Anlässlich der Netzwerkwoche in Basel im Museum-Tinguely zu den translokalen Performance Geschichte:n suche ich nach kleinen, handlichen und vielfältig einsetzbaren Unterrichtsepisoden, die den Schülerinnen und Schülern in unterschiedlicher Art und Weise Performance als Erlebnis und Kulturtechnik näher bringen soll.
Verschiedene Vortragende erläutern ihre Forschungsarbeit im Feld der Performance aus ganz unterschiedlichen Perspektiven, geschichtlichen und biographischen Kontexten und spezifischen Interessensgebieten heraus. Ich sammle während diesen Vorträgen visuelle Eindrücke, Fragen und Forderungen, Überschneidungen und Überlappungen der verschiedenen Beiträge und lasse sie in einer gezeichneten Map zusammenwachsen und ineinanderfliessen. Das Visual Recording dient mir als Werkzeug zum konzentrierten Zuhören und Verarbeiten des Gehörten und Gesehenen.
Wie kann ich die Gattung der Performance in meinen bildnerisches Gestalten-Unterricht einsetzen? Welche Aufhänger oder Ankerpunkte aus der Performancegeschichte kann ich nutzen, um mit Klassen das Thema Performance zu bearbeiten? Wie rege ich sowohl zum Beobachten, Recherchieren und Analysieren, wie auch zum aktiven Ausprobieren, in-Rollen-schlüpfen und Verkörpern an?
Ich nutze das Archiv «ein algorithmisch errechnetes Videoprogramm», das alle videografischen Beiträge der digitalen Sammlung in voller Länge zeigt als Pool, um mir vier Unterrichtsepisoden auszudenken, die ich mit Schülerinnen und Schülern am Gymnasium im bildnerischen Gestalten so oder leicht abgewandelt durchführen könnte. Ich versuche dabei, sowohl Komponenten wie «nachstellen» / «nachempfinden», «erfahren» / «erleben», als auch «recherchieren» / «verstehen lernen» anzuregen.
Episode Nr. 1
Die Arbeit von Till Langschied «TUMAROH`S HEART WILL GO ON» (2020) spielt mit einer starken popkulturellen Referenz, nämlich der Reling-Szene aus dem Film Titanic. Sie variert und karikiert diese Szene, spielt mit Videozitaten aus der Meme- und Youtube-Welt und arbeitet mit einem Avatarfigur. Die Schülerinnen und Schüler werden hier dazu angehalten, sich ein ähnlich ikonisches Zitat aus der Popkultur auszusuchen und mit den Mitteln ihres Körpers, einer vorgegebenen Palette an Requisiten und einem klar definierten Raumgeviert ihre Referenz zu untersuchen, nachzustellen und zu varieren. Ist die Kurzszene von einer Minute eingeübt, werden die Performances vor der Klasse live durchgespielt.
Episode Nr.2
Regina Simon arbeitet mit verbundenen Augen an einer intensiven Momentaufnahme, indem sie Stimme und zeichnerischer Gestus nutzt und beides zu einer besonders intensiven Art der Innerlichkeit verschmelzen lässt. Ausgehend von dieser Performance und der oft gehörten Schüler*innen-Aussage «Das könnt ich jetzt also auch», empfinden wir die von Regina Simon dargebotene Szene nach. Statt der eigenen Stimme wird ein Musikstück gesucht, zu dem gestisch gezeichnet und «gespurt» wird. Die Schülerinnen und Schüler schreiben hinterher ihre Empfindungen und Eindrücke in einem kleinen «Protokoll der Sinne» nieder.
Episode Nr. 3
Das Kuratorinnen-Duo baronebreu lädt in ihrer Performancereihe LIVELOAD DEADLOAD verschiedene Kunstschaffende dazu ein, eine Brücke in Zürich performend zu bespielen. Ausgehend von der dabei entstandenen Fotostrecke stelle ich den Schülerinnen und Schülern die Aufgabe, sich eine architektonisch besonders spannende, weil zBsp verwinkelte, enge oder mehrere Raumelemente verbindende Ecke im Schulhaus auszusuchen und dort eine Bildreihe zu dem Gegensatzpaar aktiv / passiv (angelehnt an den Titel LIVELOAD DEADLOAD) zu fotografieren. In einer Gruppenarbeit sollen die Schülerinnen und Schüler Raum, Körper und bildgebendes Mittel, also die Kamera, zu einem Gesamtarrangement werden lassen. Besonders auf den Körper und seine Möglichkeiten Spannung und Erschlaffung, Widerstand und Willkommenheit etc auszudrücken sollen die Schülerinnen und Schüler bei dieser Aufgabe achten.