Abstract
5 SuS der Schwerpunktfachklasse und aus der Talentförderung beschäftigten sich in der Intensivwoche «Deep from your heart» mit den Impulsen, die ein von ihnen mitgebrachtes Instrumentales Musikstück bei ihnen entfachte. Auf Basis zeichnerisch festgehaltener Eindrücke entstanden Projektideen für künstlerisch-gestalterische Arbeiten, die in verschiedenen Medien umgesetzt wurden.
Inhalt
In der Intensivwoche erhalten SuS die Möglichkeit, sich hinsichtlich ihrer bevorstehenden Maturaprüfung in ihren Fähigkeiten zu prüfen, unter Wahrung zeitlicher Vorgaben, mit und aus einer «vorgegebenen» Ausgangslage heraus, eine eigenständige künstlerische Arbeit zu entwickeln. Die SuS durchlaufen eine zeichnerische Arbeitsphase, in der sie eine Analyse des Ausgangsmaterials vornehmen. Auf Basis des gesammelten Zeichenmaterials überlegen sich die SuS für welche Aspekte sie sich am meisten interessieren, welche Aspekte sich verbinden lassen und woraus sie eine künstlerische Arbeit entwickeln möchten. Durch die Aufteilung einzelner Arbeitsphasen auf Halb- und Ganztage können Arbeitsschritte, die die SuS in der Maturaprüfung innerhalb von 8 Stunden zu bewältigen haben, in der Intensivwoche im Einzelnen vertieft geübt und besprochen werden. In der Intensivwoche «Deep from your heart» dient den SuS ein eigens ausgewähltes Instrumentales Musikstück als Ausgangslage, zu welchem sie einen persönlichen und emotionalen Bezug herstellen können. Da Musik heute keiner Gesellschaft mehr vorbehalten ist und sie nach Stendhal jeder hört und liebt, stellt die Suche einer solchen Ausgangslage für die SuS keine Schwierigkeit dar. Ein Instrumentales Musikstück im Sinne eines Impulsgebers für die Entwicklung einer künstlerischen Arbeit zu nutzen, hat die Absicht, die SuS darin zu schulen, aus «nichts» und aus sich herausarbeiten und etwas bewerkstelligen zu lernen. Instrumentale Musik lässt sich als abstrakte Form begreifen, die weder materiell noch bildsprachlich etwas vorgibt. Die Frage nach dem Empfinden der SuS stellt sich somit allem anderen voran. Was höre, sehe, fühle ich? Die Methode erinnert an das Romantische Thema der Langeweile (Safransky), deren Hauptproblem jenes ist, dass nicht gewusst wird, was mit ihr anzufangen. So wird nach Bärfuss gerade Musik überwiegend von den jüngeren Generationen nur noch beiläufig gehört. Sie geht hier rein und da raus. Hören wir noch? Sehen wir noch (Lukas Bärfuss, Literaturclub SRF Kultur vom 05.07.22)? Können wir unsere Impulse noch einfangen? Wie können wir uns spüren und unser Gemüt in eine Welt, die voller Bilder ist (Erinnerungen, Wünsche, Ängste) einbinden? Das übergeordnete Ziel des Projektes stellt die Aufgabe dar, mit sich selbst und den eigenen Gefühlen etwas anfangen zu lernen und hieraus die Selbstsicherheit für die Prüfung zu erlangen, mit gleich welchem Ausgangsmaterial, einen Umgang finden zu können.
Lernziele und Bewertungskriterien
Lernziele:
- SuS können eigene Impulse wahrnehmen und diese zeichnerisch und schriftlich festhalten
- SuS können auf Basis festgehaltener Impulse ein Vorhaben für eine künstlerische Arbeit entwickeln, welches in der vorgegebenen Zeit umsetzbar ist
- SuS können Ihren Denk- und Arbeitsprozess reflektieren und dazu eine kritische Stellung beziehen
Ablauf
Die SuS stellten sich mit dem von ihnen individuell mitgebrachten instrumentalen Musikstück vor, wobei sie ihre persönlichen Beweggründe zur Auswahl des Musikstückes offenlegten. Dies ermöglichte einen Übergang zum Thema und zu den Lernzielen der bevorstehenden Woche.
Nach einer Besprechung des Projektes (Projektheftes) starteten die SuS gemeinsam in eine Einwärmungsübung, bei der sie sich ein instrumentales Musikstück anhörten, welches ich vorgab. Die SuS bemalten einen Kreis mit den Farben, die sie dem Musikstück zuschrieben, schnitten den Farbkreis aus, steckten diesen über einen Holzkreisel und brachten diesen zum kreiseln, wodurch jeweils Mischfarben entstanden. Die Übung ermöglichte eine Analyse erster dem bevorstehenden Projekt innewohnender Fragen und Themen, die über den untersuchten Aspekt der Farbe, als eines der ersten mit der Musik in Verbindung gebrachten Medien hinaus, über die Synästhesie, zur Individualität unserer Wahrnehmung und zum für das Projekt notwendigen Faktum des Entscheides, einer Wahrnehmung Geltung zuzumessen führten.
Mit einem kurzen Text von Agnes Martin wurden die SuS folglich ermutigt, bei der Analyse ihres Musikstückes in sich zu gehen und ihren Eingebungen auf direktestem Wege Folge zu leisten, mit dem Wunsch, die Genugtuung zu erfahren, sich selbst oder einen Teil der eigenen Gefühle am Ende in der entstandenen Arbeit wieder entdecken zu können.
Die zeichnerisch und schriftlich festgehaltenen Impulse der SuS sowie ihre ersten Ideen für die Umsetzung künstlerischer Arbeiten wurden im Plenum besprochen. Es folgte eine intensive eigenständige Arbeitszeit für die SuS an der Planung und Umsetzung ihrer Projekte entlang der Aufgaben im Projektheft, wobei die SuS von meiner betreuenden Lehrperson und mir individuell betreut und unterstützt wurden.
Nach der Fertigstellung der künstlerischen Projekte planten die SuS eine Präsentation ihrer Arbeiten, wobei sie sich nach einem für ihre Arbeiten geeigneten Ausstellungsort im Schulhaus umsehen durften. In einer letzten Unterrichtsstunde bereiteten die SuS eine mündliche Präsentation vor, wobei sie sich unter anderem mit der Frage konfrontiert sahen, ob ihre entstandenen Arbeiten nun noch der Ausgangslage (Musik) bedurften oder ob sich ihre Arbeiten weitgehend verselbstständigt haben.
Mit einem Text von Hans Saner wurden die SuS abschliessend um die Reflexion gebeten, zu welcher Reaktion sie ihre Emotionen trieben und wie sie mit ihrer Arbeit letztlich auf ihre Ausgangslage reagierten.
Reflexion
Die SuS brachten aufgrund ihres eigenen Interesses am Fach und ihrer herausragenden Vorbildung eine Selbstverständlichkeit für die zu verrichtende Arbeit in der Intensivwoche mit. Dies zeigte sich bereits zu Beginn der Woche anhand der Vielfältigkeit und technischen Variabilität, die sie beim zeichnerischen Sammeln und Festhalten erstere Impulse an den Tag legten. Bei den Besprechungen ihrer Vorhaben bezüglich wirkungsvoller Umsetzungsmöglichkeiten bedurften die SuS zum Teil der Motivation, sich einem ihnen weniger vertrauten bildnerischen Medium anzunehmen, um das im Kopf schwebende Bild möglichst wirkungsvoll umsetzen zu können. Die Unterstützung meiner betreuenden Lehrperson in offenen Arbeitsphasen ermöglichte eine problemlose Betreuung und Organisation aller individuellen Projekte. Die Rückmeldungen der SuS zur Intensivwoche waren ausschliesslich positiv. Die Offenheit der Aufgabenstellung, die erhaltene Unterstützung in der Umsetzung ihrer eigenen Bildwelten und das Erleben einer intensiven eigenständigen Projektarbeit hatte ihnen nicht nur Freude bereitet, sondern ihnen auch die Zuversicht gegeben, mit dem ihnen noch ungewissen Ausgangsmaterial, was sie in der Prüfung erwartet, einen Umgang zu finden. Die klaren Vorstellungen der SuS bei der Präsentation ihrer Arbeiten, wie diese angeschaut werden sollen, eröffneten ein Thema, welches ich der Intensivwoche folgend mit den SuS besprochen hätte. Wieviel kann ich bei der Präsentation meiner Arbeit steuern? Wie weit kann ich BetrachterInnen lenken? Inwieweit kann und sollte die individuelle Wahrnehmung und Lesart eines Betrachtenden wann und warum (nicht) beeinflusst werden?