Heimat
johnny the horse Heimat, Identität, Selbstfindungs- und Selbstbefragungsprozess Dokfilm, Film, Konzept, Mockumentary, Moodboard, Storyboard, Treatment
Was ist Heimat? Ist es der Geschmack von frisch gemähtem Gras? Der frischgebackene Kuchen der Grossmutter oder doch das Quietschen der Kellertür, die man schon lange einmal ölen müsste? Ist es der Lippenstift der besten Freundin oder das Swimmingpool des Nachbars? Ist es ein Ort, eine Person, ein Geräusch, ein Duft, ein Geschmack, ein Bild, ein Gefühl oder ein Gedanke?
Die Unterrichtssequenz erstreckte sich über 25 Lektionen von Anfang Semester im August bis Ende November à jeweils einer Doppellektion und einer Einzellektion. Die Klasse war gemischt aus einer fünften und sechsten Klasse Langzeitgymnasium im Schwerpunktfach Bildnerisches Gestalten. Das Projekt war unterteilt in zwei Etappen. Die erste Etappe bestand aus diversen theoretischen Inputs und praktischen Übungen zu Einstellungsgrössen, Kameraarbeit und Genres im Medium Film. Gleichzeitig fand eine individuelle Recherchearbeit zum persönlichen Heimatbegriff statt. Die Klasse war sich Hausaufgaben gewohnt und so fand die Recherche grösstenteils ausserhalb der regulären Schulzeit statt. Die Ergebnisse wurden dann im Unterricht in Form eines Treatments, Storyboards und Moodboards verarbeitet und zu einem Konzept für einen tonlosen Kurzfilm entwickelt. Dieses Konzept wurde den Mitschülerinnen vorgestellt und von denselben juriert. In einem zweiten Schritt innerhalb des Projekts wurden in Form von Gruppenarbeiten fünf Projekte weiterentwickelt und in einem einminütigen Film umgesetzt. Die Filme wurden am Ende der gesamten Klasse präsentiert. Der technische Fokus über beide Teile war die Dramaturgie und die Kameraführung. Im Bezug auf die Selbst- und Lernkompetenzen sollte man sich auf den Ressourceneinsatz konzentrieren. Die zeitliche Aufteilung zu 2/3 bei der Erarbeitung des Konzepts und zu 1/3 bei der Realisation in der Gruppenarbeit.
Die Unterrichtssequenz war stark als grössere und relativ freie Projektarbeit angedacht. Dies verlangt einige gestalterische Vorkenntnisse, was bei einer Schwerpunktfachklasse im zweitletzten/letzten Jahr grundsätzlich erwartet werden kann. Als inhaltlicher Orientierungspunkt wurde das Thema Heimat gesetzt, welches in Form eines Dokumentarfilms oder einer Mockumentary umgesetzt werden konnte. Eine Herausforderung war an dieser Stelle sicher das Verhältnis von der inhaltlichen Auseinandersetzung innerhalb und ausserhalb des Unterrichts. Der Heimatbegriff ist sehr individuell und verlangt je nach Bedarf einige Ressourcen ausserhalb der regulären Schulzeit. Dem wurde mit einer maximalen Zeitaufwendung für die Hausaufgaben die nötige Aufmerksamkeit geschenkt. Da die Klasse noch nie mit dem Medium Film gearbeitet hatte, waren die technischen Rahmenbedingungen mit einer Minute Maximallänge, Arbeit ohne Ton und einer klar vorgegebenen Konzeptarbeit (Treatment, Storyboard, Moodboard) entsprechend enger gesetzt. Eine konkrete didaktische Überlegung ist auch die Aufteilung in Einzel- und Gruppenarbeit und dessen Verhältnis. Ich empfinde es als sinnvoll, das jede Schülerin sich in einem gewissen Mass selbst verwirklichen kann in ihrer Arbeit. Der Fokus auf die eigene Person muss jedoch immer wieder in einen sozialen, gesellschaftlichen Kontext gesetzt werden. Bei Präsentationen oder dem Arbeiten in der Gruppe erlernen die SuS über sich und ihre eigene Arbeit zu sprechen. Dies ist wichtig, da gewisse Lernentwicklungen nur durch den Austausch mit den Anderen möglich werden. Gleichzeitig empfinde ich die soziale Komponente immer auch als eine Form der Inspiration, da stets mehrere Perspektiven an einem Objekt arbeiten und so einen Mehrwert kreieren.
Die Beurteilung ist wie das Projekt auch in Einzelarbeit (3/5) und Gruppenarbeit (2/5) unterteilt. In der Gruppe erhalten alle Mitglieder die gleiche Note, da nicht klar ersichtlich ist, wer welche Teile dazu beigetragen hat. Die Einzelarbeit wird nach Inhalt, Form und Prozess (das Projekt wurde mit einem Videotagebuch und dem Skizzenbuch dokumentiert) bewertet. In der Gruppe fällt der Prozess und der Inhalt weg und es kommen noch die technischen Komponenten der Umsetzung hinzu.
Film ist ein Medium, welches mehrere Disziplinen vereinen kann. Dies birgt ein enorm grosses Gestaltungspotential, zeigt sich für ein schulisches Projekt aber dadurch auch als eine grosse Herausforderung. Welche technischen Inputs werden gemacht? Wo setzt man die Schwerpunkte? Mit meinem eigenen Bildungshintergrund im Film war meine Ansprüche an die Vermittlung teilweise zu breit gesetzt. Es lohnt sich hier klare Schwerpunkte zu setzen und diese zu vertiefen, anstelle einer Art universellen Ansatz zu haben, der alle Bereiche abdecken soll. Eine weitere Herausforderung war die Jurierung. Dies vorallem in Hinblick auf die logistische Abwicklung, da die Hälfte der Schülerinnen zu diesem Zeitpunkt abwesend war. Dies führte dazu, dass sämtliche Dossiers digitalisiert werden mussten und so gesichtet wurden. In einer «realen» Unterrichtssituation hätte ich diesen Termin nach hinten geschoben um den logistischen Aufwand (was Film an sich meistens schon mit sich bringt) ein wenig zu mindern. Zuletzt möchte ich noch anfügen, dass es sich innerhalb der relativ offenen Unterrichtsform der Projektarbeit stets lohnt Anweisungen und Termine sehr konkret anzugeben und vorallem für alle SuS gleich zu handhaben. Das ansonsten entstehende Chaos ist nur mit einigem Aufwand einzugrenzen.