Abstract
In der heutigen Zeit, wo Beiträge im Internet zensiert werden und Verlagen vorgeschrieben wird was sie publizieren sollen und was nicht, erscheint es mir von zunehmender Bedeutung, dass Schülerinnen und Schülern Wege gezeigt werden, wie sie sich aus einem System befreien können. Zines sind ein einfacher und effektiver Weg persönliche Anliegen nach aussen zu tragen bzw. sich selbst zu publizieren.
In diesem Projekt liess ich eine mutige, fünfte Klasse im Gymnasium Alpenquai in die Welt der Zines eintauchen. Ich habe mich entschieden, den Fokus auf die Themenwahl und den Bildgestaltungsprozess zu legen, da diese zwei ersten Phasen den Innenteil des Zines bildeten und deshalb für das Zine von elementarer Bedeutung waren.
Das Projekt umfasste insgesamt fünf Phasen: In der Skizzierphase durften die SuS mit Tusche in der Stadt Luzern skizzieren und sie lernten statische und bewegte Szenen auf dem Papier festzuhalten. Gleichzeitig hatten sie im Hinterkopf, dass sie nach interessanten Themen für ihre Zines Ausschau halten sollten. In der Weiterentwicklungsphase lernten sie verschiedene Maltechniken kennen und diese anzuwenden. Sie entdeckten, dass der Wechsel des Malmittels bzw. der Maltechnik eine neuartige Stimmung bzw. Bildaussage erzeugt und sie lernten sich dies in Hinblick auf ihr jeweiliges Thema zu Nutze zu machen. Dann habe ich die SuS bei der Bildauswahl mit dem Begriff «Dramaturgie» bekannt gemacht und ihnen in individuellen Gesprächen gezeigt, wie die Bildabfolge die Wirkung des Zines bzw. des Themas verändern kann. Die Digitalisierung und den Druck musste ich aus Zeitgründen selbst vornehmen, was sehr schade ist, da ich hier ein grosses Lernpotential sehe, vorallem in Hinblick auf das Aha-Erlebnis, wie man aus analogem Material digitale Inhalte generieren kann. Zum Schluss habe ich den SuS eine einfache Heftbindung gezeigt, sie durften auf diese Weise ihre ausgedruckten Zines binden und zuschneiden und zu guter Letzt vor der Klasse präsentieren.
Inhalt
a. Sachanalyse
• Zine
Das Wort «Zine» bezieht sich in der Regel auf eine selbst herausgegebene, billige/kostenlose Publikation (in der Regel ein magazinartiges Format), die eine kleine Auflage hat (obwohl das nicht immer der Fall ist) und oft ein bestimmtes Thema behandelt, z.Bsp.: Musik, Fernsehen, politische Themen usw.1 Typisch sind Auflagen von weniger als 1000 oder sogar weniger als 100, welche von Amateuren hergestellt werden.2 Zines haben im Laufe der Jahre in verschiedenen Subkulturen eine große Rolle gespielt, da sie Zugang zu Informationen bieten und die Möglichkeit, eine Gemeinschaft für Interessen aufzubauen, die vielleicht nur eine Nische darstellen.3 Eine gute Fachzeitschrift für die Herstellung von Zines ist die Ausgabe Nr. 441/442 2020 von «Kunst und Unterricht», erschienen im Friedrich Verlag im Jahre 2020.
• Bildauswahl / Bildabfolge / Bilddramaturgie
«Dramaturgie ist die Technik des Geschichtenerzählens. Sie stellt mir die Frage: Was will ich erzählen? Was ist mein Thema und was ist meine Haltung dazu? Welche Wirkung will ich beim Zuschauer erzielen? Daraus ergiebt sich die individuelle Dramaturgie meiner Geschichte.»4
• Digitalisieren
«Scannen» eignet sich meiner Meinung nach am besten für den Digitalisiervorgang, denn so sind die Originale gleichmässig ausgeleuchtet und werden automatisch flachgepresst. Möglich wäre auch eine Fotokamera mit Stativ, was jedoch professionell eingerichtet werden müsste, da dies sonst viel Nachbearbeitung erfordert.
• Druck
Ein Merkmal der Zines ist, dass sie möglichst billig gedruckt werden. Dafür eignet sich am ehesten ein normales Fotokopiergerät. Es ist effizient und kostengünstig und fast jeder Haushalt verfügt über ein solches.
• Bindung
Eine einfache Heftbindung ist leicht hergestellt. Man braucht dafür eine Buchbindernadel, Buchbinderfaden (sehr dick und robust) und ein Gewicht. Es gibt zahlreiche Videos im Internet die zeigen, wie solch eine Bindung hergestellt wird, ein passendes finden Sie bei Fussnote 5.
b. Begründungsanalyse
Wie bereits weiter oben erwähnt durfte ich mein Praktikum am Gymnasium Alpenquai bei Guy Markowitsch in der 5. Klasse abhalten. Nicht alle SuS hatten das Schwerpunktfach BG. Die Lerngruppe umfasst 22 Schülerinnen und Schüler, welche um die 18 Jahre alt waren.
c. Eintrag in das Themen- und Medienregister
Zine / Experimentelle Illustration
Lernziele und Beurteilungskritereien
Mir war es wichtig, dass die SuS am Ende des Projektes wissen was ein Zine ist und wie man eines selbst gestaltet und herstellt. Zudem sollten sie mit dem Begriff «Dramaturgie» bekannt werden und nach eigenen Kriterien eine Bildabfolge legen können. Darüberhinaus sollten sie in der Lage sein zusammen, in kleinen Gruppen, die Arbeiten anderer mithilfe von vorgegebenen Kriterien zu bewerten. Was die psychomotorischen Lernziele betrifft sollten die SuS lernen statische und bewegte Szenen mit Tusche auf dem Papier einzufangen, diese Skizzen mithilfe verschiedener Maltechniken weiterzuentwickeln, die Originale einzuscannen und schliesslich ein Heft mit einer einfachen Fadenbindung zu nähen. Hinsichtlich des sozialen Aspektes sind die SuS durch das Projekt in der Lage sich ein Thema zu erarbeiten, das sie interessiert und es in Form eines Zines für ein Publikum zu veranschaulichen.
Bei den Beurteilungskriterien habe ich mich dazu entschieden den Fokus auf den Gestaltungsprozess zu legen statt auf das vermeindliche Endprodukt, das Zine. Dieser Entscheid geschah deshalb, weil sich ein fertiges Kunstwerk nicht bewerten lässt, ausser man formuliert Kriterien, was wiederum der Natur von Kunst wiederspräche. Würde es ein Designprodukt wäre eine starke Gewichtung des Endprodukts jedoch denkbar.
Für die Beurteilung habe ich ein Punktesystem gewählt, insgesamt konnten die SuS 70 Punkte erreichen. Für den Skizzierprozess (max. 20P) habe ich darauf geachtet, ob mit Gestaltungsmaterial experimentiert, eine breite Motivwahl gezeigt und die Motive sorgfältig beobachtet wurden. Bei der Weiterentwicklung der Skizzen (max. 15P) habe ich darauf geschaut, dass die ersten gesammelte Bilder mit Experimentierfreude und Erfindungsreichtum weiterentwickelt wurden. Bezüglich Bildabfolge (max. 15P) war mir wichtig, dass sie Spannung erzeugt und hinsichtlich des Endprodukts (max. 10P), dass es vollständig, sauber und sorgfältig gearbeitet wurde und wenn die Dokumentation (max. 5P) des Arbeitsprozesses sauber und chronologisch war konnten die SuS nocheinmal punkten. Für die Endnote habe ich folgende Formel angewendet:
Ablauf
Zu Beginn jeder Lektion habe ich jeweils ca. 15-20 min einen Imput im Plenum gemacht, der als Frontalunterricht zu definieren wäre. Während des Imputs habe ich unter anderem oft Arbeitsbeispiele der SuS gezeigt, die in der jeweiligen, vorangegangenen Woche entstanden sind und deren unterschiedliche Qualitäten ich im Plenum kommuniziert habe. Dafür habe ich einen digitalen Hellraumprojektor benutzt. Darüberhinaus habe ich die meiste Zeit über die Schülerinnen und Schüler individuell arbeiten lassen, weil es in Gruppenarbeiten bekanntlich Trittbretfahrer geben kann und es mir jedoch wichtig war, dass sich jede Schülerin und jeder Schüler in ein Thema vertieft. Ich habe für die SuS eine grosse Chance in der individuell künstlerischen Auseinandersetzung mit einem selbstgewählten Thema gesehen und da solche Prozesse einen meditativen Charakter haben, funktionieren sie am besten ohne äussere Ablenkung. Doch immer wenn Entscheidungen getroffen werden sollen, wie zum Beispiel die Bildauswahl, dann habe ich die SuS in der Gruppe arbeiten lassen, damit sie von den Eindrücken der anderen in Bezug auf die eigene Meinungsbildung profitieren konnten. Zudem habe ich für die Schlusspräsentation ein Gruppenpuzzle organisiert, so haben sich die SuS in Vierergruppen die entstandenen Zines ansehen und diese anhand vorgegebener Kriterien bewertet. Auf diese Art gab es eine Handvoll Sieger-Zines aus den verschiedenen Gruppen, welche im Plenum kurz gezeigt wurden. So bekamen die SuS zum Schluss einen Eindruck des Klassenniveaus und sahen anhand von verschiedenen Beispielen wie ein Zine funktionieren kann.
Reflexion
Ich war erstaunt, wie gut, dass sich die SuS in das Thema eingefunden haben, besonders die Weiterentwicklungsphase zu beobachten hat mir sehr viel Spass gemacht, da die SuS teilweise wirklich spannende Ergebnisse erzielten. Wie bereits weiter oben erwähnt musste ich aus Zeitgründen den Digitalisierprozess übernehmen, was ich sehr schade finde aufgrund des verlohrenen Lernpotentials. Wenn ich das Projekt nocheinmal machen würde, dann diskutierte ich das Thema Zine zu Beginn des Projektes noch intensiver und machte den Lebensbezug für die SuS deutlicher. Eine offene Diskussion anhand eines aktuellen Beispiels über die Bedeutung des Zines fände ich spannend und würde die kreative Stimmung anheizen, zudem legte ich den Fokus weniger auf die Technik sondern versuchte die Auseinandersetzung mit einem Thema zu fördern, denn schlussendlich erzeugt man mit einem Thema, was einem wichtig ist, intrinsische Motivation.