Ein produktorientiertes Unterrichtsprojekt, das den gestalterischen Prozess und das Experiment nicht vernachlässigt.
Die Schülerinnen und Schüler (SuS) der 3. Klasse im Langzeitmodus modellieren ihre persönlichen Initialen zu einem einheitlichen 3D-Monogramm aus Ton und transformieren dieses schliesslich zu einem Gipsobjekt. Neben dem Erlernen von verschiedenen Abformungstechniken, erweitern die SuS ihren Horizont mit (kunst-)historischen sowie praxisorientierten Inputs.
INHALT
Dieses Praktikum wurde als Erweiterung zum Thema Typographie angedacht, welches die Praktikumslehrperson zuvor mit den SuS behandelt hatte.
Das Reliefverfahren bei dem die SuS ihr persönliches Monogramm in Ton eingravierten, steht als Brückenelement von der zweidimensionalen Schrift zum dreidimensionalen Objekt, das in der Form eines Siegels aus Gips in dieser Übung hervorging.
Diese Buchstabensiegel erinnern an die beweglichen Lettern des Buchdruckverfahrens, das um 1450 von Johannes Gutenberg erfunden wurde. Bücher waren zuvor etwas Kirchliches, normale Bürger hatten zu Hause keine Biebel. Zwar wurde im ostasiatischen Raum schon 868 n.Chr. mit Holztafeln gedruckt, was aber von Gutenbergs Erfindung zu unterscheiden ist. Die beweglichen Lettern sind flexibel und somit ein schnelleres und vor allem günstigeres Verfahren, wodurch sich der Zugang zu Wissen, Lesen und Schreiben für viele ermöglichte. Das Aufklappen eines Buches ist heutzutage etwas Normales, Alltägliches – vielleicht fast schon etwas altmodisches, da mittlerweile andere digitale Hilfsmittel für die Vermittlung von geschriebener Sprache verwendet werden. Schriften begegnen uns überall im Alltag. Wir schöpfen Informationen aus Zeichen. Sei es für das Lesen des Fahrplans oder als Orientierungshilfe in verschiedenen Hinsichten. In unserer markenorientierten Gesellschaft sind mehrfach reproduzierte Logos und Brands kaum wegzudenken. Aufgrund von Form und Farbe werden sofort Schlüsse gezogen, die diese je nach Präzision der Gestaltung sofort einordnen lassen.
Albrecht Dürer war der Vorreiter des sogenannten Branding-Konzepts. Sein Monogramm, welches er in verschiedenen Gestaltungsvarianten in seine Malereien und Drucke einfügte, die auf diese Weise für seine Erkenntlichkeit sorgten.
Die Arbeit mit Ton erlaubte den SuS mit dem Material zu experimentieren und sich vom textbasierten Unterricht zu lösen, da der Fokus auf das Haptische und die analoge Arbeit mit den Händen gelegt wurde. Sie sind aufgefordert, sich zu hinterfragen, wie sie sich selbst als Person mit diesem Monogramm definieren.
LERNZIELE
- Aufmerksam auf Schrift – Bedeutung in Schule und Alltag
- Unterschied zwischen Relief, Plastik und Skulptur
- Persönliche räumliche Auseinandersetzung mit Ton
- Verstehen von Positiv- und Negativformen
- Wahrnehmen unterschiedlicher Perspektiven, Blickpunkten
- Über Vorliegendes sprechen, Vergleiche anstellen, Beschreibung
- Persönliche Umsetzungsform definieren
- Erlernen verschiedener Abformungstechniken (Ton, Gips, Vinamold)
ABLAUF
Wie bereits oben beschrieben, startete das Praktikum mit dem Monogramm. Die SuS wurden aufgefordert, ihre Initialen in ein Stück Ton zu gravieren. Diese Negativform aus Ton wurde mit Gips (Positiv) ausgegossen. Das Ziel dieser Lektion bestand darin, dass alle SuS ihr persönliches Siegel aus Gips kreierten. Hinsichtlich der Hauptaufgabe ist es wichtig, dass zu diesem Zeitpunkt alle schon einmal Gips angerührt haben.
In der nächsten Doppellektion (DL) ging es um die Bedeutung von Schrift in unserem Alltag. Der Fokus war auf die Erkennbarkeit von Logos und Brands gerichtet. An dieser Stelle wurde zudem erläutert, was der Unterschied von Skulptur und Plastik ist. Bis zum Ende der Lektion experimentierten die SuS mit Ton, indem sie Dinge aus ihrer Alltagswelt modellierten.
Die nächsten drei DL standen zur Verfügung für die Hauptaufgabe. Die Initialen ihrer Namen bildeten den Schwerpunkt dieser Umsetzung. Die SuS gestalteten ihre beiden Buchstaben als ein kompaktes, dreidimensionales Monogramm. Beim Vorzeigen startete ich, indem ich ein Stück Ton (ca. 20x15x15 cm) in eine Grundform gebracht habe und anschliessend Material davon abtrug. Neben der individuellen Hilfestellung, nahm ich von Zeit zu Zeit kleinere Gruppen von SuS zusammen, um mit ihnen aufkommende Fragen zu klären und sie in den Diskurs über die Arbeiten zu lenken. Diese Form eignete sich sehr gut, da die SuS in den kleineren Formationen eine geringere Hemmschwelle hatten, sich einzubringen. Die SuS lernen voneinander und die Rückmeldung der Lehrperson im Einzelgespräch wird somit nicht als einzige Resonanz wahrgenommen.
In der letzten DL, welche sie für ihre gestalterische Umsetzung zur Verfügung hatten, gab ich zu Beginn einen Input zum Thema Oberflächen. Die SuS ordneten Adjektive zu Werken. Sie übten sich in der Beschreibung von diesen und bekamen einen Einblick in die Kunstgeschichte und die Stile, die sich den jeweiligen Zeitgeschehen anpassten.
glatt, hochwertig, strukturiert, matt, spiegelnd, organisch, bearbeitet, sensibel, flach, polliert, eben, hart, unterschiedlich
natürlich, fest, changierend, fein, gewölbt, geschnitten
Nach dem Fertigstellen des 3D-Monogramms mussten die SuS ihre Arbeiten mit einer installierten Kamera fotografieren. Auch aus Sicherheitsgründen, falls das Abgiessen nicht funktioniert hätte.
In den nächsten beiden DL wurde in einem anderen Zimmer die Objekte mit dem Material Vinamold abgegossen. Das Tonobjekt ist nun die verlorene Form und das Vinamold-Negativ kann mit Gips mehrfach ausgegossen – reproduziert werden. In der letzten DL wurden die Endarbeiten besprochen und die SuS erhielten ihre Noten. In der restlichen Zeit wurde die Künstlerposition Markus Raetz vorgestellt und verschiedene Ausschnitte aus seinem Film gezeigt.
BEURTEILUNG
Die Hauptaufgabe (schlussendlich aus Gips) wurde anhand folgender Kriterien bewertet. Beim ersten Kriterium (Standfestigkeit) konnten maximal 2.5 Punkte erreicht werden und für die restlichen 4 Kriterien 5 Punkte. Die Gesamtpunktzahl war somit bei 22.5 Punkten.
- Das dreidimensionale Monogramm ist standfest.
- Die Buchstaben sind sinnvoll miteinander verbunden und bilden eine eigenständige Einheit.
- Die einzelnen Buchstaben sind jeweils aus einem Blickpunkt klar erkennbar.
- Spannungsvoller Umgang mit Positiv- und Negativformen.
- Eine handwerkliche Kompetenz und Sorgfalt ist am Objekt ersichtlich.
REFLEXION
Obwohl zu Beginn meine Vision für dieses Praktikum noch nicht ganz klar war, schätze ich dieses Praktikum als gelungen ein. Es hat sich im passenden Zeitpunkt in eine klarere Richtung entwickelt. Versuche und Komplikationen sind ebenso Teil vom Unterrichten, da man durch sie lernt und sie die persönliche Haltung bezüglich Kunst und Schule definieren. Trotzdem hätte ich mir im Vorfeld mehr Gedanken machen müssen über die Situation, denn ein zufälliger Prozess kann schlecht künstlich kreiert werden. Gerade nicht in einem fixen Praktikum mit 8 Doppellektionen innerhalb einer geregelten schulischen Struktur.
Logistisch betrachtet, ist es ebenfalls nicht zu unterschätzen, wenn mit diversen Materialien gearbeitet wird. Glücklicherweise ist die Schule mit Vinamold und dem Zubehör für den Schmelzprozess von Vinamold ausgestattet (Glasbehälter, Mikrowelle, Rührstäbe, Pfanne, Herdplatte). Dennoch beanspruchte es mehr Zeit als eingerechnet, bis alle SuS ihre Objekte abgegossen hatten, da der Umraum der Objekte teilweise ziemlich viel Vinamold-Masse benötigte. Im Nachhinein wäre womöglich eine Passform mit der maximalen Grösse, die beim Objekt nicht überschritten werden darf, von Vorteil gewesen.
FOLGEPROJEKTE
Das Material Vinamold hat im Gegensatz zu Silikon den Vorteil, dass es wiederverwendet werden kann. Wenn das Vinamold-Negativ nicht gleich wieder eingeschmolzen wird, könnten die SuS gleich mehrere Gipsgüsse daraus herstellen und für diese unterschiedliche Farbkonzepte entwerfen.
Mit der Praktikumslehrperson ist als Folgeprojekt zudem eine Photoshop-Arbeit angedacht. Die SuS könnten die Gipsobjekte in einen neuen Raum inszenieren und auf diesen in Photoshop collageartig eingreifen. (Die Farbkonzepte könnten auch hier entstehen.) Es wäre auch denkbar, dass die Formen komplett ausgeschnitten werden, um sie dann in eine neue Umgebung zu setzen. Hieraus könnten Plakate entstehen.