Abstract
Rahmenbedingungen – Das Praktikum wurde an einer vierten Klasse im Ergänzungsfach Bildnerisches Gestalten am Gymnasium Neufeld mit zwanzig Schülerinnen und Schülern während neun Doppellektionen durchgeführt.
Kurzbeschrieb – Die Schülerinnen und Schüler werden in die Grundlagen der Pop-Up Falztechniken eingeführt, so dass sie schlussendlich ein Pop-Up aus mindestens drei Falztechniken und damit einen eigenständig ausgewählten Aufstand umsetzen können. Auf Laschen und Drehscheiben wird dabei nicht vertiefter eingegangen.
Was ist ein Pop-Up? – Als Pop-Up werden Bücher und Karten bezeichnet, die dreidimensionale und bewegliche Elemente enthalten. Ein Pop-Up wird erst zu dem, was es ist, durch kintetische Energie – Energie, die durch Bewegung entsteht.
Kinetische Energie entsteht, wenn ein Buch oder eine Karte auf und zu geklappt wird – wenn Seiten geblättert, Laschen gezogen oder Drehscheiben gedreht werden.
Lernziele
» Die Schülerinnen und Schüler lernen, wie Pop-Up Mechaniken funktionieren.
» Sie lernen Videos und Grundrisse als Anleitung kennen und lesen.
» Sie haben verstanden, wie Pop-Up Mechaniken grundsätzlich funktionieren und können diese ihrem Vorhaben entsprechend anpassen.
» Sie lernen sauber, präzise und sorgfältig zu arbeiten.
» Sie lernen das zeichnerische Mindmap als Herangehensweisen an die Ideen- und Bildfindung kennen.
» Sie lernen, Bildinhalte grafisch zu reduzieren.
» Sie lernen, sich auf eine Farbpalette zu beschränken und diese Farbpalette stimmig auszuwählen.
» Sie schärfen ihr Verständnis der Komposition und beschäftigen sich mit Fragen zu Raum, Tiefe und Bildaufbau.
» Sie lernen, ihre Bildaussagen kritisch zu hinterfragen, um sie in ihrer Ausdrucksstärke zu schärfen und in ihrer Narration zu präzisieren.
» Sie werden Problemstellungen konfrontiert, die eigenständige kreative Lösungsansätze erfordern.
Beurteilungskriterien
Inhalt und Gestaltung
» Gelungene, eigenständige grafische Reduktion in der Gestaltung
» Selbstständig ausgewählter Aufstand wird gut verständlich (Narration) und überzeugend im Bild (Komposition) umgesetzt
» Komplexität und Anspruch in der Umsetzung
Technische Kriterien
» Verwendete Pop-Up Mechaniken funktionieren einwandfrei
Gesamteindruck und Prozess
» Eigeninitiative und kreative Lösungsansätze im Prozess
» Mitarbeit, Engagement und Selbstständigkeit bei Vorübungen
Formale Anforderungen
» Erfüllen der Vorgaben
» Fristgerechte Abgabe
Ablauf
Doppellektion 1 und 2
Die zwei ersten Doppellektionen sind ähnlich aufgebaut. Jeweils in der ersten Lektionen lernen die Schülerinnen und Schüler 4 – 6 neue Grundlagen der Falztechniken kennen. Die Arbeitsmaterialien (Cutter, Papierschere, Falzbein, Leimstift, Schneideunterlage, Geodreieck, Metalllineal, zugeschnittene Papierstreifen und Basispapiere) lege ich in diesen zwei ersten Doppellektionen vor Unterrichtsbeginn bereits auf allen Pulten bereit.
Im Vorfeld baute ich jede Falztechnik nach und filmte dabei die einzelnen Arbeitsschritte ab. Daraus schnitt ich ein Video zur Anleitung und erstellte zusätzlich dazu ein PDF-Dossier mit Kurzbeschrieb und Grundriss zu jeder Falztechnik.
Das Video, das die Entstehung der Pop-Up Falztechniken Schritt für Schritt zeigt, spiele ich im Unterricht ab. Dazu zeige ich den Schülerinnen und Schülern den Grundriss der Faltung, so dass sie die Pop-Up Mechanik eigenständig nachbauen können. Das PDF-Dossier mit den Anleitungen steht den Schülerinnen und Schülern auch nach der Einführung noch zur Verfügung, so dass sie es bei Schwierigkeiten jederzeit beiziehen können. Aus den im Unterricht entstandenen Falzproben entsteht später ein gebündeltes Heft, das die gelernten Grundlagen der Pop-Up Mechaniken zeigt.
In der zweiten Lektion erhalten die Schülerinnen und Schüler dann eine Einstiegsaufgabe und Zeit, eine frisch gelernte Falztechnik zu vertiefen oder gar zwei Falztechniken miteinander zu kombinieren.
Einstiegsaufgabe
Als Einstiegsaufgabe gestalten die Schülerinnen und Schüler eine Postkarte aus mindestens einer frisch gerlernten Pop-Up Mechanik, die eine Figur in Bewegung zeigt. Damit ist die Einstiegsaufgabe Postkarte nicht nur Einstieg in die Grundlagen der Pop-Up Falztechniken, sondern mit der Darstellung von Figuren in Bewegung – Kopfstand oder Handstand, Sprung oder Sturz … – auch ein bewusst gewählter Einstieg in die spätere Hauptaufgabe zum Thema «Aufstand».
Doppellektion 3
In der dritten Doppellektion werden die Schülerinnen und Schüler in die Hauptaufgabe eingeführt. Da sich in dieser Woche das Frauenstimmrecht jährte – gar 50 Jahre Jubiläum feierte – führte ich das Thema «Aufstand» anhand des Frauenstimmrechts, und den politischen Plakaten dazu, ein.
Hauptaufgabe
Auftrag – Die Schülerinnen und Schüler erhalten den Auftrag, eine Doppelseite zum Thema «Aufstand» mit der Verwendung von mindestens drei unterschiedlichen Falztechniken zu gestalten.
Aufstand – Wie sieht Ihr persönlicher Aufstand aus? Was stört Sie? Wofür setzen Sie sich ein? Wofür stehen Sie auf? Wie sieht Ihr Missstand aus? Wie gross ist Ihr Aufstand? Wo finden Sie ihn? Im Alltag versteckt oder schreiend in den Strassen? Auf jemandes Nase herumtanzend? Wogegen lehnen Sie sich auf? Wen bremsen Sie aus?
Vorgehen – Das Vorgehen wird dabei in drei Schritte unterteilt.
1. Schritt: Ideensuche und Bildfindung anhand eines zeichnerischen Mindmaps
2. Schritt: Grober Entwurf der Doppelseite in Pop-Up mit weissem Papier, um das Vorhaben, die Kombination der drei Falztechniken und ihre Mechanik zu testen
3. Schritt: Umsetzung der Doppelseite
Doppellektion 4 – 8
Die kommenden Doppellektionen stehen den Schülerinnen und Schülern für die Arbeit an der Hauptaufgabe zur Verfügung. Einstieg bildet jeweils ein kurzer Überblick über den Zeitplan, das Vorgehen und die Bedingungen der Hauptaufgabe. Zusätzlich dazu wird jeweils kurz eine Pop-Up-Künstlerin oder ein Pop-Up-Künstler vorgestellt. Auch bringe ich jeweils eine Auswahl an Pop-Up Büchern mit in den Unterricht, die sich die Schülerinnen und Schüler bei Bedarf und Interesse eigenständig ansehen können.
Beispiele für Papierkünstlerinnen und -künstler
Shawn Sheehy – Shawn Sheehy bezeichnet sich selber als Papier Ingenieur und hat bereits viele Pop-Up Bücher veröffentlicht. Um den Schülerinnen und Schülern zu zeigen, wie unterschiedlich die Falztechniken abgewandelt werden können – und um sie im Prozess mutiger werden zu lassen – zeigte ich ihnen zusätzlich zu den Arbeiten von Shawn Sheehy einen Einblick in das unten angefügte Video vom Papierkünstler. Die Faltung aus weissem Papier zeigt jeweils die grundlegende Falztechnik, die dann zu zwei unterschiedlichen Pop-Up Figuren abgewandelt wird.
Sarah Gasser – Sarah Gasser ist bekannt für ihre Werke in Papier. 2012 schloss sie ihr Studium in Illustration Fiction an der Hochschule Luzern – Design & Kunst mit einer Arbeit in Pop-Up ab und zeigt im unten beigefügten Video inspirierende Einblicke in ihren Prozess.
Doppellektion 9
In der letzten Doppellektion werden die entstandenen Pop-Up Postkarten in einem Ausstellungsrundgang gemeinsam betrachtet und besprochen. Danach verteile ich den Schülerinnen und Schülern ihre Noten und die abschliessenden Rückmeldungen zu ihrer Arbeit.
Reflexion
Die Praktika der Hochschule Luzern – Design & Kunst umfassen jeweils 8 Doppellektionen. Diese Dauer erwies sich als etwas kurz für das umfassende Pop-Up Projekt mit grundlegenden Einführungen in die Technik. Daher würde ich bei einer nächsten Durchführung das Unterrichtsprojekt um mindestens zwei Doppellektionen verlängern, so dass den Schülerinnen und Schüler mehr Zeit für die Umsetzung zur Verfügung steht. Eine dritte zusätzliche Doppellektion würde auch eine Einführung in 4-8 zusätzliche Falztechniken ermöglichen.
Zum Schluss meines Praktikums am liess ich die Schülerinnen und Schüler anonym einen Rückmeldebogen über meinen Unterricht und mich als Lehrperson ausfüllen. Anbei einige Zitate daraus.
«Der Unterricht war sehr abwechslungsreich gestaltet, das hat mir entsprochen.»
«Diese Aufgabe gefiel mir besonders, weil man kreativ sein konnte, das eigene Thema wählen und experimentieren durfte und nach eigenen Interessen gestalten konnte.»
«Die Postkarten als Einstiegsaufgabe fand ich sehr sinnvoll, um den ersten richtigen Kontakt mit Pop-Up zu haben. Ich fand es ebenfalls gut, dass das Thema Aufstand so vielseitig ist.»
«Zu wenig Zeit einberechnet (eventuell wegen Länge des Praktikums nicht möglich) – ich würde jedoch den Einstieg mit den Falztechniken nicht abkürzen.»
Die vielen liebevollen Rückmeldungen haben mich enorm gefreut und mich darin bestärkt, das Unterrichtsprojekt bei einer weiteren Durchführung (fast) genau so, aber ganz bestimmt über einen etwas längeren Zeitraum, umzusetzen.