwicklung, gearbeitet wird mit Bleistiften, Filzstiften und Farbstiften auf A3 Format. Das Motiv wird für das Silogebäude nahe dem Schulgelände im Hafen von Romanshorn angefertigt. Das Projekt orientiert sich in der Thematik an der Lebenswelt der SuS. Mit der Bezugnahme auf ein reales Gebäude in der Nähe der Schule und dem Umstand, dass es immer mehr Auftragsarbeiten für Wandbilder dieser Art gibt soll sich den Schüler*innen die Sinndimension des Projektes erschliessen. Die Erstellung einer freihand Gebäudeskizze (Skizzieren draussen vor Ort) dient zur Übung des freihand Zeichnens und der sachgerechten Anwendung der Perspektive. Die Schüler*innen werden dabei gemäss individuellem Lernstand betreut. Das Integrieren des entwickelten Motivs in der Gebäudeskizze zum Schluss dient zur Veranschaulichung. Sie fördert die Transformation von Idee zur Umsetzung, welche im Arbeitsalltag gestalterischer Berufe nach wie vor gefragt ist.
Lernziele in Stichworten:
Sozial, Gesellschaftlich, Politisch
– Auseinandersetzung mit der Wirkung von Bildern auf die Gesellschaft
Wichtigkeit. Was können Bilder, wo liegen ihre Grenzen?
– Politische Dimension in Kunst und Street Art – diskutieren, argumentieren, reflektieren
Kognitiv/Kreativ, Technisch
– Anliegen in zeichnerische Sprache übersetzen
– Motiv aussagekräftig und auf das Wesentliche reduziert darstellen können.
– Vorstellungskraft Dimensionen von entwickeltem Motiv (klein) und Umsetzung (gross)
– Vermögen Idee und Umsetzung bildhaft zu veranschaulichen
– Korrekte zeichnerische Darstellung (freihand) einer Situation und Teile ihrer Umgebung
Beurteilungskriterien: |
Das Motiv ist aussagekräftig gewählt und die Bedeutung des Anliegens ist ersichtlich. |
Das Motiv weist in der zeichnerisch, malerischen Ausführung eine hohe Qualität auf. |
Mittels der Skizze mit integriertem Motiv wird eine Umsetzung und ihre Wirkung gut vorstellbar. |
Die Darstellung des Gebäudes ist Freihand und in der Perspektive korrekt dargestellt. |
Die Ausführung der Gebäudeskizze mit Motiv ist visuell ansprechend gestaltet. |
Eigenes Kriterium: |
Die Beurteilungskriterien werden in Anzahl Punkten zwischen 1 – 10 bewertet. Die SuS wählen zudem ein eigenes Kriterium welches ihnen für ihre Arbeit angemessen erscheint. Sie lernen die Stärke ihrer Arbeit einzuschätzen und können der Bewertung so einen eigenen Anteil hinzufügen.
Ablauf – Gestartet wird mit einer Einführung zur zeitgenössischen Graffitikunst zum Thema Klima (Powerpoint Präsentation). Es folgt eine Sequenz der Begriffsklärung: Was wird unter Streetart, Klima, Graffiti, Streetart for Future von den SuS verstanden? Offenes Brainstorming im Plenum. Die SuS erhalten im Anschluss das Auftragsblatt. Sie fertigen erste Skizzen an und tauschen ihre Gedanken zum Thema aus.
In der zweiten Doppellektion wird draussen im Gelände des Hafens Romanshorn das Silogebäude skizziert. Für diejenigen welche sich im Anwenden der Perspektive unsicher fühlen, gibt es eine kurze Extraeinführung zur 2-Fluchtpunktperspektive.
Im weiteren Verlauf der Unterrichtseinheit arbeiten die Schüler*innen individuell daran die Gebäudeskizze fertigzustellen sowie die eigene Graffiti Bildidee zu entwickeln. In der Regel gibt es zum Anfang der Lektion einen der bereits beschriebenen filmischen Inputs, eine Powerpoint Präsentation oder kurze Gruppenarbeit als Reflexionsteil.
In der vierten Doppellektion finden kurze Einzelgespräche statt damit der Stand der Arbeiten klar ersichtlich wird und allfällige Fragen und Probleme seitens der SuS besprochen werden können.
Zum Ende der Unterrichtseinheit integrieren die SuS das fertige Motiv in der Gebäudeskizze. Es werden zwei Blätter abgegeben: Eine detailiert ausgearbeitete Bildidee und die Gebäudeskizze mit integriertem Motiv.
Brainstorming von Schülern zur Begriffsklärung
Reflexion – Insgesamt ein sehr gelungenes und vielfältiges BG-Projekt was der Altersstufe der SuS gerecht wurde. Das Interesse am Thema konnte geweckt werden und ich hatte den Eindruck, dass dies umso leichter gefallen ist, da die Klimakrise ein gegenwärtiges Thema der Jugend trifft, wenngleich sich nicht alle im selben Masse dafür interessieren und sich engagieren. Die Verknüpfung mit Streetart und Graffiti hat einen weiteren Anreizpunkt geschaffen, insbesondere dünkte mich auch das Interesse und Einsatz der männlichen Schüler aussergewöhnlich. Es sind tolle Arbeiten entstanden, eine überwiegende Zahl der SuS arbeitete über die gesamte Zeitspanne konzentriert, fokussiert und mit Ausdauer an ihren Arbeiten. In den Diskussionsrunden wirkten die SuS aufgeweckt und interessiert und beteiligten sich meist unaufgefordert.
Die Lernstände der SuS waren sehr unterschiedlich. Einigen SuS fehlte es an Selbstvertrauen sich an die perspektivische Darstellung des Gebäudes zu machen und benötigten besonderen Zuspruch, es war für sie eher ungewohnt freihand ein Gebäude zu zeichnen. Das Thema der Perspektive löste bei vielen eine Art Schrecken und Resistenz aus. Durch gezielte Tipps und Hilfestellungen kamen auch diese Schüler*innen allmählich ins Zeichnen und zu überraschenden Resultaten. Bei einer erneuten Durchführung würde es sich sicher lohnen die Einführung ins perspektivische Freihandzeichnen etwas auszudehnen und im Vorfeld Übungen dazu zu machen.
Gerne hätte ich in der Unterrichtseinheit auch das Hintergrundwissen noch etwas vertiefter behandelt, zum Beispiel indem wir die Sendung Sternstunde Kunst in Gesamtlänge zusammen angeschaut hätten. Dafür blieb in den 8 Doppellektionen zu wenig Zeit und ich konnte deshalb nur Sequenzen der Sendung zeigen. Ich denke für die Auseinandersetzung mit dem Inhalt braucht es auch Phasen der Reflexionszeit in der von Aussen gesehen nicht viel passiert, dafür im Innern umso mehr. Mir persönlich ist es ein Anliegen, dass die SuS lernen ihre Gedanken mitzuteilen und Raum dafür bekommen sich intensiver mit einer Fragestellung auseinanderzusetzen. Im kreativen Schaffensprozess darf auch im Kontext der Schule einmal «Stille» herrschen. Ich werde versuchen das im Hinterkopf zu behalten und Gefässe zu schaffen in denen das bei längerem Begleiten einer Klasse möglich wird.