Doing Performance
Ivan Roeoesli Bewegung, Bewusstseinserweiterung, Eigene Interessen, Emotionen, Identität, Körper, Körpererweiterung, Körpersprache, Meditation, Nachhaltigkeit, Persönlichkeit, Umwelt Performance
Übersicht:
Mein 2. Praktikum fand in Bern am Gymnasium Neufeld statt. Es war eine 5. Klasse von Verena Schmocker. Durch einen spielerischen Zugang soll das Interesse und die Freude an der Performance geweckt werden. Ohne genau zu wissen, was Performance ist, wird direkt ausprobiert, geübt, besprochen und analysiert. Hintergrundinformationen zu Performancekünstler*innen erarbeiten die SuS selbst in Form von 5 Minuten Vorträgen.
Sach- und Begründungsanalye:
Da ich mich selbst gut auskenne im Bereich der Performance, verzichtete ich auf eine umfangreiche Sachanalyse. Ich entschied mich, die SuS selbst das Thema entdecken zu lassen, anstatt sie allzufest anzuleiten. In der ersten Lektion schauten wir lediglich zwei kurze Videos (https://www.youtube.com/watch?v=6Z-YZ3A4mdk (TateShorts: An introduction to Performance Art) / https://www.youtube.com/watch?v=FcyYynulogY (Marina Abramovic: What is Performance Art?), zu welchen sich die SuS Notizen auf Zettel gemacht haben. Diese Notizen wurden dann an der Wandtafel zu einem kollektiven Mindmap zusammengestellt und bieteten die theoretische Grundlage für das Thema. Ab dann war das Praktische im Fokus, mit vielen kurzen Übungen und Gruppenarbeiten, welche dann auch immer vor der Klasse gezeigt wurden.
Persönliche Relevanz für die SuS sehe ich im Thema Performance vor allem im Überwinden von Hemmungen, der Entwicklung einer starken Auftrittskompetenz, Konzentration und dem Verbildlichen eigener Ideen. Auch später bei einem Vorstellungsgespräch oder einem Date kann das Gelernte hilfreich sein. Ausserdem lernen die SuS eine andere Ausdrucksform in der Kunst kennen und lernen, wie man Performances liest und wie die Mechanismen der Performance funktionieren. Das Grundwissen zu einigen wichtigen Performancepersönlichkeiten wird durch die Vorträge erreicht.
Lernziele:
Auftittskompetenz, Interpretationskompetenz, Respekt, Konzentration, Transformation (Inhalt, Thema zu Performance), Körperwahrnehmung.
Ablauf:
Geplant war ein zweigeiltes Praktkum: Im ersten Teil (L1-4) sollte über das Ausprobieren und Machen ein Zugang zur Performance gefunden werden. In der fünften Doppelstunde waren die Vorträge, die jede*r SuS zu einem/einer berühmten Peformanceschaffenden gemacht haben. Dann war geplant, durch Inputs, Einzelbetreuung und mehrmaligem Üben eine Abschlussperformance zu erarbeiten. Dazu war sogar die Aula gemietet. Leider konnte dieser Teil wegen Corona in dieser Form nicht stattfinden. Gemeinsam mit Verena entschieden wir uns, dass eine Webcamperformance wenig Sinn macht und dass das individuelle Coaching über Zoom o.ä. schwer wäre. Ausserdem wurden wir von der Schulleitung angewiesen, die SuS nicht zu überlasten und einfache, klare Aufträge zu geben. Wir entscheiden uns, statt Abschlussperformances die SuS Konzepte erarbeiten zu lassen. Den Auftrag dazu findet man ganz unten.
Reflexion:
Mein zweites Praktikum startete ich mit vollem Elan. Ich hatte das ausserordentliche Glück, dass meine Praktikumslehrperson mir freie Themenwahl gab. Performance ist mein Fach- und Leidenschaftsgebiet, also fiel mir die Wahl nicht schwer. Verena meinte, dass dieses Thema im Lehrplan leider nicht drin ist und normalerweise auch nicht unterrichtet wird. Sie liess es mich trotzdem tun. Die erste Hälfte des Praktikums ist normal verlaufen, dann wurde wegen Corona alles etwas anders. Aber auch mein Plan hat diese Zweiteilung beinhaltet: Im ersten Teil sollten Übungen, Experimentieren und Ausprobieren im Zentrum stehen. (4DL) Über einen spielerischen Einstieg sollte der Spass und das Interesse an Performance geweckt werden. Ich würde behaupten, dass mir das sogar gelungen ist. Am Anfang war die Klasse noch etwas unkonzentriert und irritiert. Sie mussten während den Übungen oft lachen oder fühlten sich unsicher. Das hat sich aber im Verlauf der ersten vier DL immer verbessert. Es entstand eine Selbstverständlichkeit, etwas vor der Klasse zu zeigen, Hemmungen abzuwerfen, konzentriert zu sein und sich gegenseitig Respekt zu erweisen. Ich habe die Vielfalt an kreativen Performances sehr positiv wahrgenommen und war erstaunt, wie viel sich ohne grossen theoretischen Input, nur durchs Machen, schon ergeben kann. Mit den Vorträgen über PerformancekünstlerInnen war ich auch sehr zufrieden, auch wenn einige sich tiefer mit der Biografie und dem Hintergrund der Arbeiten auseinandergesetzt hatten als andere. Mein Plan sah vor, in der zweiten Hälfte des Praktikums in die Einzelarbeitsphase zu wechseln und individuelle Abschlussperformances zu erarbeiten. Das war leider wegen Corona nicht möglich, und Verena und ich waren uns einig, dass es schwierig sei, wenn die Klasse diese Performances über Video machen müsste. Wir entscheiden uns, Performancekonzepte als Abschlussarbeit zu verlangen. Dabei liess ich der Klasse kreativen Freiraum. Die Performances mussten nicht unbedingt realisierbar sein. Ich erhielt ein breites Spektrum an Arbeiten, von sehr guten bis sehr schlechten. Bern hat die Regel eingeführt, dass «Coronanoten» nur zählen, wenn sie den Schnitt positiv beeinflussen. Dies führte dazu, dass einigen SchülerInnen diese Abgabe ziemlich egal war. Das war schade, aber leider ausserhalb meiner beeinflussbaren Zone. Trotzdem zeigte sich in den Arbeiten, dass die Klasse etwas aus meinem Unterricht mitgenommen hat und im Ansatz spannende Konzepte entwickelt haben. Einige haben genau verstanden, was Performance ist, soll und will.
Impressionen des letzten Übungsnachmittags vor Corona. Fotos: Verena Schmocker / Sabine Gebhardt Fink
Das Buch «Teaching for people who prefer not to teach» kann ich an dieser Stelle noch wärmstes empfehlen. Es hat mir die Lektionsplanung und das Finden von Übungen um einiges erleichtert. Im Buch hat es über 100 kurze Inputs, die mit einer Klasse (oft performativ) umgesetzt werden können.
Auftrag Homeschooling 1:
Hallo zusammen.
Ich hoffe es geht euch allen gut. Die offensichtlichen Umstände erfordern auch ausserplanmässiges Vorgehen für unser gemeinsames Performance-Modul. Aber eigentlich ist das Timing nicht schlecht. Ihr konntet viele Neue Einblicke durch die spannenden Vorträge von letzter Woche gewinnen und habt mehrere Nachmittage die Möglichkeit gehabt, Performance mit Übungen und Ausprobieren selbst zu erforschen. Der Plan wäre ab jetzt sowieso gewesen, dass ihr mit der Arbeit an euren individuellen Abschluss-Performances beginnt. Das könnt ihr jetzt von zu Hause aus tun. Konkret bedeutet das für euch, euch erste Überlegungen zu machen, und euch folgende oder ähnliche Fragen zu stellen:
Notiert eure Überlegungen. Ihr müsst mir diese nicht schicken, aber sie werden euch am Schluss nützlich sein, denn es wird ein kleiner Text (ca ½. A4 Seite) mit Angaben zu eurem Prozess, Hintergrundüberlegungen und Entscheiden, die ihr gefällt habt, erwartet. Macht euch aber keinen Stress, wir werden bestimmt auch noch gemeinsam üben, bevor ihr eure Abschlussarbeit zeigt.
Um euch zusätzliche Inspiration zu liefern, habe ich euch unten noch zwei kurze Videos zu Schweizer Performancekünstlern herausgesucht. San Keller ist Departementsleiter für Kunst und Vermittlung (neu K+) Bachelor an der Hochschule Luzern und Künstler. Roman Signer ist einer der erfolgreichsten Schweizer Künstler und arbeitet oft an der Grenze zwischen Installation, Skulptur und Performance.
https://www.youtube.com/watch?v=gEyIeL4uVK4 San Keller
https://www.youtube.com/watch?v=CEhQe_5V11k Roman Signer
Hier findet ihr ausserdem ein Werkverzeichnis von San Keller von 2005 mit vielen Performances: https://www.kunstverein.ch/fileadmin/SKV_downloads/san_keller/WERKVERZEICHNIS_2005.pdf
Wir haben im Unterricht auch noch diese Arbeit thematisiert, hier Marina selbst zu «Rhythm 0» (1974) https://www.youtube.com/watch?v=xTBkbseXfOQ Ich habe euch auch gesagt, ich werde später noch mehr zu meiner eigenen Arbeit sagen. Ihr könnt euch meine WordPress Seite jetzt selbst ansehen.
Ich werde euch nächste Woche über das weitere Vorgehen informieren. Meldet euch bei Fragen oder Unklarheiten hier: ivan.roeoesli@stud.hslu.ch Geniesst das Frühlingserwachen, geht heimlich spazieren und bleibt gesund!
Bis auf weiteres, mit lieben Grüssen.
Auftrag Homeschooling 2
Liebe 21mD.
Hallo nochmal.
Ich hoffe immer noch, es geht euch physisch und emotional gut in diesen ausserordentlichen Zeiten. Diese Woche wäre das letzte Mal gewesen, dass wir uns sehen. Ich finde es sehr schade, dieses Modul mit euch nicht wie geplant abschliessen zu können, denn ich habe mich sehr auf das gemeinsame Entwickeln eurer Arbeiten gefreut.
Nun, wie geht es jetzt weiter? Ich bin überzeugt, dass ihr viel Schulstoff habt, viel lesen müsst und viel vor den Bildschirmen seid. Darum will ich euch nicht noch zusätzlichen Stress aufbinden. Trotzdem ist es mir wichtig, einen Schluss für dieses Modul zu finden. Konkret habe ich mir nun überlegt, gemeinsam ein Zine (kommt von «Magazin») herzustellen. Dieses Heftchen wird am Schluss für alle digital verfügbar sein. In diesem Heft sollen eure Konzepte in Form von Text- und Bildmaterial auftauchen. In der Gestaltung möchte ich euch aber Handlungsspielraum geben.
Ihr werdet also (leider) nicht selbst performen, sondern euch performative Konzepte überlegen, die als Gruppe oder allein realisiert werden könnten. Die Auftrittskompetenzen und Konzentration, die wir immer wieder geübt haben, waren aber bestimmt nicht umsonst. Ihr werdet merken, dass ihr diese Skills auch im Alltag brauchen könnt. (Vorträge, Vorstellungsgespräche, um Menschen zu überzeugen, etc…) Ich kann mir vorstellen, dass das Erstellen eines Konzepts nicht für alle so einfach ist. Ich biete daher die Möglichkeit, euch direkt telefonisch bei mir oder Frau Schmocker zu melden, um eure Konzepte zu besprechen oder sonst Hilfeleistungen zu bieten. Meine Nr. ist 078 949 0882. Schreibt mir vorher aber bitte eine SMS mit einem Terminvorschlag. Ich arbeite von zu Hause aus und bin flexibel, aber habe das Natel meistens auf lautlos. Mail geht auch.
Nutzt diese ausserordentliche Situation, um eure Fantasie walten zu lassen. Durch die Abgabe des Konzepts könnt ihr Performances kreieren, die budgettechnisch, aufwandmässig oder sogar physikalisch schwer zu realisieren sind. Ihr wollt ein Haus mit Feuerwerk sprengen, zehn Männer mit Goldfarbe bemalen oder auf dem Mond performen? Kein Problem, eure Konzepte dürfen schwer bis unmöglich umsetzbar sein. Wichtig ist aber weiterhin, dass ihr eure Arbeit begründen könnt. Falls ihr den Auftrag von letzter Woche gemacht habt, und euch schon Gedanken für eine Performance machen können habt, dürft ihr selbstverständlich an diesen Ideen weiterfeilen. Falls ihr nicht weiterkommt, helfen euch vielleicht die Fragen auf dem Handout vom letzten Mal.
Für das Zine sendet ihr mir also zwei A4 PDF-Seiten ein. Darauf sollten euer Konzept erklärt, der Ablauf, das benötigte Material aufgelistet, das Setting beschrieben (Lichtsituation, Ort), und konkrete Handlungsanweisungen angegeben sein. Schreibt auch einen kurzen Abschnitt über die Absicht oder Hintergedanken, die ihr zu eurer Performance habt. Was wollt ihr damit aussagen? (3-4 Sätze) Die Arbeit darf reduziert sein – schreibt keine Theaterstücke. (Sowieso, es lohnt sich oft, eine Performance auf das Nötigste herunterzubrechen, um eine klare und durchschlagsstarke Arbeit zu erhalten.) Ihr könnt einen kleinen Comic machen mit Strichmännchen oder schematischen Zeichnungen, von Hand oder digital schreiben oder den Ablauf durch eine Fotoserie oder Videostills verbildlichen. Wichtig ist, dass euer Konzept klar nachvollziehbar wird und von jedem/jeder nachperformt werden könnte. Zusätzlich kann eure Doppelseite eine Fotografie, eine Zeichnung, eine Collage, ein Text oder Gedicht enthalten. Vielleicht findet ihr sogar noch andere Formen. Zur Inspiration sende ich euch noch einige Konzepte aus dem Buch: Selbst übersetzen – Ein Performance Lesebuch zum Aufführen.
Am Schluss wird also ein Heft entstehen, in dem jede/jeder eine Doppelseite gestaltet hat, und das dann an alle der Klasse geschickt wird. Ich stelle das Heft zusammen, sendet also eure zwei Seiten als PDF an ivan.roeoesli@stud.hslu.ch. Ich gebe euch mehr Zeit, der Abgabetermin ist MI, 22.4.2020. Die Gestaltung der Vor- und Rückseite des Hefts übernehme ich. Bewerten werde ich eure Konzepte anhand von Tiefgründigkeit und Präzision (Verständlichkeit), Aussagestärke (Gesellschaftliche Relevanz und Aktualität / Künstlerischer Eigensinn / Performative Konzeption…. und welche Diskussionen/Emotionen / Assoziationen können mit dieser Performance im Betrachter/Publikum ausgelöst werden?), Inhalt und natürlich die sprachliche und gestalterische Qualität der Doppelseite. Von den zwei Personen, die am Tag der Vorträge nicht anwesend waren, erwarte ich ausserdem eine A4 Seite Text über eure Performancekünstler*innen, mit Analyse zu drei Performances dieser Person als Kompensation für den Vortrag. Diese Texte werde ich auch ins Zine übernehmen. Eure Note für dieses Modul wird zu 50% Vortrag / Analysetext sein und zu 50% Konzept. Die Noten für die Vorträge muss ich noch mit Frau Schmocker absprechen, ich finde aber, ihr habt das alle gut gemacht, einige sogar sehr gut!
An dieser Stelle bleibt mir nur noch Dank an euch, für eure Mitarbeit, euer Interesse und die tollen Performances, die ihr euch an unseren Nachmittagen ausgedacht habt. Mir hat die Arbeit mit euch immer Spass gemacht, ich hoffe euch auch. Ich werde euch, wenn das Modul zu Ende ist, noch einen Feedbackbogen senden.
Liebe Grüsse, bleibt gesund und munter!
Beispiel eines Konzepts von L.G: (Formation und Bilder fehlen, nur Text)
Performance Idee
Die Luft geht aus:
Benötigtes Material:
2 x grosser Glaskasten
2 x Sauerstoffmessgerät oder CO2» Messer
2 x Anzeigetafel/Bildschirme
1 x Sportgeräte (z.B Laufband/geht aber auch ohne)
Setting:
Die Glaskästen stehen nebeneinander an einem gut zu sehenden Ort (z.B Bahnhof oder Bundesplatz)
Beide Glaskästen werden nachdem die Performer hineingegangen sind so verschlossen, dass keine Luft mehr rein oder raus kann.
In beiden Kästen hat es ein Sauerstoffmessgerät, welchen den Sauerstoffgehalt im Kasten auf einen Bildschirm ausserhalb des Kastens projiziert.
Kasten 1:
Künstler sitzt auf dem Boden und ist ruhig
Kasten 2:
Mit Sportgeräten gefüllt z.B Laufband
Künstler macht Sport
Die Zuschauer können ausserdem mit dem Künstler interagieren, indem sie ihm sagen/zeigen was er für Sport machen soll (z.B Liegestützen …)
Ende der Performance:
Sobald das Sauerstoffgehalt kritisch wird verlässt der Performer den Glaskasten.
Die Performance endet, wenn beide Performer die Kästen verlassen haben.
Hintergedanken:
Diese Performance bezieht sich auf den Klimawandel und auf die Umwelt-/Luftverschmutzung.
Dabei stellt der Künstler die Erde und die Luft im Kasten die Erdatmosphäre dar.
Es zeigt auf, dass die Menschen überlegter Handeln sollten, da uns sonst irgendwann die Luft beziehungsweise der Sauerstoff ausgeht.
Der rechte Kasten stellt die momentane Lage dar. Die Menschen verbrauchen viel Sauerstoff und produzieren viel CO2.
Der linke Kasten zeigt auf, wie es wäre, wenn die Menschen achtsam mit dem Sauerstoff umgehen.
Dieser Effekt wird verstärkt, wenn der Performer im rechten Kasten raus kommt, da er fast keinen Sauerstoff mehr hat, aber der Performer im linken Kasten noch lange im Kasten bleibt, da er viel weniger Sauerstoff verbraucht.
Diese Performance dient dazu, die Menschen zum Nachdenken zu bringen und ihnen aufzuzeigen, das wir etwas ändern müssen, da wir sonst die Erde zerstören.