ABSTRACT
Ausgehend von einer Recherchearbeit eines selbstgewählten, architektonischen Bauwerks entwerfen die Schüler*innen einer 4. Klasse im Langzeitgymnasium eine eigenständige Papierskulptur. Mittels Falttechniken, Schneiden und Kleben gestalten sie so ein dreidimensionales Papierobjekt. Anschliessend inszenieren die Schüler*innen ihre Skulptur an einem frei gewählten Ort und halten diese fotografisch fest.
SACH- UND BEGRÜNDUNGSANALYSE
Die Themen Architektur und Skulptur bieten die Möglichkeiten, Bezüge zur Lebensrealität der Schüler*innen herzustellen. In ihrer direkten, täglichen Umgebung – z.B. im Schulgebäude – begegnen die Jugendlichen verschiedenen Flächen, Formen und Räumen. Mittels der Falttechnik kann die Fähigkeit, räumliche Strukturen wahrzunehmen, zu benennen und daraus eigene Raumkörper zu schaffen, vermittelt werden. Für die Konstruktion und Gestaltung von dreidimensionalen Formen bildet Papier dabei ein ideales Ausgangsmaterial. Es ist leicht erhältlich und im Vergleich zu anderen Skulpturmaterialien günstig. Ausserdem lässt es sich mit den Händen und mit einigen wenigen Hilfsmitteln bearbeiten. Es ist ein greifbares Material, welches sich durch Falzen, Schneiden und Kleben schnell und unmittelbar in dreidimensionale Formen transformieren lässt. Mit der Auseinandersetzung von architektonischen Bauwerken lernen die Schüler*innen Formen und Flächen zu reduzieren und daraus eine eigenständige Formensprache zu entwickeln und umzusetzen. Dabei üben die Schüler*innen ihr konzeptionelles Denken und erweitern ihr gestalterisches Handwerk mit dem Experimentieren von verschiedenen Falten-Variationen.
LERNZIELE UND BEURTEILUNGSKRITERIEN
Die Schüler*innen entwickeln in einem prozesshaft orientierten Gestaltungsprojekt eine eigenständige Papierskulptur. Sie schulen ihre Fähigkeiten zur Bildbetrachtung und Werkanalyse im Zusammenhang mit der Architektur. Sie erlernen und erweitern ihre Grundkenntnisse in der Falttechnik und der inszenatorischen Fotografie. Die Lernenden treffen gestalterische und inhaltliche Entscheidungen bei der Umsetzung einer dreidimensionalen Skulptur und evaluieren und reflektieren ihr gestalterisches Arbeiten.
Die Beurteilungskriterien setzen sich wie folgt zusammen:
- Arbeitsprozess – Qualität und Vielfalt der Studien und Entwürfen aus der Recherchenphase, Ideen- und Variationsreichtum.
- Papierskulptur – Experimentierfreude im Umgang mit Material und den Falttechniken, Vertiefung / Gestalterische Aufmerksamkeit, Technisches Handwerk / Sorgfalt bei der Umsetzung, Eigenständigkeit der Formensprache.
- Fotografische Inszenierung – Komposition, Raumwirkung, Bildauswahl.
ABLAUF
In der ersten Doppellektion wurden die Schüler*innen mit einem Input zur modernen Architektur in die Thematik eingeführt. Ich stellte ihnen Bauwerke von Zaha Hadid, Tadao Ando und Peter Zumthor vor, welche wir gemeinsam auf ihre Stilelemente und Formensprache analysierten. Anschliessend wählten die Schüler*innen ein für sie interessantes Gebäude als Ausgangspunkt für ihre gestalterische Arbeit aus. Mit dem Sammeln von Informationen, dem Anfertigen von Skizzen und dem Herausfiltern von geometrischen Merkmalen näherten sich die Schüler*innen so ihrem ausgewählten Gebäude – das Ziel dieser Recherche war es, verschiedene Formen für die Umsetzung einer eigenen Papierskulptur zu finden.
In der zweiten Doppellektion führte ich die Schüler*innen in die Falttechnik ein. Sie lernten die Grundfalten und weiterführende Variationen kennen und konnten sich anschliessend selbstständig im Falthandwerk vertiefen. Dazu standen ihnen Falzbeine, Geodreiecke, Lineale, Japanmesser, Schneideunterlagen, verschiedene Papiergrössen -und stärken sowie mehrere Faltanleitungen zur Verfügung. Im Fokus stand dabei das Experimentieren mit den Faltformen.
In der dritten Doppellektion konkretisierten die Schüler*innen ihre Ideen zur Umsetzung eines dreidimensionalen Objekts. Sie überlegen sich, wie sie ihre architektonischen Formen aus der Recherchearbeit mithilfe der Falttechnik in eine Papierskulptur transformieren können. Dabei werden sie mit material- und verarbeitungstechnischen Problemstellungen konfrontiert. Sie stellen erste Versuche her, indem sie zwei bis drei Entwurfsmodelle gestalten.
In der vierten Doppellektion wählen die Schüler*innen eines ihrer Entwurfsmodelle aus und verfolgen dieses weiter. Sie stellen einen Prototypen her, welches aus Ausgangslage zur Umsetzung ihrer Papierskulptur dient. Sie halten dabei die wichtigsten Bearbeitungsschritte zur Vorgehensweise fest und notieren sich die benötigten Papiermaterialien und Werkzeuge.
In der fünften und sechsten Doppellektion setzten die Schüler*innen ihre Papierskulptur um. Dazu wählten sie die für ihr Objekt relevanten Papierformate -und stärken aus. Zusätzlich erhielten sie eine Foamboard-Platte, wo sie ihr Papiermodell bei Bedarf platzieren konnten. Parallel dazu wurden die Schüler*innen in die Fotografische Inszenierung eingeführt. Ich zeigte ihnen Beispiele aus der Architekturfotografie, welche wir in Hinblick auf die Bildkomposition untersuchten. Somit erhielten die Schüler*innen einen Leitfaden, wie sie ihre Skulptur abschliessend inszenieren und fotografisch festhalten
In der siebten Doppellektion fotografierten die Schüler*innen ihre fertige Papierskulptur. Sie inszenierten ihre Modelle an geeigneten Orte ausserhalb und innerhalb des Schulgeländes bzw. Schulgebäudes und hielten diese fotografisch fest. Dazu konnten sie frei entscheiden, ob sie eine Digitalkamera von der Schule oder ihr privates Smartphone/iPhone benutzen wollten.
In der achten Doppellektion nahmen die Schüler*innen eine Auslegeordnung ihrer entstandenen Fotografien vor. In einer Auslegeordnung wählten sie drei Bilder aus, welches sie auf einem A3-Papier arrangierten. Zusätzlich erstellten sie eine Dokumentation ihres Arbeitsprozesses, indem sie ihre Skizzen, Notizen und Entwürfe sammelten. Als Abschluss schauten wir uns gemeinsam die entstandenen Papierskulpturen an.
REFLEXION
Die Auseinandersetzung mit der modernen Architektur und das Umsetzen einer eigenen Papierskulptur stiess bei den Schüler*innen auf grosses Interesse. Die Jugendlichen waren überrascht von der grossen gestalterischen Freiheit, welche das Projekt ihnen bot. Hier sind ausführliche Inputs zu den einzelnen Arbeitsschritten und eine engführende Begleitung jedoch wichtig, damit die Schüler*innen nicht überfordert sind. Vor allem diejenigen, welche Mühe haben mit einer selbstständigen Arbeitsweise, brauchen mehr Unterstützung. Die Fotografische Inszenierung kam bei diesem Projekt leider zu kurz, da mehr Zeit für die Umsetzung der Papierskulptur benötigt wurde. Hier besteht z.B. die Möglichkeit in einem weiterführenden Projekt mit der fotografischen Gestaltung von Raum, Licht und Schatten zu arbeiten. Eine weitere Überlegung wäre, dass die Papierskulptur losgelöst von der Architektur sein könnte und der Fokus auf einem anderen Themengebiet liegt – beispielsweise könnten sich die Skulpturen an organischen Formen orientieren, welche in der Natur zu finden sind.