Mit einer 4. Klasse der Kantonsschule Zug erkundete ich den Raum im künstlerischen Kontext. Durch kürzere Aufträge erhielten die Schüler*innen Einblicke in verschiedenste Möglichkeiten oder Strategien, wie sie sich dem Räumlichen annähern können. In einem Dokumentations-Journal wurde der Prozess und die teils ephemeren Ergebnisse festgehalten.
Inhalt
Sachanalyse: Als ich mir bei der Hospitation einen Überblick über die bisherigen BG-Projekte der Klasse verschaffen habe, ist mir aufgefallen, dass bisher hauptsächlich zeichnerisch oder malerisch gearbeitet wurde. Als Aufhänger für den Start meines Unterrichtprojektes habe ich mir die Frage gestellt: Wie kommen die SuS von ihren bisherigen, vorwiegend zweidimensionalen BG-Arbeiten ins Dreidimensionale?
Begründungsanalyse: Im BG-Unterricht werden oft Arbeitsaufträge erteilt, die direkt auf ein Produkt hin abzielen. Experimentierphasen werden dabei kurz gehalten. In diesem Projekt war es mir wichtig, den SuS unterschiedliche Zugänge in der Auseinandersetzung mit dem Raum zu geben. Durch kurz gehaltene Erprobungen von einer bis zwei Doppellektionen können die SuS mit verschiedenen (teilweise neuen) Medien arbeiten oder in neue Themenschwerpunkte
Lernziele:
- Erarbeitung eines Konzeptes für eine künstlerische Intervention
- Erprobungen und Kennenlernen von unterschiedlichen (Kunst-)Strategien und Medien
- kritische Reflexion während des ganzen Gestaltungsprozesses
- Kennenlernen von zeitgenössischen Kunstpositionen
Beurteilungskriterien:
Das Konzept (Einzelarbeit):
- Idee: Eigenständigkeit, Innovation, nimmt Bezug auf den Ort, greift künstlerischen Strategie-Begriff auf (8 Pt.)
- Prozess: Nachvollziehbarkeit, Vollständigkeit, Intensität der Auseinandersetzung, Vielfalt (9 Pt.) -> siehe Arbeitsblatt “Das Konzept”
- Vermittlung: aussagekräftige Kurzpräsentation, schriftliche und mündliche Beantwortung der vier Fragen (3 Pt.)
Die Umsetzung(2-3er Gruppen):
- Zeit: Umsetzung des Konzeptes in der gegebenen Zeit (4 Pt.)
- Fotografische Dokumentation der Umsetzung: ->Kriterien folgen (5 Pt.)
- Wirkung im Raum: geht auf Gegebenheiten ein, Positionierung, Verhältnis von Volumen und Leerraum, Materialeinsatz (8 Pt.)
- Reaktion und Adaption Anpassung des Konzepts im Umsetzungsprozess (3 Pt.)
6 Fotografien (2-3er Gruppe):
- Idee Innovation, nimmt Bezug auf den Raum, Intensität der Auseinandersetzung, Vielfalt (10 Pt.)
- Fotografie Ausschnitt, „sauberes Bild“, Hintergrund, Perspektive, Fotografie verdeutlicht/verstärkt Idee, Präzision des Körpers im Bild -> Korrekturanweisung der fotografierenden Person (10 Pt.)
Ablauf
Lektion 1-2: Wie kann ich mich von meinen bisherigen BG-Arbeiten inspirieren lassen? Wie komme ich von 2D zu 3D? Wie kann ich dazu künstlerische Strategien benutzen?
Lektion 3-4: Auseinandersetzung mit der künstlerischen Strategie des Verpackens. Was bewirkt das Verpacken? Künstler*inneninput: Jeanne Claude und Christo
Lektion 5-6: Was ist eine künstlerische Intervention im (öffentlichen) Raum? Wo an der Kanti Zug möchte ich intervenieren? Wie erstelle ich ein Konzept? Künstler*inneninput: Pipilotti Rist, Los Campinteros
Lektion 7-8: Ausarbeitung des Konzeptes. Wie vermittle ich mein Konzept in der Klasse? Auswahlprozess für 5 Konzepte und entsprechende Gruppenbildung.
Lektion 9-10: Wie dokumentiere ich die ephemere Intervention? Umsetzung der Konzepte für die Interventionen an der Kanti Zug. Auf- und Abbau innerhalb der Doppellektion.
Lektion 11-12: Wie kann ich mit meinem Körper auf architektonischen Raum reagieren? Welche Aussagen entstehen dadurch? Künstler*inneninput: Valie Export, Willi Dorner
Lektion 13-14: Wie setzt Pipilotti Rist Verfremdungseffekte ein, um surrealistische, abstrahierte Werke zu schaffen? Künstler*inneninput: Pipilotti Rist – Sip My Ocean/ Homo Sapiens Sapiens
Lektion 15-16: Betrachtung von Videoergebnissen à la Pipilotti Rist. Feedback. Wie kann ich mit Objekten interagieren? Wie performe ich vor der Klasse? Künstler*inneninput: Erwin Wurm – One Minute Sculptures
Wie komme ich vom 2D zum 3D?
Interventionen an der Kanti Zug
Körper reagiert auf architektonischen Raum
Reflexion
Positives Fazit: Das Unterrichtsprojekt gestaltete sich eher als aufwändig durch die vielen Kurzaufgaben, Inputs und Breite des Themas. Grundsätzlich bin ich sehr zufrieden mit dem Ablauf und den Ergebnissen aus der Klasse. Durch die rollende Planung konnte ich fortlaufend auf die Bedürfnisse der SuS eingehen, Themen allenfalls vertiefter aufgreifen als zuerst geplant und ich spürte die Begeisterung der Klasse. Durch die Kurzaufgaben war es schön zu sehen, was nach jeder Doppellektion entstanden ist. Dadurch war eine kritische Reflexion der SuS über ihr Tun fortlaufend möglich. Das Unterrichtsprojekt eignet sich gut, um einen breiten Einblick in einen künstlerischen Prozess zu geben und ermöglicht das Arbeiten mit verschiedenen Medien. Um thematische Inhalte vertieft zu beleuchten, war die Zeit jedoch eher knapp. Das Führen eines Dokumentationsjournal war für die Klasse aussergewöhnlich, da sie meist nur noch digital und nicht in Heften arbeiten. Gegen Schluss hat ein Grossteil daran Gefallen gefunden, was auch in der sorgfältigen Heftführung zu sehen war.
Zum Ändern: Die Bewertungskriterien werde ich überarbeiten. Beispielsweise das Kriterium „Umsetzung des Konzeptes in der gegebenen Zeit.“ ist mit 4 Punkten zu stark gewichtet. Bei der Journalnote macht die Vollständigkeit die Hälfte der Note aus. Beide Kriterien waren für die SuS mühelos umsetzbar, was zu einem höheren Klassenschnitt geführt hat. Die Kompetenz der SuS bezüglich Zeit- und Vollständigkeitskriterien war tatsächlich schwer, für mich im Vorhinein zu beurteilen.
Wie weitergehen: Besonders überrascht haben mich die vielseitigen Videoergebnisse zu einem Input rund um die Verfremdungseffekte in den Werken von Pipilotti Rist. Ich habe sehr Lust, dieses Thema intensiver in einem weiteren Unterrichtsprojekt aufzugreifen. Es ist ein einfacher technischer Zugang zum Medium Video/Film in abstrahierter Form.