Die Stadt ist mehr als nur Kulisse – sie lebt und verändert sich ständig. Das Thema «Erobert die Stadt» lädt die Schüler:innen des Kurzzeitgymnasiums Musegg in Luzern ein, ihre eigenen Wünsche und Ideen einzubringen, um die Stadt noch lebendiger und lebenswerter zu gestalten. Während des 8-wöchigen Praktikums „Bildnerisches Gestalten“ machten wir eine Exkursion ins Naturmuseum Luzern, um Tiere zu zeichnen und den Stadtraum Luzerns zu fotografieren. Die Fotografien dienten als Grundlage für die Erstellung von Collagen, die wiederum als Vorlage für die Schabkarton-Illustration dienten. Im Endprodukt, den Schabkartonillustrationen (Format A5), erobern die Tiere die Stadt. Sie verändern, irritieren und eröffnen einen neuen Blick auf den urbanen Raum.
2. Sach-und Bedingungsanalyse
Kurzzeitgymansium Musegg Luzern, Grundlagenfach Bildnerisches Gestalten: 1. Klasse, 21 Schüler:innen, 16 Lektionen, 20.02.2024 – 30.04.2024
Mit dem Aufruf «Erobert die Stadt!» sollten die Schüler:innen dazu angeregt werden, den urbanen Raum zu beleben und mitzugestalten. Die Zielsetzung war es, das Bewusstsein für Stadtplanung und Architektur zu schärfen und die Schüler:innen zu motivieren, aktiv an der Entwicklung ihrer Stadt teilzuhaben. Mit dem Einstieg einer Videoarbeit, die im Rahmen der Hochschule für Architektur entstanden ist, wurden die Schüler:innen auf aktuell diskutierte Themen der Luzerner Altstadt eingestimmt. Mittels eines Brainstormings und einer Gruppendiskussion reflektierten die Schüler:innen ihr eigenes Verhalten oder ihre Bedürfnisse im öffentlichen Raum der Stadt Luzern.
Die Exkursion ins Naturmuseum diente auch dazu, den Zusammenhang zwischen städtischer Umwelt und Natur zu erforschen und die Auswirkungen der Urbanisierung auf die natürlichen Lebensräume von Tieren zu thematisieren. Natur und Tiere werden durch die Urbanisierung verdrängt. In den künstlerischen Arbeiten erobern die Tiere den städtischen Raum zurück und eignen ihn sich an.
Bei der Entwicklung des Bildmotivs mittels Collage zum Thema «Erobert die Stadt!» steht nicht nur der Bildinhalt, sondern auch die Bildkomposition im Mittelpunkt. Die Schüler:innen sollen mit der Anordnung von Bildelementen (Vorder-, Mittel- und Hintergrund) experimentieren. Größenverhältnisse und Ausschnitte sollen zu einer spannenden Gesamtkomposition beitragen. Adobe Photoshop und KI-Technologie werden als Werkzeuge eingesetzt, um neue Bildwelten zu schaffen.
Fotografische Übungen im Stadtraum unterstützten den Prozess des genauen Beobachtens und Wahrnehmens: Unter anderem wurden «Schleichtiere» im Stadtraum platziert und fotografiert. Die Schülerinnen und Schüler lernten neue Größenverhältnisse kennen, nahmen neue Perspektiven ein und versetzten sich in die Lage des Tieres. Wo könnte es klettern oder sich verstecken?
Die Schüler:innen sollen bedeutende Illustrator:innen und Comiczeichner:innen wie Hannes Binder, Thomas Ott und Line Hoven kennen lernen, die mit Schabkarton arbeiten. In deren Werken können die Schüler:innen unterschiedliche Linienführungen, Schraffuren und Lichtstimmungen erforschen und diese in ihre eigene Schabkarton-Illustration integrieren.
Weitere Fragestellungen:
-> Anziehungskraft einer Stadt: Macht Stadtluft frei? Artikel im Magazin Hochparterre: https://www.hochparterre.ch/nachrichten/presseschau/die-anziehungskraft-der-stadt
->Third Place: Wird die Stadt zum Wohnzimmer? Artikel im Magazin Forum: https://www.alfred-mueller.ch/de/forum/artikel/third-place-die-stadt-wird-zum-wohnzimmer
3. Lernziele und Beurteilungskriterien
Vorgabe von der Praxislehrperson: Die Schüler:innen schärfen ihre Wahrnehmung durch beobachtendes Zeichnen. Verschiedene Techniken des Strichelns, Schraffierens (Parallel- und Kreuzschraffur) und Strukturierens sollen geübt und angewendet werden.
4. Ablauf
Einstieg ins Thema mit Video (Dauer 6 Min.): Die Idee, die Altstadt nicht nur als touristisches Ziel und Ort des (Uhren-)Konsums zu sehen, sondern auch als lebendigen Lebens- und Wohnraum für Luzerner:innen, war die Hauptaussage dieses Films. Die Schüler:innen diskutieren in Kleingruppen ihre Wünsche und Forderungen für eine attraktivere Altstadt.
Beobachtendes Zeichnen üben: «Schleichtiere» skizzieren, Umrisse beobachten, verschiedene Blickwinkel einnehmen, blind oder im Detail zeichnen.
Übung Fotografie & Bildkomposition: Auf dem Weg ins Naturmuseum Luzern fotografierten die Schülerinnen ihre Tierfiguren im urbanen Raum. Spielerisch experimentierten sie mit der Anordnung von Bildelementen, Vorder-, Mittel- und Hintergrund, Einstellungsgrössen und verschiedenen Blickwinkeln.
Bildinhalte & Bildmotive entwickeln: Aus selbst gemachten Fotografien der Stadt Luzern und Tierbildern, die teilweise mit Adobe Photoshop generiert wurden, erstellten die Schülerinnen mehrere Collagen zum Thema «Erobere die Stadt! Eine ausgewählte Collage diente als Vorlage und wurde mit Kohlepapier auf den Schabkarton übertragen.
Schabkarton-Illustration: Bei der Bearbeitung des Schabkartons konzentrierten sich die Schülerinnen auf unterschiedliche Linienführungen, Schraffuren und Strukturen sowie auf eine stimmige Lichtsituation. Durch die Richtung und Dichte der Schraffur erzeugten sie Räumlichkeit und Plastizität. Als Inspirationsquelle nutzen die Schüler:innen Bücher und Comics von Thomas Ott und Hannes Binder. Mit einem «Sucher» betrachteten sie unter anderem Bildausschnitte aus deren Werken.
5. Reflexion:
Die Klassenatmosphäre war konzentriert und fleißig, so dass der Unterricht reibungslos verlief und auch außerhalb des Klassenzimmers gut gearbeitet werden konnte. Es war leicht, den Überblick in der Klasse zu behalten und die Schüler:innen für die Schabkarton-Illustrationen zum Thema «Erobere die Stadt» zu begeistern. Angebote wie der Büchertisch wurden sehr interessiert und selbstständig genutzt.
In diesem Praktikum bereitete mir die Vorbereitung der theoretischen Inputs mühe. Mit dem Aufbau meines letzten Inputs zum Thema «Plastizität» war ich jedoch sehr zufrieden, da ich die Aufmerksamkeit der Schülerinnen bis zum Schluss halten konnte. Während des Inputs kauten die Schüler.innen einen Kaugummi. Anschließend konnten sie ihren Kaugummi direkt plastisch darstellen und das zuvor vermittelte Wissen in einer 7-minütigen Zeichenübung anwenden.
In Zukunft werde ich die Theorie aber wieder mehr durch praktisches Tun vermitteln und nicht durch frontalen Input. Ich finde es motivierender und lehrreicher, wenn ich die Schüler:innen beispielsweise vor die Herausforderung stelle, ihren Kaugummi möglichst plastisch darzustellen, ohne ihnen vorher eine Anleitung zu geben. Die Schüler:innen sollen durch Ausprobieren lernen und individuelle Fragen, die während des Prozesses auftauchen, sollen von mir unterstützt und geklärt werden. Diese Herangehensweise erfordert jedoch mehr Zeit, die mir in diesem Moment leider gefehlt hat. In Zukunft werde ich daher mein Zeitmanagement verbessern, um genügend Raum für praktische Übungen zu schaffen und trotzdem die notwendigen theoretischen Konzepte adäquat zu vermitteln.
Durch die päzise Aufgabenstellung und die klaren Bewertungskriterien habe ich weniger Zeit für die Benotung der Endprodukte aufgewendet als bei den Praktika im Vorfeld. Außerdem war es einfacher, die Illustrationen miteinander zu vergleichen, da sie sich in einem engen gestalterischen Rahmen bezüglich Format, Thema und Technik bewegten.