Muss man heute noch nach draussen gehen, um die Welt zu sehen? Die SuS unternehmen mit Tablet oder Computer eine digitale Reise. Die gestalterische Dokumentation in Form eines Reisetagebuches, soll auf eine individuelle Art gelöst werden. Auf der letzten Etappe der Reise wird ein Ausschnitt gewählt, den die SuS malerisch umsetzen.
Stufe: 3. Klasse (Ergänzungsfach) des Gymnasium Oberaargau (Kurzzeitgymnasium) in Langenthal, 2020.
Inhalt: Begründungs- und Sachanalyse
Der Impressionismus zeichnet sich unter anderem durch die Darstellung von flüchtigen Momentaufnahmen einer Szenerie aus. Die Bildausschnitte zeugen von einer Unmittelbarkeit der Momentaufnahme und einer gewissen Zufälligkeit. Dadurch, dass Ölfarben in verschliessbaren Bleituben industriell gefertigt wurden, wurde die Pleinairmalerei attraktiv. Man ging also nach draussen oder gar auf Reisen, um zu malen.
Das Unterrichtsprojekt reagiert ironisch auf diese Vorgehensweise. Statt nach draussen zu gehen, reisen wir digital. Anstelle der Pleinairmalerei orientieren wir uns an einem Screenshot. Muss man überhaupt noch nach draussen gehen, um die Welt zu sehen? Das Thema wirft moralische Fragen und Fragen zur Nachhaltigkeit auf: Was wäre, wenn sich alle (bezüglich des Reisens) so verhalten würden wie ich? Welchen Einfluss hat mein Reise-Verhalten auf die Umwelt? Gibt es Umstände, unter denen ich aufs Reisen verzichten könnte? Unter welchen Umständen könnte das «digitale» Reisen attraktive Alternativen bieten? Ich habe mir beim Planen des Praktikums Gedanken darüber gemacht, ob die Diskussion dieses Themas, das auch moralische Fragen aufwirft, im BG-Unterricht angebracht ist. Das Thema ist hochaktuell, weshalb mich die Meinungen der SuS dazu interessieren. Das Thema knüpft an die Erfahrungen der Jugendlichen an und hat einen Alltagsbezug, der durch die momentane Krise noch verstärkt wird.
Der erste Teil, das Reiseskizzenbuch, ist eher frei angedacht. Die SuS planen ihre Reise selbst. Sie sind in Technik und Art der Bildsprache frei.
Im zweiten Teil, der Malerei, geht es darum, dass die SuS sich in der Bildgestaltung weiterentwickeln und malerische Ausdrucksmöglichkeiten entdecken, erproben und reflektieren.
Lernziele und Beurteilungskriterien
- Selbstständig eine digitale Reise planen, durchführen und gestalterisch in einem Skizzenbuch festhalten.
- Reflektierte Entscheidungen bezüglich Techniken und Bildsprache treffen.
- Persönliche gestalterische Ausdrucksweise weiterentwickeln.
- Erkunden, suchen, sichten, beschreiben, darstellen.
- Umgang mit dem Medium Acryl verbessern.
- Auseinandersetzung mit Aspekten der Bildgestaltung: Bildidee, Komposition, Farbwirkung, Farbperspektive.
- Malerische Ausdrucksmöglichkeiten entdecken, erproben und reflektieren.
Ablauf
DL 1 – 3, Thema Reiseskizzenbuch: Auseinandersetzung mit verschiedenen Skizzenbüchern, die ich zur Inspiration mitgebracht habe. Die Frage, ob man heute noch reisen muss, um die Welt zu sehen, steht im Raum. Es findet eine Diskussion statt. Sie SuS beginnen ihre digitale Reise mit Google Streetview und halten ihre Eindrücke und Beobachtungen gestalterisch fest. Es stehen verschiedene Papiersorten zur Verfügung. In der Technik sind sie frei. Es kann ausgedruckt, collagiert, geschrieben, gezeichnet oder gemalt werden. Als Nebenprodukt soll eine Auswahl an Screenshots entstehen, von denen später ein Referenzbild für die Malerei ausgewählt wird.
DL 4: Die Seiten werden zu einem Skizzenbuch gebunden. Die SuS haben ein Referenzbild für ihre Malerei ausgewählt. Ich zeige vor, welche Möglichkeiten es bei der Acrylmalerei gibt und was beim Vorgehen beachtet werden sollte. Die SuS beginnen mit der Malerei.
DL 5: Kurze Präsentation der Skizzenbücher. Die SuS haben die Möglichkeit, sich gegenseitig Fragen zu stellen. Danach arbeiten sie weiter an ihren Malereien. Ich bin da, um zum Beispiel das Vorgehen zu besprechen, allfällige Inputs zur Technik anzubringen, Mit den SUS ihren Malstil zu besprechen und Fragen zu beantworten.
DL 6 – 8: Die SuS arbeiten an ihren Malereien. Ich begleite sie im Prozess.
Über das ganze Praktikum verstreut machte ich 4 kurze Inputs zum Impressionismus. Behandelte Themen: Überblick, Farbe im Impressionismus, Entstehung der Stilrichtung, Echo bei Publikum und Kritik, Freilichtmalerei.
Reflexion:
Die Pandemie begleitete mein zweites Praktikum, welches eigentlich bereits im Frühling 2020 hätte stattfinden sollen. Im Herbst herrschte dann immer die Unsicherheit, wie lange der Präsenzunterricht noch möglich sein würde, was zusätzliche Flexibilität in der Planung erforderte. Glücklicherweise konnte ich alles so wie geplant vor Ort durchführen.
Die Klasse war sehr motiviert und interessiert an der Aufgabe. Die Durchführung war im Grossen und Ganzen erfolgreich.
Potential sehe ich im Übergang von der Skizzenbuchaufgabe zur Malerei. Die SuS sollten während ihrer digitalen Reise Screenshots von interessanten Szenen machen. Aus diesem Fundus sollten sie später ein Referenzbild für die Malerei auswählen.
In der dritten DL wollte ich die SuS auf ihre Hausaufgabe, einen der Screenshots auszuwählen, vorbereiten. Ich brachte ausgedruckte Screenshots mit und forderte sie auf, die Bilder in geeignete Vorlagen und solche, die ihnen spezifisch für die Malerei als ungeeignet schienen, zu ordnen. Anschliessend diskutierten wir die Resultate. In den nächsten Lektionen wurde klar, dass ich die Szenewahl besser hätte begleiten sollen. Es ergaben sich immer wieder Probleme und Schwierigkeiten, die allein auf das Referenzbild zurückgeführt werden konnten.