Geschichten erzählen und verbildlichen, alltägliche Themen in Bildern zeigen. Dramatische Wendungen halten die Spannung, Unerwartetes wird herbei gezeichnet. Einige Comics zeigen trotz formalen Grenzen viel Subtext (Subinhalt) und öffnen neue Gedankenwelten.
Dieses Praktikum konnte ich in einer vierten Gymnasialklasse im Grundlagenfach an der Kantonsschule Alpenquai während neun Doppellektionen durchführen. Die Praxislehrperson fragte mich, ob ich die menschliche Figur thematisch einbinden könnte. So entschied ich Beobachtungen an der menschlichen Figur, das figürliche Zeichnen und in einem zweiten Teil das zeichnerisches Geschichten-erzählen einzuführen. Wir erstellten Comics und zeigten sie an einem Ort, der allen Klassen des Gymnasiums zugänglich ist.
Was ist Comic?
Mit Illustrator*innen und Zeichner*innen im Gespräch wurde mir bewusst, dass Definitionen für Comic, oder klare Genre-Zuordnunge kontrovers diskutiert werden. Zwei Hauptquellen, welche mich bei Unterrichtplanung vorwärts brachten teile ich.
Für das Comic zeichnen bediente ich mich verschiedenerlei technischer und formaler Überlegungen des Zeichners und Schreibers Scott Mc Cloud und für die Umsetzungsvorgaben des Comics einfache Tipps zur Bilderarbeitung und die Realisation der Ausstellung, fand ich bei der lebendigen und niederschwelligen Comic Bewegung rund um den indischen Comic Zeichner Sharad Sharma interessante Ansätze.
Sharad Sharma
Sharad Sharma instruiert Menschen, oftmals solche die nicht zu zeichnen gewohnt sind ihre Geschichten zu erzählen, um damit die Welt zu verändern. Er macht Workshops an verschieden Orten und teilt seine Arbeitsweisen mit vielen Illustrator*innen damit sie weitere Workshops anleiten können.
https://worldcomicsnetwork.wordpress.com/
Scott Mc Cloud
Scott Mc Clouds Bücher sind eine eigenwillige Comictheorie oder Untersuche was ein Comic beinhalten kann und wie er gemacht wird. Seine theoretischen Bücher werden durchgehend in Bildern erzählt und waren mir sehr zugänglich.
Scott Mc Clouds Diskussion über eine mögliche Comic-Definition, haben wir in der Klasse zusammen mit verteilten Rollen gelesen. Wir hatten Spass gleichzeitig wurden überraschend viele Fragen geklärt. Unten ist ein exemplarischer Buchauszug, es ist nicht die oben erwähnte Stelle.
- Bildband, Comics machen
- Bildband, Comics richtig lesen
Begründungsanalyse
Mit dem Wunsch sowohl das figürlich Zeichnen als auch Comic mit den Schüler*innen anzuschauen, habe ich die 9 Doppellektionen in zwei Module aufgeteilt. Das Modul I, figürliches Zeichnen ein kürzeres Modul in welchem die Schüler*innen Erfahrungen sammeln, auf welche/n sie im Modul II, dem Comic machen, zurückgreifen können. Im Comic Modul habe ich sehr klare Einschränkungen bezüglich der Erdzählform (vier Bilder) und den Umsetzungskriterien gemacht.
Lernziele und Beurteilungskriterien
Modul I: Laboratorium die menschliche Figur
Lernziele:
- Drei neue Techniken des aufbauenden figürlichen Zeichnens
kennenlernen & anwenden. - Den Begriff der Figur im Zeichnen und im Kontext der Kunstgeschichte verankern (S. verstehen den Wert der figürlichen Zeichnung vor der Erfindung und Popularisierung der Fotografie.)
Kriterien:
Seit genau in der Arbeitsweise.
Traut euch zu forschen, zu scheitern, zu entdecken
Nutzt die Gruppen, diskutiert über Erkenntnisse, Fragen, Sonderbares
Modul II: Comic Power, erzählen in vier Bildern
Lernziele
Ich habe für jede Lektion Lernziele geschrieben. Es wurden viele Lernziele und hier führe ich einige zusammengetragen.
- Das Phantasieren und Erzählen der S. soll gefördert/ angekurbelt werden. S. lernen eine Erdzählidee und deren Handlungen in vier Bildern schnell und skizzenhaft darzustellen.
- S. verstehen die gängige Leserichtung und «Regeln» von Panels im Comic. S. verstehen was ein Panel ist und welche Funktion es hat. S. verstehen die Unterteilung eines Panels mit Vorder- und Hintergrundbildinformationen. S. erkennen Unterschiede in der Blickführung und deren gängige Anwendung zur Gestaltung der Panels. (Camara Angle)
- Die Beurteilungskriterien und der Beurteilungsprozess werden von den S. nachvollzogen und verstanden. S. erhalten Einblick in mein Vorgehen bei der Benotung, können die Zusammensetzung der Benotung nachvollziehen.
- S. lernen die bildnerischen Mittel und Leserlichkeit der Comics ihrer Mitschüler*innen zu diskutieren.
- S. arbeiten selbständig und konzentriert an der Umsetzung ihres Comics.
- S. reflektieren ihr Arbeiten mit einem Brief-Gruß und einer Erkenntnis, welche niedergeschrieben an ein/e Mitschüler*in verschickt wird. Die Gedanken der S. verlassen dabei den schulischen Raum und werden per Post in den privaten Raum getragen.
- S. setzten sich mit den gestalterischen Möglichkeiten bei einer schwarz/weiß Umsetzung auseinander.
- S. gestalten in kleinen Gruppen einen Teil des Displays machen sich dabei Gedanken über das Anordnen ihrer Arbeiten und dessen Wirkung. S. hängen zusammen ihre Arbeiten auf und eröffnen ihre Ausstellung.
Kriterien:
Siehe Benotung
Ablauf
Klasse kennenlernen/ Ein lockerer Einstieg
Zeichne einen Klassenkameraden per Los und zusammen erraten wir danach wer wir sehen. Attribute und Hinweise sind erlaubt. 5min Zeit. Zweckmässigkeit: Ich als Praktikantin brauche die Zeichnungen um mir die Namen der Schüler*innen schnell merken zu können!
Modul I: Figürliches Zeichnen, ein LAB
Ziel des Modul I war es, dem figürlichen Zeichen, auf eine bewegte und spielerische Weise näher zu kommen. Um so dem Grundverständnis vieler Schüler*innen figürliches Zeichnen sei anstrengend, müsse naturgetreu, genau und proportional sein mit Leichtigkeit etwas entgegen zu halten.
Es entstand das «figürliches Zeichnen LAB» (Laboratorium)
Zeit für Beobachtungen, Fragen und Skizzieren, für Entwürfe die bei Bedarf auch verworfen und zerrissen werden dürfen.
Mit einem Postenlauf in Gruppen mit vier bis fünf Schüler*innen. Bei jedem Posten setzten sie sich in einer anderen Form mit dem Beobachten und dem Skizzieren der menschlichen Figur, (ihrer Gruppenmitglieder) auseinander. Es folgen die Arbeitsblätter der einzelnen Posten.
- Der Kugelmensch (schnelles kreisförmiges erfassen der Figur)
- Mass und Proportionen untersuchen (Bleistiftmassstab erproben)
- Skelettieren (Untersuchung der Körperachsen)
Eindrücke Modul I
Modul II: Comic Power / Bildergeschichte in vier Bildern
Auftrag der Vertiefungsarbeit
Entwickeln und ausformulieren eines Comics in vier Bildern.
Die Geschichte enthält eine Figur und es gibt eine Wendung, einen Twist, eine Überraschung. Bilderaufbau und Bildsprache werden bis zur letzten Umsetzung laufend weiterentwickelt und verfeinert.
- Zeit: vier Doppellektionen
- Material: A3 Papier, Bleistift oder Kugelschreiber
- Umsetzung in Schwarzweiß auf A3, verschiedene Filzstifte
- Ausstellen der Comics in der Schulbibliothek.
Einstieg
Das Video kam bei den Schüler*innen sehr gut an und motivierte sie zu zeichnen ohne einen selbst entwickelten eignen Stil zu haben oder sich als Zeichner*innen zu sehen.
„Shaban & Käptn Peng – Sie mögen sich
Aufwärmen mit einem «Comic Heiku»
Um anzukommen im Erzählen mit Bildern, haben wir uns kurz drei Sätze, oder Wortschlangen aufgeschrieben. Es wurde ein Moment oder eine Beobachtung auf dem Schulweg oder sonst wo erinnert, erdacht. Diese drei kurzen Sätze oder Wortsammlungen wurden in drei Zeilen geteilt und dann schnell und skizzenhaft bebildert. Danach haben wir uns die Bilder ohne Schrift auf dem Projektor gezeigt.
Comics schmökern
Die Schüler*innen konnten wenn immer sie selbständig arbeiteten bei unserem Comictisch schmökern und lesen gehen.
In gewissen Momenten der Comicerarbeitung zeigte ich einige Comic oder Bildsequenzen, bspw. bezogen auf die Umsetzung in Schwarz und Weiss. Die Strapazin Magazine waren mir mit vielen verschiedenartigen Comics eine umfangreiche Quelle.
Beispiele verschiedener schwarzweiss Umsetzungen aus verschiedenen Strapazin Magazine, um den Schüler*innen Möglichkeiten zu zeigen:
- Wie sie mit Schwarz und weiss Hinter und Vordergründe schaffen können.
- Wie sie durch die Gestaltung der Flächen mit Mustern ect. verschiedene Bildebenen erschaffen können.
Umsetzung
Für viele Schüler*innen war es erst schwierig von der Idee einer Geschichte aufs Blatt zu kommen. Danach folgte die Schwierigkeit die Bleistiftzeichnung zu verlassen. Die Verdeutlichung des Inhalts durch die schwarzweiss Umsetzung, deren Ästhetik, das Wechselspiel von Vorder- und Hintergrund, welches auch mit grosszügig schwarz gefärbten Flächen entstehen kann, hat die Schüler*innen beeindruckt und positiv überrascht. Es folgen einzelne Schüler*innenarbeiten.
Ausstellung in der Bibliothek
Die Anordnung der einzelnen Comics haben die Schüler*innen selbst in der Lektion davor erarbeitet, nach einem Einstieg zum Thema Displays. Ich habe die Anordnung genau so belassen.
Ausstellungskatalog/ Comic Büchlein
Eine zwanzig seitiges Heftchen in A5 für jede/n Schüler*in und weitere Unterstützer*innen des Projektes mit einem Dank an die Zeichner*innen, dem Entstehungsjahr und siebzehn Beiträgen.
Reflexion
Zwei Modulen waren zu viel. Ich denke die Schüler*innen hätte sich in den geplanten acht Lektionen auch einzig mit dem Comic und der Welt des Erzählens beschäftigen können. Ich konnte von acht auf neun Doppellektionen erweitern um die Ausstellung entspannt umzusetzen. Heute würde ich nur eines der beiden Module durchführen. Dennoch bin ich froh mit beiden Modulen Erfahrungen gesammelt zu haben.
Die Schüler*innen, befragte ich mit einem anonymen Rückmeldungsbogen über den Unterricht und die Modulinhalte. Das Comicprojekt war der klarer Favorit der Schüler*innen, dennoch erwähnten viele das Laboratorium, im Besonderen das freie Skizzieren genossen zu haben. (Skizzen erstellen, die weder für weitere Umsetzungen noch für Benotungen genutzt werden). Sie waren sehr erstaunt und begeistert über die Wirkung der schnellen Kugelzeichnungen in Kohle und wie die Figur und deren Haltung und Handlung trotz Reduktion zur Geltung kommt.
Dieses Praktikum habe ich aus meiner Sicht sehr eng geführt und der Rahmen der Aufgabenstellung war klar formuliert. Den Schüler*innen mag es weniger aufgefallen sein, aber ich würde heute auch mehr Spielraum offenlassen. Die enge Führung wählte ich auf Grund eigener Unsicherheit, was die Schüler*innen bei so einem Projekt brauchen.
Die Briefaktion erachte ich als sehr gelungen und werde ich wieder durchführen. Nach dem Erhalten der Briefe, hat sich in der Klasse eine kleine Veränderung der Grundstimmung abgezeichnet. Eine Leichtigkeit und ein merkbar grösseres Interesse für andere Schüler*innenarbeiten, Nicht nur für Arbeiten, von nahestehenden Freund*innen.
Auch als ein erfreuliches und kollektives Ereignis, kann die Ausstellung der Comics in der Bibliothek erwähnt werden. Die Klasse hat das Ausstellen als ein gemeinsames Auftreten wahrgenommen und Schüler*innen habe sich bei der Gestaltung des Displays gegenseitig bestärkt. Zum Beispiel wurden Arbeiten, welche von den jeweiligen Zeichner*innen als zu wenig gut empfunden wurden, von Mitschüler*innen inkludiert mit dem Argument, sie unterstützen andere Arbeiten thematisch oder überzeugen mit diversem Stil und sollten deshalb unbedingt Teil der Ausstellung sein.