Die SuS der zweiten Klasse des Kurzzeitgymnasiums Aarau setzten im Rahmen des Lehrplans eine Zeichnung in der Zwei-Fluchtpunkt-Perspektive um. Hierfür wurden sie selbst zu Architekt:innen und entwarfen ein Gebäude, welches ihr zukünftiges Wunsch-Zuhause zeigt. In ihren Entwurf integrierten sie zusätzlich ein architektonisches Element, welches sie während einer Architektur-Recherche und Analyse auswählten.
Inhalt
Schule: Neue Kantonsschule Aarau (NKSA)
Stufe: 2. Klasse Kurzzeitgymnasium
Klassengrösse: 21 Schülerinnen und Schüler
Dreifachlektionen: 6
Thema nach Lehrplan: Perspektive und Kunstgeschichte
Der Lehrplan der NKSA gibt für die zweite Klasse des Kurzzeitgymnasiums das Thema Perspektive vor. Aufgrund vorangegangener Fragebögen zur Evaluation meines Unterrichts, hatte ich bereits die Rückmeldung von SuS, dass sich einige im Fach Bildnerischen Gestalten gerne mit der Architektur auseinandersetzen möchten. Da sich dieser Wunsch mit der Perspektive sehr gut verbinden lässt, lag es für mich Nahe mit ihnen ein Projekt umzusetzen, bei welchem sie selbst zum Architekten oder zur Architektin werden können.
Zusätzlich werden die SuS nach Lehrplan in die Kunstgeschichte eingeführt, weshalb ich die Verbindung zur Perspektive anhand von ausgewählten Werken und einer Recherche aufzeige.
Inhaltlich sollten sich die SuS einerseits mit ihren eigenen Wünschen an ein zukünftiges Zuhause auseinandersetzen. Dabei sollten sie sich selbst und ihre Bedürfnisse reflektieren, um diese in ihrem «Future Home» sichtbar zu machen. Gleichzeitig suchten sie sich bei einer Architekturrecherche selbstständig ein Gebäude aus, welches ihnen besonders gefiel. Dieses analysierten sie, um schliesslich ein Element der Architektur in ihren Entwurf zu integrierten.
In der heutigen Zeit bleibt das perspektivische Zeichnen eine grundlegende Fähigkeit, um räumliche Tiefe darzustellen und das dreidimensionale Vorstellungsvermögen zu fördern. Das Verständnis von Perspektive wird auch in Zukunft der SuS entscheidend sein, insbesondere in Bereichen wie Architektur, Design, Animation aber auch Maschinenbau und Ingenieurwesen. Denn die Perspektive vermittelt nicht nur technische Fähigkeiten, sondern schärft auch das Verständnis für Raum, Proportionen und die visuelle Wahrnehmung.
Literatur Architektur
The Tale of Tomorrow – Utopian Architecture in the Modernist Realm, Die Gestalten Verlag GmbH & Co. KG, Berlin, 2016.
Davies Colin, A New History of Modern Architecture, Laurence King Publishing, 2018.
Literatur Perspektive
Pas à pas – Dessiner la Perspective, Éditions Place des Victoires, Paris, 2012.
Brehm Matthew, Perspektive richtig sehen und zeichnen, Edition Michael Fischer GmbH, Igling, 2016.
Smith Ray, Perspektive – Zeichnen und Malen, Ravensburger Buchverlag, 1996.
Kunst + Unterricht – Raum auf der Fläche, Heft 325/326, 2008.
Websites
kunstunterricht.ch – Grundlagen Perspektive
kunstunterricht.ch – Projektideen Perspektive
Videotutorials
Instagram – bkartchitect01
Lernziele
- Die SuS lernen die Perspektive und deren Entwicklung in der Kunstgeschichte kennen und können historische und zeitgenössische Kunstwerke hinsichtlich ihrer perspektivischen Gestaltung analysieren und bewerten.
- Sie kennen und unterscheiden verschiedene Methoden und Prinzipien der räumlichen Darstellung und erlernen, sowie üben deren korrekte Anwendung.
- Die SuS sind in der Lage, dreidimensionalen Raum in einer zweidimensionalen Zeichnung realistisch darzustellen.
- Sie gestalten ihr zukünftiges Zuhause nach ihren eigenen Bedürfnissen und setzen dieses Gebäude als Zwei-Fluchtpunkt-Perspektive um.
- Die SuS recherchieren selbstständig zu Architektur und Architekt:innen, um ein Element eines der Gebäude in ihr «Future Home» miteinzubauen.
- Die SuS erkennen die Relevanz des perspektivischen Zeichnens in praktischen und beruflichen Kontexten, z.B. in Architektur oder Design.
Ablauf
1. Dreifachlektion
Als Start direkt nach den Sommerferien sollten die SuS ein Werk aus der Kunstgeschichte wählen, bei welchem sie eine Verbindung zu ihren Ferien herstellen konnten. Anhand dieser Assoziation erzählten sie kurz aus ihren Ferien. Anschliessend starteten die SuS mithilfe eines Arbeitsblattes eine Bildanalyse zu ihrem gewählten Bild.
In der zweiten Lektion erhielten die SuS durch einen Theorieinput einen Einblick in die Perspektive und deren Entwicklung in der Kunstgeschichte. Die SuS verstehen was perspektivische Darstellungen sind und wie verschiedene Mittel der Perspektive in der Kunst genutzt werden. Sie können die Parallelperspektive, Ein-Punkt- und Zwei-Punkt-Perspektive unterscheiden.
Darauf folgend arbeiteten die SuS an verschiedenen Arbeitsblättern zur Darstellung von Perspektive, dabei setzten sie sich mit einfachen Mitteln der Raumdarstellung auseinander und übten deren Anwendung in der Umsetzung einer Collage. Anschliessend wurden die entstandenen Collagen im Plenum besprochen. Wo ist die räumliche Wirkung gelungen und warum? Abschliessend arbeiteten die SuS an einem Arbeitsblatt bei welchem sie die Fluchtlinien, Fluchtpunkt und Horizontlinie erkennen und in die Bilder einzeichnen sollten.
2. Dreifachlektion
Zu Beginn der Lektionen stellten die SuS ihr ausgewähltes Werk (aus 1. Dreifachlektion) anhand der recherchierten Fakten der Klasse vor und ordneten dieses auf einem Zeitstrahl ein. Ich ergänzte den Zeitstrahl mit weiteren Werken aus der Kunstgeschichte und gab einen Einblick in die Kunstepochen. Durch direkte Beobachtungen des Zeitstrahls sollten die SuS weitere Zusammenhänge in der Kunstgeschichte erkennen und benennen.
Während der zweiten und dritten Lektion arbeiteten die SuS an Arbeitsblättern zur Parallelperspektiv und der Umsetzung einer Zeichnung in der Ein-Fluchtpunkt-Perspektive mit einfachen geometrischen Körpern. Hierbei lernten und übten sie den Aufbau einer korrekten räumlichen Darstellung mit Horizontlinie, Fluchtpunkt und Fluchtlinien.
Zum Schluss wurden die entstandenen Übungen im Plenum besprochen. Welche Vorteile hat die Parallelperspektive und wo sind ihre Anwendungsbereiche? Welche Unterschiede zur Fluchtpunkt-Perspektive sind erkennbar?
3. Dreifachlektion
Ich erklärte und zeigte, wie man einen Raum in der Zentralperspektive zeichnen kann. Die SuS erlernten den Aufbau einer korrekten räumlichen Darstellung eines Ortes in der Zentralperspektive und zeichneten einen Ort im Schulgebäude.
Nach einer kurze Sichtung und Besprechung der entstandenen Zeichnungen im Plenum erklärte ich wie man eine Zwei-Fluchtpunkt-Perspektive/ Übereck-Perspektive aufbaut. Dabei stand die Darstellung verschiedener geometrischer Körper im Zentrum, sodass die SuS im Anschluss selbstständig eine Übung in der Übereck-Perspektive umsetzen konnten.
Nach der Einführung und Übung verschiedener Darstellungen der Perspektive, wurde die Projektaufgabe eingeführt.
4. Dreifachlektion
Nach einer Wiederholung der Projektaufgabe, zeigte ich anhand einer Auswahl von Architekt:innen verschiedene Bauten als Inspiration für die SuS. Anschliessend starteten die SuS mit einer inhaltlichen Recherche. Dabei notierten sie sich Wünsche und Elemente, welche sie an ihr zukünftiges Zuhause haben und wie sie diese anhand eines Gebäudeentwurfs zeigen können. In einem zweiten Schritt recherchierten sie ein Gebäude, welches durch eine Datenrecherche zu Architekt:in und Bau, sowie methodisch formaler Betrachtung der Architektur mit Skizzen und Notizen analysiert wurde.
Zuletzt starteten die SuS mit Entwürfen für ihr «Future Home», wobei sie ihre Bauwünsche und ein Element der gewählten Architektur in ihr Gebäude integrierten. Während diesem Prozess begleitete ich die SuS mit individuellen Besprechungen.
5. und 6. Dreifachlektion
Die SuS arbeiteten selbstständig an der Zeichnung ihres Gebäudes in der Zwei-Fluchtpunkt-Perspektive. Hierfür haben sie die Entwurfsphase abgeschlossen und sich für eine Umsetzung entschieden. Ich stellte den SuS ein Dossier mit Beispielen zur Darstellung verschiedener geometrischer Körper, sowie Darstellungen von Treppen, Torbögen, Dächer, etc. in der Zwei-Fluchtpunkt-Perspektive, sowie Videotutorials zur Verfügung. Gleichzeitig führte ich während der Lektionen individuelle Besprechungen durch und war für Fragen ansprechbar.
Zu Ende der 6. Dreifachlektion war die Abgabe in Form der Zeichnung und des Arbeitsheftes geplant.
Abschlussarbeiten
Reflexion
Die Einführung in die verschiedenen räumlichen Darstellungsmöglichkeiten nahm viel Zeit in Anspruch. Gleichzeitig ermöglichte sie den SuS die Bandbreite der Perspektive kennenzulernen und sich durch Übungen auf die Projektaufgabe vorzubereiten. Die Verbindung zur Kunstgeschichte zeigt den SuS nicht nur die Entwicklung der räumlichen Darstellung, sondern ermöglichte ihnen auch eine Einführung in die Recherche und verschiedene Methoden der Bildbetrachtung und -analyse. Diese konnten sie anschliessend auch auf die Architekturrecherche und -analyse übertragen und anwenden.
Die Perspektive in Verbindung mit der Architektur stiess bei den meisten Schülerinnen und Schülern auf hohe Resonanz. Die individuellen Umsetzungen und teils sehr persönlichen Auseinandersetzungen mit ihrem Wunschzuhause, sowie der Architektur, spiegelte sich in den Zeichnungen wider. Da sie keine Gebäude zeichnen mussten, welche den physikalischen Gesetzen gerecht werden müssen, wurde ihre Kreativität geweckt. Auch wenn die räumlichen Darstellung teilweise nicht perspektivisch korrekt waren, staunte ich über den Variantenreichtum der SuS; Von sehr realistischen Gebäuden zu futuristischen Komplexen weiter zu fantasievollen Konstruktionen. Diese Entwicklung sah ich mit grosser Freude, auch wenn es mir die Bewertung deutlich erschwert hat. 😉