Ein Vermittlungsprojekt von Valeriia Sidelnikova und Tamara Maxine Früh mit Kindern von aus der Ukraine geflüchteten Familien, die zurzeit im Hotel Krone Giswil untergebracht sind. Ein dreitägiges Vermittlungsprojekt am Performance Festival in Giswil, durch welches 14 Kinder Einblicke in die handlungsbasierte Kunstform der Performance erhalten.
SACH- UND BEGRÜNDUNGSANALYSE
Thema: Das Besondere an Performance ist, dass sie dazu anregt, bewusst wahrzunehmen und ihre eigenen Eindrücke direkt in Handlungen umzusetzen. Durch das gemeinsame Erleben einer Performance lernen die Kinder im Workshop, das bewusst wahrnehmen von Performance und ihre eigenen Ideen zu entwickeln. Es ist eine Möglichkeit, spielerisch mit Kunst umzugehen, ohne dass es nur um fertige Ergebnisse geht. So dürfen sie ihre eigenen Gefühle und Gedanken ausdrücken und in einer Gruppe teilen.
Technik: Durch die Entwicklung ihrer eigenen Hüllen starten die Kinder mit ihren eigenen individuellen Perspektiven. Die Hüllen haben wir gewählt als eine Art persönlicher Verbindung zwischen den Teilnehmenden und den Performances, die vieles zulässt: Wahrnehmung und Reflexion in spielerisches Experimentieren transferieren, Rückzugsmöglichkeit, Bewegungsspielraum, Kommunikationsmittel, Erweiterung der eigenen Wahrnehmung. Das aktive Beobachten einer Performance schärft die Wahrnehmungsfähigkeit und fördert kritisches Denken, während das anschließende Diskutieren und Reflektieren über das Gesehene das Verständnis vertieft und soziale Interaktionen stärkt. Das Reenactment bietet schließlich die Gelegenheit, ihre kreativen Erlebnisse aktiv zu präsentieren. Insgesamt soll diese Methode kreatives, kritisches und soziales Lernen in einem dynamischen Prozess anstoßen.
BEDINGUNGSANALYSE
Der Workshop findet unter sehr unterschiedlichen Bedingungen statt: Im Hotel Krone bietet die Infrastruktur viel Platz und Flexibilität, während in der Turbine Giswil improvisiert werden muss, um trotz begrenztem Raum und wenig Licht eine angenehme Arbeitsatmosphäre zu schaffen. Organisatorisch arbeiten wir eng mit dem Festivalteam zusammen und übernehmen viel Eigenverantwortung. Die größte Herausforderung ist die Zielgruppe, da wir weder die genaue Teilnehmerzahl noch das Alter der Kinder vorhersehen können – die Gruppe reicht von 5- bis 12-Jährigen bis hin zu einer erwachsenen Teilnehmerin mit Beeinträchtigung. Nach den Sommerferien fehlt zudem eine feste Schulklasse, was unsere Planung erschwert. Durch Teamarbeit und einen flexiblen, prozessorientierten Ansatz passen wir uns diesen Herausforderungen an.
SACHANALYSE
LERNZIELE
Die Teilnehmenden:
- lernen verschiedene Methoden kennen, um Performances aktiv zu beobachten und ihre Eindrücke sowie Wahrnehmungen in der Gruppe zu Diskutieren und Reflektieren.
- können durch gemeinsames Erleben, Diskutieren und Teilen von Performances üben konstruktiv in einer Gruppe zu kommunizieren und miteinander zu kooperieren.
- entwickeln die Fähigkeit, ihre eigenen Gefühle, Gedanken und Ideen in künstlerischer Form auszudrücken und mit anderen zu teilen.
- erleben Kunst als offenen Prozess, bei dem nicht das fertige Ergebnis, sondern die Freude am Experimentieren und Ausprobieren im Vordergrund steht.
- lernen Performances aktiv zu hinterfragen, ihre eigenen Interpretationen zu entwickeln und diese in Handlungen umzusetzen.
- lernen ihre individuellen Perspektiven zu erkunden und diese in die Gestaltung einer eigenen Kartonhüllen kreativ einzubringen und weiterzuentwickeln.
ABLAUF
REFLEXION I
Das Praktikum war eine bereichernde und lehrreiche Erfahrung, die jedoch auch einige Herausforderungen mit sich brachte. Die Möglichkeit, hinter die Kulissen eines Performance-Projekts zu blicken und selbst aktiv an der Gestaltung teilzunehmen, war äußerst wertvoll. Während des Praktikums haben wir als Team viel Energie bewiesen und sind den Aufgaben stets mit viel Energie und Elan begegnet. Unsere Flexibilität war ein großer Vorteil, denn sie erlaubte es uns, auf unerwartete Situationen schnell zu reagieren und kreative Lösungen zu finden. So waren wir sehr beschäftigt mit dem flexibel sein und ein anpassungsfähiges Programm zu entwickeln, so dass wir uns viel weniger auf dem Inhalt und die Tiefe des Projektes konzentrieren konnten.
Die Kommunikation mit den Kindern und ihren Familien stellte eine der größten Herausforderungen dar. Viele der Anmeldungen wurden nicht als verbindlich betrachtet, was die Planung erschwerte. Es war oft unklar, wer tatsächlich teilnimmt, was dazu führte, dass wir die Gruppen immer wieder zusammentrommeln mussten. Diese Unsicherheit beeinträchtigte die Strukturierung des Programms und erschwerte die Vorbereitung. Eine weitere Herausforderung war die Altersspanne der teilnehmenden Kinder (3-30 Jahren). Die Konzentrationsfähigkeit der jüngeren Kinder war begrenzt, was es schwierig machte, sie für längere Zeiträume zu motivieren. Dies zeigte sich insbesondere bei den Performances. Denn die Abstimmung, welche Performances für die Kinder am spannendsten wären, verlief nicht optimal. Pausen fielen teilweise auf besonders kinderfreundliche Aufführungen, was dazu führte, dass einige Highlights nicht vollständig erlebt wurden. Die Anwesenheit der Eltern war ebenfalls ein Faktor, der die Dynamik beeinflusste. Die Einstellungen und Verhaltensweisen der Eltern hatten einen großen Einfluss auf die Reaktionen der Kinder, was manchmal hinderlich war.
Trotz der genannten Schwierigkeiten sehe ich das Projekt als äußerst spannend und vielversprechend. Die Idee, die Welt der Performance Kindern näherzubringen, ist großartig, da ihre Offenheit und Kreativität viel Potenzial für spannende Begegnungen zwischen Kindern und Erwachsenen birgt. Allerdings bedarf es einer besseren organisatorischen Grundlage. Klare Absprachen bezüglich Anmeldungen, eine angepasste Struktur für die Altersgruppe sowie eine bessere Abstimmung der Inhalte könnten dazu beitragen, die Tiefe und Qualität des Projekts zu steigern.
Abschließend bleibt mir die Erkenntnis, dass das Praktikum trotz der Herausforderungen eine wertvolle Erfahrung war. Es zeigte mir nicht nur, wie viel Potenzial in solchen kreativen Projekten steckt, sondern auch, wie wichtig gute Planung und Kommunikation sind, um dieses Potenzial vollständig auszuschöpfen.
REFLEXION II
Das Praktikum war eine tolle Erfahrung, aber es hat mir auch einige Denkanstösse gegeben. Das Praktikum erforderte viele Vorbereitungen, denn die Thurbinnenhalle, in der das Festival stattfindet, wird im Laufe des Jahres unterschiedlich genutzt, liegt abseits der grossen Städte und ist nicht für den BG-Unterricht ausgestattet. Das bedeutete, dass der Zugang zu den Räumen vor dem Festival eingeschränkt war und wir alles, was wir brauchten, schon zum Festival mitbringen mussten. Die Bedingungen verlangten von uns viel Flexibilität, verschiedene Szenarien zu durchdenken und darauf vorbereitet zu sein. Da ich bereits zum zweiten Mal an dem Festival mit Vermittlungsprogramm teilnahm, konnte ich nicht nur lehrreiche Erfahrungen sammeln, sondern auch an frühere Ergebnisse anknüpfen.
Dieses Jahr hatten wir die Gelegenheit, mit einer tollen Gruppe von Kindern zu arbeiten, die hauptsächlich zwischen 5 und 8 Jahre alt waren (Ausserdem gab es einen dreijährigen Teilnehmer und eine Teilnehmerin mit besonderen pädagogischen Bedürfnissen). Es ist das Alter der Neugierde und der Bereitschaft, alles auszuprobieren, was für die Performance besonders geeignet ist. Die erste Herausforderung, der wir uns begegneten, war jedoch das Alter. Je nach Alter besitzen die Kinder noch sehr unterschiedliche motorische Fähigkeiten und Konzentrationsfähigkeiten. Dies wurde besonders im Vergleich zum Vorjahr deutlich, als die Kinder im Alter von 8 bis 13 Jahren teilnahmen. In Zukunft wird uns diese Erfahrung sicher helfen, bei der Planung des Unterrichts noch mehr auf die Rhythmisierung und die Pausen zu achten.
Da die meisten Kinder sehr jung waren, wurden sie in Begleitung ihrer Eltern zum Festival gebracht. Dies war unsere zweite Herausforderung. Obwohl die Eltern nur als Begleitpersonen am Festival teilnahmen, äusserten sie ihre eigene Meinung zur Kunst, die den Arbeitsprozess
beeinflusste. Dies könnte dazu führen, zukünftig Wege zu suchen, auch Eltern in Workshops einzubinden. So dass sie ihre eigene Aufgabe haben und damit beschäftigt sind. Die Anmeldung hing auch von den Wünschen und der Freizeit der Eltern ab, was auch ein Unterschied zum Vorjahr war, als die Kinder meist ohne Begleitung teilnahmen.
Obwohl der Workshop viele Herausforderungen mit sich brachte, war er meiner Meinung nach eine anregende und lehrreiche Erfahrung. Besonders schätze ich die Möglichkeit, die andere Kindergruppe in einer ähnlichen Umgebung zu führen, vergleichen zu können und Schlussfolgerungen zu ziehen. Auch der pädagogische Blick hinter die Kulissen der Performancewelt, ein wesentlicher Teil meiner künstlerischen Praxis, liegt mir am Herzen. Trotz didaktischer Anforderungen, sehe ich in der Performance ein grosses Potenzial sowohl für freie Vermittlungsprojekte als auch für den schulischen BG-Unterricht. Performance, die viel mit Bewegung, Begegnung, Kommunikation und Zusammensein zu tun hat, kann nicht nur künstlerische, sondern auch soziale Kompetenzen entwickeln.