In diesem Praktikum einer 2. Gymnasiumsklasse (17-18 Jahre alt) habe ich mit den SuS die Collage als künstlerische Methode behandelt. Wir haben in den zwei praktischen Aufgaben mit zwei verschiedenen Methoden gearbeitet. In der ersten Aufgabe ging es um das Zusammenführen zweier Bilder und einem realistischen Bildergebnis. In der zweiten Aufgabe haben wir uns anhand eines Gedichts assoziativ und abstrakt im Medium bewegt.
Sach- und Begründungsanalyse
Zuerst habe ich mich gefragt, was ich persönlich an der künstlerischen Methode/Technik spannend finde und auch, auf was es ankommen kann. Obiges Mindmap war ein erster Annäherungsversuch mit ersten Konkretisierungen und einer thematischen Anknüpfung an das von der Klasse gerade behandelte Thema Surrealismus. Nach meiner Hospitation verwarf ich meine anfänglichen Ideen, weil die Stufe und Klasse nach einem engeren Rahmen der Aufgabe verlangte. Ich lieh daher Bücher aus der Bibliothek aus und machte mich auf die Suche nach möglichen praktischen Werken, welche sich in ihrer Machart anbieten könnten. Bald hatte ich einige Ideen.
Für die erste Aufgabe habe ich mich auf Collagen fokussiert, welche Schnitte verbergen und ein Täuschendes Moment beinhalten (z.B. Gesichter austauschen, Badeanzug verschwinden lassen). Anhand einer Auswahl habe ich dann die Methode, das Thema und die gestalterische Kriterien ausgearbeitet. Mein Ziel war es, eine möglichst einfache Technik (hier: mit Hintergrund, Vordergrund zu arbeiten) anzuwenden, welche die Schüler*innen sogleich motivieren. Viel hat es zur Motivation dieser auch nicht bedarft. Sie waren schon begeistert davon, nicht zeichnen zu müssen. Die zweite Aufgabe war dann bereits schwiriger und der ersten Methode entgegengesetzt. Hier ging es darum, dass die Schnitte sichtbar bleiben und mit Abstraktionsgrad gearbeitet wird. Ich wollte ganz bewusst zwei gegensätzliche Collagen machen, um eine Vielfallt der gestalterischen Qualitäten der Collage anzudeuten.
Lernziele und Beurteilungskriterien
Lernziele waren einerseits, das Medium Collage kennenzulernen und zu verstehen, dass es vielseitige Gestaltungsqualitäten gibt. Spezifischer sollten die SuS aus und in der ersten Aufgabe lernen, inwiefern eine übereinstimmende Perspektive der zusammenzuführenden Bilder ausschlaggeben ist (und damit verbunden auch das Lernziel, die Aufnahmeperspektive eines Bildes zu erkennen), wie sich Farbkontraste aufeinander auswirken, wie Hinter- und Vordergrundebenen funktionieren und wie mit Grössenverhältnissen von Aufnahmen gespielt werden kann. In der zweiten Aufgabe waren Lernziele die Verbindung der Bildsprache mit Sprachbildern (Metaphern und Gedicht; SuS waren im Sprachprofil und daher sprachlich stark), das Kennelernen und bewusste einsetzen vom Schnitt in der Collage, das Abstrahieren durch das Einsetzen von Oberflächenstrukturen, das Verbindungen suchen und finden können von verschiedenen Bildern. In der ersten Aufgabe waren Beurteilungskriterien die Ausführungsqualität, das Umsetzen des Themas gefüllt sein oder verschwinden, das Einsetzen von Grössendimensionen oder Farbkontrasten. Wenn die Schüler*in die konkrtene Vorgaben erfüllt hat, setzte ich die Note bei einer 4.5 an. Dann gab es 0.25 Aufschlag für jedes weitere sehr gelungene Gestaltungskriterium wie: Originalität, besonders gelungene Farbkomposition, Bildkomposition (…). Abzug gab es, wenn die Aufgabe nicht fertig, nicht rechtzeitig oder sehr unsorgfälltig ausgeführt worden war. Bei der zweiten Aufgabe setze ich die 4.5, wenn alle formalen Vorgaben erfüllt worden sind. Erneut gab es für besonders gelungene Gestaltungen 0.25 Aufschlag.
Ablauf: Erste Aufgabe
Ich brachte von zu Hause viele meiner Bücher mit und stellte sie dieser der Klasse für die Aufgaben zur Verfügung. Das Material war alles bereits bereitgelegt, bevor die Stunde startete. Ich führte schnell in das Thema ein und verteilte das Aufgabenblatt.
Wir erarbeiteten uns die drei Beispielbilder zusammen, indem wir die machart und das überraschende an ihnen im Plenum herausarbeiteten. Dann durften die SuS auch bereits starten. Auf dem Aufgabenblatt waren bereits die wichtigen Bewertungskriterien abgebildet. Zur Abgabe gehörte auch eine kurze Reflexion zu a), b), c) auf dem Aufgabenblatt.
Weil ich das Gefühl hatte, dass nicht alle Schüler*innen das Prinzip des Bilder übereinanderlegens verstanden hatten, habe ich zu Hause 1-2 gute Beispiele gesucht und als Einstieg in die Lektion mit der Klasse zusammen angeschaut. Dabei wollte ich sie direkt sehen lassen, wie sich verschiedene «Füllbilder» auf das Gesamtbild auswirken. Dabei haben die Schüler*innen verstehen und sehen können, wie wichig die Perspektive und der Farbkontrast sich auswirken. Mit diesem Input gestärkt, haben sie sich an die Weiterarbeit gemacht. Alle konnten ihre Arbeiten rechtzeitig abschliessen.
Ablauf: Zweite Aufgabe
Ich brachte ein Gedicht von Eichendorff mit, welches wir auf Sprachbilder hin analysierten.
Diese Übung hatten wir ganz am Ende einer DL gemacht. In die neue DL brachte ich dann das eigentliche Gedicht mit, zu welchem die SuS die zweite Arbeit gestalten sollen. Und zwar ist das ein Gedicht von Nadja Küchenmeister (einer zeitgenössischen Lyrikerin). Das mitgebrachte Gedicht hat 5 Strophen. Die Schüler*innen durften diese Arbeit im 2er-Team machen. Jede Gruppe loste ihre Strophe, bearbeitete diese dann wie wir es bei der Mondnach geübt hatten. Nun ging es darum, anhand des gesuchten Profils Bilder zu suchen. Das Format für die Arbeit hatte ich vorgegeben (A5 – also recht klein). Die gesuchten Einzelteile für den Hintergrund sollten so gewählt sein, dass keine gegenständlichen Motive sichtbar sind. Zuerst sammelten also die Schüler*innen anhand ihrer Gedichtinterpretationen kleine Bildausschnitte. Zu Beginn der darauffolgenden DL mussten alle ihre Sammlungen auslegen und sortieren. Dann machten wir zusammen einen Rundgang und analysierten jede Sammlung. Wir identifizierten Stärken und Nachsammlungsbedarf. Nun ging es aber bald um das Zusammensetzen dieser Einzelzeile zu einem Ganzen. Dazu hatte ich von zu Hause ein Beispiel mitgebracht, um das Vorgehen (hier eine Art Puzzle) zu veranschaulichen.
Johanna Goodman Spring Break (2011-2013) 22.9cm x 30.5cm
Nachdem ich diesen Input gemacht hatte, hatten die SuS alle verstanden, wie sie ganz konkret vorgehen können beim Zusammensetzen der Einzelteile zu einem grösseren Ganzen – einer abstrakten Landschaft so zu sagen. Bis zum Ende der DL hatten alle bereits Lösungsansätze für sich herausgearbeitet. Diese fotografierten sie, damit sie zu Beginn der kommenden Lektion das «Puzzle» wieder zusammensetzen konnten. Nun war die vorletzte Lektion. Ich führte das abschliessende Element – das gegenständliche Motiv – ein, welches es dann galt, in der Landschaft zu plazieren. Jemand aus der Gruppe suchte zum Gedicht passende Motive, die andere Person arbeitete an der abstrakten Landschaft. Bis zum Ender der Stunde waren viele fast fertig fortgeschritten. In der letzten DL hatten die SuS dann in den ersten 20-30 Minuten Zeit, ihre Bilder zu kleben und zu finalisieren. Ich fotografierte die Bilder laufend ab und fügte sie mit der ihnen zugehörigen Gedichtstrophe zusammen. In der zweiten und letzten Stunde (auch vor Weihnachten), schauten wir uns die Gestaltungen zusammen mit den Gedichten an und analysierten diese gemeinsam. Dazu gab es von mir mitgebrachtes, selbstgebackenes Gebäck. Es war ein sehr schöner Abschluss gewesen.
Reflexion
Grundsätzlich bin ich mit diesem ersten Praktikum zufrieden. Das Unterrichten hat mir viel Freude bereitet und ich konnte meine Unterrichtsziele erfolgreich verwirklichen. Das habe ich aber vor allem meiner sehr engagierten Praxislehrperson zu verdanken, welche mir nach jeder gegebenen Doppellektion Tipps und Feedback gegeben hat, von welchem ich sehr profitieren konnte. Sie hat sich meine Überlegungen immer angehört und dann mit ihrem langjährigen Know-How ergänzt. Manchmal waren diese Gespräche auch anstregend – vor allem nach dem ich bereits zweimal 90 Minuten nach einander unterrichtet hatte. Jedoch habe ich vom Feedback, jetzt auch im Nachhinein betrachtet, immer sehr profitiert. Feedback habe ich zu fast allem erhalten: Aufführungskompetenz, Unterrichtsplanung, Sequenzen im Unterricht, SuS Feedback geben, die Beudetung von Bewertungskriterien (…). Für diese sehr lehrreiche Zeit bin ich sehr dankbar.
Das Unterrichtsprojekt mit diesen beiden Aufgaben würde ich aber so nicht mehr durchführen, denke ich. Ich würde zuerst mit Übungen arbeiten wollen, welche nicht bewertet werden, damit SuS sich mit dem Medium vertraut machen können. Die zweite Aufgabe hingegen würde ich so wieder durchführen – so zu sagen dann als eigentliche Arbeit, welche benotet wird. Zwar haben die Sus an der ersten Aufgabe viel Gefallen gefunden, jedoch denke ich, dass der Aufgabe aufgrund des sehr spezifischen Suchens von Bildern auch eine gewisse «Willkürlichkeit» im Sinne von «Glück» innewohnt. Die zweite Aufgabe umgeht dieses Glück mehr, da hier gestalterische Fähigkeiten im Vordergrund stehen. Das ist der Aufgabe geschuldet und auch dem Umstand, dass das Werk nicht aus dem Zusammenführen von nur zwei Bildern, sondern dem Zusammenführen vieler abstrakter Bildausschnitte besteht. Die zweite Aufgabe, so denke ich, hatte viel Potenzial. SuS konnten das hin- und herdenken zwischen Text und Bild, das Verständnis von Bildaufbau, Bildzusammenhalt und dem Schnitt in der Collage entdecken und ästhetisch erfahren. Zudem habe ich das Feedback erhalten, dass es den SuS viel Spass machte, diese Arbeit im Team zu bewältigen. Ich fand denn auch (von einer Dreiergruppe ausgenommen), dass sie sehr gut im Team gearbeitet haben. Sie haben sich vertieft zusammen mit der Aufgabe auseinandergestezt, sich viel ausgetauscht und Entscheidungen zusammengetroffen. Es herrschte eine sehr produktive Arbeitsathmosphäre. Ich denke daher, dass ich je nach Klasse und Aufgabe, gerne wieder eine gestalterische Teamarbeit durchführen würde. Was ich an der Durchführung der zweiten Aufgabe anders machen würde, ist, von anfang an die Teilschritte mit der Klasse zu Beginn der Stunde zu erabeiten. Ich habe erst im Verlauf der Lektionen gemerkt, wie sehr es das Verständnis der SuS fördert, wenn ich ihnen für diese doch komplexe gestalterische Aufgabe die einzelnen Schritte nach und nach aufzeige. Zudem habe ich einzelne Gruppen mehr als andere Unterstützen müssen bzw. einzelne Gruppen hatten mehr Fragen und erhielten dadurch mehr Unterstützung. Ich bin mir nicht sicher, ob das Fair ist, wenn ich hier so sehr unterstütze. In einem nächsten Praktikum werde ich wohl gerne Tipps geben, jedoch auf die vielen Fragen eher mit Gegenfragen zu helfen versuchen und nicht «Antworten vorgeben».
Ich habe erst im Nachhinein und jetzt wo ich eine Klasse mit 21 SuS unterrichte, festgestellt, wie sehr ich von der Unterrichtsstruktur der Halbklasse profitiert habe. Erstens habe ich das Gefühl, dass ich meiner Aufgabe in der Vermittlung in den Halbklassen viel besser entegegenkommen konnte. Ich konnte adaptiv Handeln und Entscheiden und intensiv auch auf individuelle Bedürfnisse eingehen. Das habe ich auch aus einer SuS-Rückmeldung entnommen, wo mir gesagt wurde, dass die Person «sehr viel gelernt hat». Darüber habe ich mich sehr gefreut. Zudem und noch wichtiger, habe ich, dadurch, dass ich die Unterrichtslektion im Anschluss gleich nochmals halten musste und Adaptionen vornahm, gelerntes gleich nochmals vertiefen können. Ich wäre sehr froh, wenn ich in Zukunft an einer Schule unterrichten könnte, wo Halbklassenunterricht gegeben wird. Ich finde, dass es gerade im BG sehr sinnvoll wäre.
Dadurch, dass es mein erstes Praktikum war und ich in fast allen bereichen des Unterrichtens Erfahrungen und Lernrprozesse durchgemacht habe, könnte ich wohl eine ewig lange Reflexion verfassen. Daher belasse ich es bei obigen ausformulierten Punkten. Abschliessend möchte ich sagen, dass ich sehr viel mitnehme und für diese positive Erfahrung sehr froh bin.