Abstract Ich hinter der Maske 2021
Die Coronapandemie prägt auch den schulischen Alltag. Der Fokus bei diesem Praktikum lag, nebst Einbettung der Farbenlehre, stark auf der inhaltlichen Thematik, wie Corona unsere Gesellschaft verändert hat. Die Schülerinnen einer reinen Mädchenklasse des 1. Kurzzeitgymnasiums näherten sich dem komplexen Thema mit verschiedenen Herangehensweisen individuell, sowie auch durch eine Gruppenarbeit an. Im ersten Teil des neunwöchigen Projekts bemalten die Schülerinnen eine Maske mit einer Emotion, die sie nach der inhaltlichen Recherche zum Thema Corona mit der Situation in Verbindung brachten und im zweiten Teil drückten sie in grossen Malereien gestisch und abstrakt diese Emotion aus. In einer abschliessenden fotografischen Inszenierung wurden alle Einzelaspekte zusammengebracht.
Begründungsanalyse
In diesem Praktikum hatte ich sehr viele Möglichkeiten, einzig sollten die Farbenlehre und Malerei darin Platz finden. Die Coronapandemie zu thematisieren, das habe ich mir anfangs lange überlegt, weil ich mir nicht sicher war, ob die Schüler*innen die Nase voll von diesem Thema hatten, oder ob sie gerade weil diese Krise omnipräsent ist, eine Plattform brauchen könnten, um sich damit auseinanderzusetzen und ihren Gedanken und Emotionen dazu Luft zu verschaffen. Ich entschied mich, es zu wagen und stiess auf sehr lebhaftes Interesse. Der BiG-Unterricht wurde so nicht nur gestalterisch genutzt, sondern bot die Möglichkeit, von Befürchtungen, Frustrationen usw. zu erzählen und diese in die Arbeit mit einfliessen zu lassen. Dies schätzte die Klasse sehr und die Resonanz zeigte mir, dass die Coronapandemie unbedingt im Schulalltag Platz haben sollte. Besonders wichtig in diesem Zusammenhang ist auch das Fördern von einer Medienkompetenz (kritisches Hinterfragen von kursierenden Informationen zu Corona).
Inhalt und Ablauf
Sachanalyse und Einbettung im Unterricht
Die Farbenlehre war am Anfang des Projekts zentral. Welche Aspekte der Farbenlehre erachte ich als besonders relevant im Zusammenhang mit dem Projekt? Was sollen die SuS davon mitnehmen? Der Input zur Farbenlehre wurde vom Workshop «Farbenlehre» der Netzwerkwoche mit der ZHdK inspiriert, sowie auch durch ein direktes Gespräch mit Jean-Pierre Grüter. Wichtig dabei war für mich, dass die Klasse sich bewusst machte, dass es eigentlich gar keine Farben auf der Welt gibt, sondern elektromagnetische Strahlen, die vom Gehirn in Farben umgewandelt werden. Die vielen vorherrschenden Farbsysteme und Farbenkreise zeigten mir auf, wie unterschiedlich Farben erklärt und zueinander in Beziehung gesetzt werden. Ich entschied mich für einen Vergleich vom bekannten und oftmals im Unterrichtskontext verwendeten Farbkreis von Johannes Itten und dem von Harald Küppers, der damit eine berechtigte Kritik an Itten anbringt. Zusätzlich zeigte ich zu Beginn Newtons Farbkreis und Goethes.
Gezeigte und diskutierte Farbkreise (bzw. Farbsechseck)
2. und 3. Doppellektion
Die Coronapandemie nahm sehr viel Raum in der vergangenen Zeit ein und die Informationen, die im Internet kursieren, sind sehr widersprüchlich und komplex. Damit sich die Klasse einen Überblick verschaffen konnte, wählte ich vier unterschiedliche Schwerpunkte aus, in die sie sich inhaltlich vertiefen konnten. Jede Gruppe präsentierte ihren Schwerpunkt in der darauffolgenden Doppellektion im Plenum und eigene Gedanken und Fragen dazu. Der Gesamtschwerpunkt des Praktikums lag vor allem auf den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen von Corona, einer kritischen (mehrperspektivischen) Haltung und dem Transfer in eine gestalterische Arbeit.
4. und 5. Doppellektion
Dann ging es besonders um technische Skills, insbesondere das Skizzieren der Mund/Nasenpartie und das Mischen einer lebendigen Hautfarbe. Dazu erhielten die SuS verschiedene Anregungen im Unterricht, die Resultate wurden gemeinsam besprochen und die Kriterien dienten als Orientierung. An der Tafel zu Beginn jeder DL standen jeweils drei Unterrichtsziele, damit die SuS schauen konnten, wie weit sie schon waren und was noch fehlte. Die Schülerinnen zeichneten auf A3 Papier mit Kohle die Mund/Nasenpartie und machten verschiedene Kurzübungen, um die Wahrnehmung dabei mehr ins Zentrum zu rücken (Blindzeichnung, schnelles Erfassen der Form usw.). Bevor sie die Masken mit einem häufigen mittleren Hautfarbton grundierten, stellten sie ein Malprotokoll her, in dem sie verschiedene Farbmischungen festhielten.
6. Doppellektion
Das Bemalen der Masken stellte für die meisten eine grosse Herausforderung dar, da sie sich gleichzeitig auf unterschiedliche Aspekte einlassen mussten: Die Lebendigkeit der gemischten Hautfarbtöne, eine erkennbare Emotion, die Räumlichkeit der Mund/Nasenpartie sowie die technische Sorgfalt (das letzte Kriterium wurde später weggelassen). Eine zusätzliche Schwierigkeit war es, auf Stoff zu malen, der dann auch dreidimensional funktionieren musste. Maria Lassnig wurde als Künstlerin mehrfach aufgegriffen und ihre Selbstportraits dienten hier in verschiedenen Punkten als Inspiration. Durch kurze Sichtungen im Plenum wurde diskutiert, welche Masken schon eine Emotion ausdrückten und wo es noch Verbesserungspotenzial gibt.
7. und 8. Doppellektion
Nach der Abgabe und Rückgabe der Masken und der Arbeitsbücher folgte der zweite Teil einer grossen abstrakten Malerei. Dafür vertiefte sich die Klasse in Werke von verschiedenen KünstlerInnen des abstrakten Expressionismus. Ziel dabei war es, einerseits einen Abstecher in die Kunstgeschichte zu machen, aber insbesondere zu beobachten und zu benennen, was der Farbauftrag, die Farbwahl usw. für einen Einfluss darauf haben, wie das Bild emotional wahrgenommen wird. In der nächsten Doppellektion malten die Schülerinnen verschiedene Hintergründe, gaben sich gegenseitig Feedback und es wurden gestalterische Lösungen gesucht, wie die selbstgewählte Emotion (Neutralität, Verwirrtheit, Trauer…) am besten rüberkommt. Der malerische Hintergrund wurde gemeinsam mit der Maske in die Fotografische Inszenierung mit einbezogen.
9. Doppellektion
In der letzten DL gab es einen Kurzinput zur Fotografischen Inszenierung. Die Klasse arbeitete in Dreier oder Vierergruppen und erarbeitete zuerst eine kurze Ideenskizze. Danach wurden verschiedene Posen, Positionen usw. eingenommen und fotografiert. Die Schülerinnen konnten hier viele eigene Ideen einbringen, wie z.B. den «Durchbruch» durch das Bild hindurch oder das Verwenden von Attributen (Taschentuch).
Grobplanung:
Feinplanungen (eine Auswahl):
Lernziele
Siehe Feinplanungen (pro DL jeweils 3 Ziele)
Beurteilungskriterien
Maske:
· Räumlichkeit
· Farbigkeit der Haut
·(Sorgfältigkeit der technischen Umsetzung)
· Erkenntnis Mimik
Abstrakte Hintergrundmalerei:
· Bildkomposition: Die Bildkomposition passt zur ausgewählten Emotion.
· Farbkontrast: Die verschiedenen Farben wurden selbst gemischt und stimmungsvoll zur Emotion eingesetzt.
· Farbauftrag: Der Farbauftrag widerspiegelt die Emotion und wirkt lebendig (nicht eintönig alles gleich auf die Bildfläche gepflastert oder wässrig gemalt)
· Varianten: Es wurden verschiedene Kompositionen, verschiedene Farben und Farbaufträge ausprobiert. Die ausgewählte Komposition passt am besten zur Emotion.
Fotografische Inszenierung:
· Qualität der Reflexion (Auseinandersetzung)
· Lesbarkeit des emotionalen Ausdrucks durch das Zusammenspiel der drei Bildkomponenten (Maske, Pose, Hintergrund)
· Stimmiger Gesamteindruck
· Originelle und sorgfältige Inszenierung (Bildausschnitt, Blickrichtung, Ansicht, Perspektive)
· Vielfältigkeit/Ideenreichtum (versch. Posen, Inszenierungen etc. ausprobiert und
dokumentiert
Reflexion
Dieses Unterrichtsprojekt war vom Inhalt, wie auch von den verschiedenen Herangehensweisen gesehen sehr anspruchsvoll. Von den Schülerinnen wurden viele Kompetenzen gefordert, wie zum Beispiel, ihre Arbeit zu dokumentieren (Die Klasse ist sich das in einem einfacheren Rahmen gewohnt, ausserdem wurde die Dokumentation zuvor noch nicht beurteilt), auf Stoff mit selbst gemischten Hautfarbtönen zu malen (Die Klasse kam zum ersten Mal mit Farbenlehre und Malerei in Berührung) und auch medienkritisch mitzudenken und recherchiertes Material zu präsentieren. Diese Vielfalt und die hohen Anforderungen empfinde ich rückblickend einerseits als sehr positiv, weil es den Schülerinnen verschiedene Facetten eines sehr komplexen Inhalts aufgezeigt hat, an den sie sich mehrperspektivisch heranwagten und die Beurteilung sich auf sehr verschiedene Kompetenzen aufgliederte. Andererseits gab es wenig Zeit für Vertiefung zum Beispiel im neuen Medium Malerei. Der überwiegende inhaltliche Fokus war aber im Vorfeld auch so geplant. Bei den beiden Beurteilungen kam ich den Schülerinnen entgegen und strich auch ein Kriterium, dass sie in der kurzen Zeit gar nicht gross mit einbeziehen konnten. Die Motivation der Schülerinnen war durch das sehr aktuelle Thema und die Möglichkeit, viel von sich selbst mit einbringen zu können bis am Schluss sehr hoch.